Thema Kultur / Ausstellungen
Thema Institutionen / Altertümer
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2012-03-20b:

Festung Ehrenbreitstein im Nach-BUGA-Jahr 2012



Das neue Besucher-Leitsystem, Ausstellungshäuser, Konzertreihen


ape. Koblenz. Dass die preußischen Baumeister ihren Job einst gut gemacht haben, bekamen viele Mitarbeiter der GDKE während der BUGA zu spüren: Wer aussah, als würde er sich auf der Festung Ehrenbreitstein auskennen, wurde von Besuchern mit Fragen nach dem Was, Wo, Wohin überhäuft. Offenbar garantierte die üppige und vorab sorgsam durchdachte Ausschilderung Ortsfremden noch immer keine optimale Orientierung.

Man kennt dieses Problem von allen historischen Wehranlagen, ob Mittelalter-Burg oder neuzeitliche Festung. Denn die damaligen Bauherren wollten „Eindringlinge“ nicht geradewegs durchmarschieren lassen, sondern sie mit verwinkelten Wegen und Baustrukturen auch verwirren. Das ist für die heutige touristische Nutzungen eine große Herausforderung. Die GDKE hat sich ihr auf der Festung Ehrenbreitstein einmal mehr gestellt und ein neues Besucher-Leitsystem entwickelt.

Ausgangspunkt dabei war die Überlegung: Die Infrastruktur der historischen Festung gleicht  derjenigen einer Kleinstadt. Es gibt eine „Hauptstraße“ vom Feldtor zum Oberen Schlosshof. An ihr liegen zentrale Einrichtungen und auch repräsentative Gebäude. Von ihr zweigen „Nebenstraßen“ ab, die zu Wohnquartieren, Arbeitsstätten und vielerlei logistischen Anlagen der Festungs-„Stadt“ führen. An dieser Struktur orientiert sich das neue Leitsystem mit zwei auch farblich  unterschiedenen Routen durch die Festung.

Besucher erhalten mit dem Eintrittsticket eine Übersichtskarte. Die führt – je nach persönlichem Interesse – via blaue Route über die „Hauptstraße“ zu den Ausstellungshäusern beziehungsweise direkt zum Schlosshof. Oder sie führt via rote Route auf „Nebenstraßen“ über den festungsgeschichtlichen Stationenweg. Ausgangspunkt beider Routen ist das Entree-Gebäude auf dem Plateau. Gleich hinter dem Feldtor gehen sie auseinander – um sich nachher am Ravelin wieder zu vereinen. Von dort leiten sie dann gemeinsam auf den Schlosshof und zum Fahnenturm, der als höchster Punkt der Festung einen spektakulären Rundblick erlaubt. Zugleich ist der Fahnenturm Zugang zum tiefsten Punkt der Festung: der multimedial inszenierten archäologischen Grabungsstätte „3000 Jahre befestigter Ort“ im felsigen Untergrund.  

A) Die blaue Route zu den Ausstellungshäusern

Entlang der blauen Route reihen sich jene „Häuser“, die nicht  unmittelbar der Festungsgeschichte gewidmet sind, sondern als Museen, Schau- und Veranstaltungsräume thematisch anders genutzt werden: „Haus der Fotografie“, „Haus des Genusses“, „Haus der Archäologie“ und „Landesmuseum Koblenz“. Als etwas entfernt liegende Dependance gehört zu dieser blauen Gruppe auch das „Haus der Sammlung Poignard“ im Fort Helfenstein. Die Haupteingänge all dieser „Häuser“ sind schon von weitem jeweils an einer blauen Fahne mit Hausnamen erkennbar. Zusätzlich erläutern Banner direkt an den Eingängen schlagwortartig, was in jedem Haus zu sehen und zu erleben ist.
 

1. Haus der Fotografie

Im Erdgeschoss des Turm Ungenannt erhält die Landessammlung zur Geschichte der Fotografie nun ein eigenes Präsentationszentrum. Dort ist eine neue Dauerausstellung zur Kulturgeschichte der Fotografie entstanden, bestückt aus Sammlungsbeständen mit Bezügen zum Gebiet des heutigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Die Schau erzählt von den technischen und wirtschaftlichen Grundlagen des Mediums, beleuchtet seine drei „Säulen“ Fotografenhandwerk, Fotokunst, Amateurfotografie, und zeigt exemplarisch deren Entwicklung auf.

Daneben steht eine Fläche für Wechselausstellungen zur Verfügung, die sich – ebenfalls auf Grundlage des umfangreichen Sammlungsbestandes – speziellen Themen widmen. Den Anfang macht ab 1. April 2012 eine Präsentation mit Werken des aus Koblenz stammenden Fotografen, Bildjournalisten und Mitbegründers der Avantgardegruppe „fotoform“ Toni Schneiders (1920 – 2006). Einen besonderen optischen Reiz versprechen Planungen, im Innenhof des Turm Ungenannt übergroße Reproduktionen ausgewählter Fotos zu zeigen.


2. Haus des Genusses

Schon während der BUGA war der zweigeschossige Kasemattenbau Lange Linie ein dem Wein- und Reiseland Rheinland-Pfalz gewidmeter Ort. Daran knüpft nun die langfristige Ausrichtung des Komplexes als „Haus des Genusses“ an. Dieser Begriff ist in doppeltem Sinne zu verstehen. Einmal steht er für die informative Aufbereitung der gut 2000-jährigen Kulturgeschichte des Weines in den sechs rheinland-pfälzischen Anbaugebieten. Zum anderen lädt dieses Haus die Besucher zu tatsächlichen Genießerfreuden ein: mit Verkostungen, Weinstube, lauschigen Sitzecken im Umfeld und kulturell-kulinarischen Veranstaltungen im gläsern überdachten Innenhof der Langen Linie.

Wie kein anderes Gewerbe hat der Weinbau seit der Antike die Landschaften und die Lebenskultur entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse geprägt. Die „WeinReich“ betitelte Dauerausstellung im „Haus des Genusses“ spannt deshalb einen Bogen von den klimatischen und geologischen Grundlagen des Weinbaus über die historische Entwicklung der Anbau-/ Ausbautechniken und Vermarktungsmethoden bis hin zu Erkenntnissen über Einflüsse des Weines auf unsere Sinnesorgane. Ergänzt wird die Schau durch weinbauliche Großobjekte aus der Sammlung des Landesmuseums im Außenbereich der Langen Linie.

Zugleich schlägt die Ausstellung die Brücke zu den touristisch reizvollen Landschaften, die nicht zuletzt aus der Prägung durch den Weinbau erwachsen sind. So wird das „Haus des Genusses“ in Zusammenarbeit mit der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH auch ein Informationszentrum und Appetitmacher für den kulturtouristischen Reichtum des Landes.

Zur Dauerausstellung gesellen sich wechselnde Sonderpräsentationen und -aktionen. Zum Auftakt dieser neuen Reihe begeht die Metzger- und Bäckerinnung Koblenz im Sommer 2012 hier ihren 125. Geburtstag. Unter dem Titel „Genuss aus Meisterhand“ wird eine Ausstellung auch anhand historischer Werkzeuge und Maschinen die Entwicklung der beiden Handwerke vor allem seit dem 19. Jahrhundert darstellen. Obendrein ist bei „Wurstkolleg“ und Vorführungen in der hauseigenen Schauküche Handwerk live zu erleben (und zu schmecken).

Das Innungsjubiläum wird seitens des Landesmuseums als Startschuss verstanden für eine lange Reihe von Wechselausstellungen, die in den kommenden Jahren regionale und regionalhistorische Besonderheiten aus dem weiten Feld der Genuss- und Lebensmittel thematisieren werden: von  vergessenen Früchten und Speisen der Altvorderen über Produktionsbedingungen und -techniken  gestern wie heute bis hin zu Fragen des Verbraucherschutzes und gesunder Ernährung.


3. Haus der Archäologie         

Der von Landesmuseum und Landesarchäologie betriebene Ausstellungstrakt in der Contregard rechts ist schon seit Jahren ein geschätztes Kleinod auf der Festung. Die dortige Dauerausstellung macht Menschheitsgeschichte über knapp eine Million Jahre nachvollziehbar. Vor allem in der Mittelrheinregion ergrabene Artefakte dokumentieren die Entwicklung. Wie schon in den Vorjahren werden wechselnde Kabinettausstellungen auch bedeutende Funde vorstellen, die bei der jüngeren archäologischen Arbeit im nördlichen Rheinland-Pfalz gemacht wurden. Auf dem Dach über der Ausstellung informieren seit der BUGA zudem drei nach historischem Vorbild angelegte Gärten über Nutzpflanzen, Anbauweisen und Gartengestaltung in Steinzeit, römischer Antike und Mittelalter.

Noch näher ran an die Altertümer, sie mit allen Sinnen buchstäblich „begreifen“: Diesem Bedürfnis kommt das „Haus der Archäologie“ mit einem neuen Angebot unter dem Motto „Geschichte (an-)fassen“ entgegen. Jeden ersten Sonntag im Monat und für Gruppen nach Absprache können Besucher originale Exponate oder Repliken anfassen, ausprobieren. Mal einen Faustkeil schwingen, einen keltischen Kriegerpanzer oder einen Ritterhelm anlegen, in Römersandalen gehen oder Korn ohne Strom mahlen... Dieser Hands-on-Erlebnisbereich ist Teil des erweiterten museumsdidaktischen Angebots für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im „Haus der Archäologie“.


4. Landesmuseum Koblenz

In seinem traditionellen Kernbereich von Hoher Ostfront bis Landbastion greift das Landesmuseum Koblenz einen vielfach geäußerten Wunsch auf: Es verlängert die beiden dort während der BUGA von mehreren hunderttausend Menschen besuchten und hochgelobten Ausstellungen um eine weitere Saison. Mithin haben Erst- und Wiederholungsbesucher ab 1. April reichlich Gelegenheit „Peter Josef Lenné – eine Gartenreise im Rheinland“ sowie „10 000 Jahre Grabkultur an Rhein und Mosel“ in aller Ruhe zu erleben. Wie sehr gerade die Lenné-Ausstellung sensibilisiert hat für kulturhistorische Bedeutung des Gartenbaus wird an einer Vortragsreihe über „Historische Gartenanlagen in Rheinland-Pfalz“ erklennbar, die das Landesmuseum 2012 begleitend veranstaltet.


B) Die rote Route zur Festungsgeschichte

Rötliche Fahnen und entsprechend gefärbte Wegweiser sind der Leitfaden für jene Besucher, die sich besonders für die Geschichte und/oder die militärhistorische Funktionsweise der Festung Ehrenbreitstein selbst interessieren. Gleich links hinter dem Feldtor führt die rote Route hinauf ins Obergeschoss des Turm Ungenannt, wo die große Dauerausstellung zu 5000 Jahren Ehrenbreitstein  beginnt.

Eine Serie von Modellen dokumentiert dort beispielsweise Besiedlung und fortschreitend wehrhaften Ausbau des Felssporns über dem Rhein – vom keltischen Palisadenzaun über den römischen Burgus, die frühmittelalterische Burg und diverse Ausbauphasen der kurtrierischen Festung bis schließlich hin zur preußischen Festung des 19. Jahrhunderts. Eine eigene Abteilung macht den Besucher auch bekannt mit der einstigen Pracht, der politischen und kulturellen Bedeutung der Residenzstadt Ehrenbreitstein am Fuße der Festung.

An rekonstruierten Soldatenstuben, Geschützstellungen und Haftzellen vorbei führt die rote Route über  Versorgungswege und taktische Brücken tief hinein in die logistische Infrastruktur der Festunganlage. Im Kanonengang lernt der Besucher diverse Geschütze kennen, die während der preußischen Zeit hier im Einsatz waren. Eine Büchsenmacherei vermittelt als „lebendige Werkstatt“ ebenso Eindrücke vom damaligen Leben in der Festung wie das originale Stille Örtchen oder das rekonstruierte Wachlokal.

Dass die Festung in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg auch als Wohnquartier für ausgebombte Koblenzer diente, daran erinnert die wiederhergestellte Wohnung der nach 1945 hier untergebrachten Familie Suderland. Bevor die rote Route sich wieder mit der blauen vereint, macht sie noch einen Abstecher zur Contregard links. Dort dokumentiert eine Ausstellung des Finanzministeriums  Rheinland-Pfalz die umfangreichen Bau- und Restaurierungsarbeiten an der Festung von 2007 bis 2011.


C) Zwei neue Konzertreihen

Sie waren während der BUGA-Monate überaus beliebt beim Publikum: die intensiven, aber in lockerer Atmosphäre über die Rheinland-Pfalz-Bühne gehenden Kammermusik- und Jazz-Konzerte. Bewährte Partner bei den damaligen Veranstaltungen im Hauptgraben der Festung waren für die Klassiksparte die Landesstiftung Villa Musica und für den Jazz-Bereich Formationen aus dem weitgespannten Netzwerk des Bandleaders und Jazzdozenten Ulrich Adomeit. Beide Partner werden von nun an mit zwei festen Konzertreihen zu einem breitgefächerten Musikleben auf dem „Kulturfelsen“ Ehrenbreitstein beitragen. Der Eintritt zu diesen Konzerten ist im Festungs-Ticket enthalten.


Jazz nicht nur „am Kuppelsaal“

Kaum einer ist mit der Jazz-Szene, insbesondere der rheinland-pfälzischen, so vertraut wie Ulrich Adomeit. Der langjährige Leiter des Landesjugendjazzorchesters und jetzige Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft Jazz Rheinland-Pfalz (LAGJazz) hat die Federführung für die neue Reihe „Jazz am Kuppelsaal“ in der Festung Ehrenbreitstein übernommen. Neun Auftritte sind für die Saison 2012 zwischen 24. Juni und 23. September geplant. Jeweils am Sonntag um die Mittagszeit wird ein Jazz-Ensemble am rhein-seitigen Ende des Oberen Schlosshofes, also „am Kuppelsaal“ ein Konzert geben. Wenn das Wetter schön ist: open-air; wenn's regnet: drinnen im Kuppelsaal.

Das Programm der Reihe umfasst über die Saison ganz verschiedene Stilrichtungen aus dem traditionellen wie dem zeitgenössischen Jazz. Adomeit kann sich dabei durchaus auch den Auftritt einer Marching Band vorstellen. Zu den Combos gehören gestandene Altjazzer wie die Gruppe „Jazz4You“. Präsentieren will Adomeit aber auf jeden Fall auch die dann aktuellen Siegerbands des Landeswettbewerbs „Jugend jazzt“ sowie des Wettbewerbs der LAGJazz für Musikstudenten. Damit wird die Konzertreihe zugleich zu einem Schaufenster für die hoffnungsvollsten Talente des rheinland-pfälzischen Jazz-Nachwuchses.

Der Reihe „Jazz am Kuppelsaal“ ist als Prolog am 17. Juni ein opulenter Jazz-Sonderevent  vorgeschaltet: Um 12.30 Uhr beginnt auf der Sparkassen-Bühne ein Festival mit fünf BigBands aus Rheinland-Pfalz. Darunter: „Seven steps to heaven“ – Seniorenjazzorchester des Landes; die BigBand der Mainzer Hochschule für Musik; „The Yellow Tone Orchestra“ – BigBand des Landesmusikgymnasiums Montabaur.

Termine: 17.6., 24.6., 8.7., 22.7., 29.7., 5.8., 26.8., 2.9., 16.9., 23.9.


Klassikserenaden in der Festungskirche

„Alhambra“, „Serenata Italiana“, „Last Rose of Summer“ und „Bach für Cello“. Das sind die Titel der vier klassischen Kammermusikkonzerte, mit denen die Villa Musica die Sommermonate Juli und August 2012 auf der Festung bereichert. An jedem zweiten Mittwoch treten ab 18 Uhr ehemalige Stipendiaten und Dozenten der Landesstiftung auf. Und eigens deshalb fährt an diesen Abenden die Seilbahn eine Stunde länger.

Der Konzertsaal ist eine ganz besondere Örtlichkeit: die Festungskirche. „Wir haben die musikalische Besetzung auf die spezielle Akustik dieser Saalkirche mit ihrem Tonnengewölbe und den Seitenemporen abgestimmt“, erklärt Karl Böhmer, Geschäftsführer der Villa Musica. Will sagen: Man gibt dem intimen Klang von Solisten und Duos mit Streich- oder Zupfinstrumenten und/oder Singstimme den Vorzug vor Großensembles mit „Pauken und Trompeten“. Die konzertierenden Künstler wurden als herausragende Jungtalente ihres Fachs einst als Villa-Musica-Stipendiaten gezielt gefördert. Heute bereichern sie als renommierte Orchestermusiker oder Konzertsolisten das deutsche und internationale Musikleben.

Zum Auftakt (4.7.) gibt Heike Matthiesen einen ganz dem spanischen Gitarrenrepertoire gewidmeten Abend. Es folgen (18.7.) Andrea Kim (Violine) und Peter Ernst (Gitarre) mit einem Sommerprogramm aus Stücken von Paganini, Schubert und Piazzolla. Romantische Harfenmusik und Lieder der Romantik präsentieren am 1.8. Magdalena Weber (Sopran) und Christoph Bielefeld (Harfe). Zum Abschluss der Reihe (22.8.) gibt sich Alexander Hülshoff – Cellist von Rang und neuer Künstlerischer Leiter der Villa Musica – auf der Festung die Ehre. Im Wechsel mit Stipendiaten wird er Cellosuiten von Johann Sebastian Bach spielen.          

 
                                                                                        Andreas Pecht 


---------------------------------------------------------
Wer oder was ist www.pecht.info?
---------------------------------------------------------

Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken