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2012-03-26b Feature:

Im ersten Nach-BUGA-Jahr geht auf dem Koblenzer Ehrenbreitstein kulturell die Post ab


Kulturimpressario Berti Hahn
avanciert zum Festungsgeneral


ape. Koblenz. Wie kriegt man es hin, dass Koblenz den Schwung aus der Bundesgartenschau in die Folgejahre trägt? Wie erhält man 2011 entstandene  Bereicherungen für die hiesige Lebensart und entwickelt sie dauerhaft weiter? Das sind Fragen, die am Rhein-Mosel-Eck in diesem Frühjahr eine Menge Leute umtreiben. Denn in den Zustand vor der BUGA zurückzufallen, das kann sich offenkundig niemand vorstellen. Schon gar nicht Berti Hahn, Inhaber des Koblenzer Café Hahn und als solcher jetzt auch „Generalbetreiber“ für Gastronomie und Veranstaltungen auf der Festung Ehrenbreitstein.


Mit Berti nimmt ein örtliches Urgestsein des Kultur- und Eventgeschäfts eine der Schlüsselpositionen für das künftige Festungsleben ein. Über vier gastronomische Einrichtungen dort führt er ab sofort das Kommando: den neuen Kiosk im Entree-Pavillon; die Weinstube in der Langen Linie; das Festungsrestaurant „Casino“ (bislang „Ferrari“ und ehemals preußisches Offizierscasino); das „Magazin“ im Untergeschoss der Rheinbastion. Zugleich ist er nicht nur selbst Kulturveranstalter auf dem Ehrenbreitstein, sondern fällt ihm, respektive seinem Hahn-Team, die Funktion der Schalt- und Logistikzentrale für fast alle übrigen Veranstalter und Veranstaltungen zu.

„Ich finde es gut, dass einer von hier das macht, und kein Auswärtiger“, meint Ruth Duchstein von der Buchhandlung Reuffel. Sie will gerade das Gülser Hahn-Büro verlassen, als ich  reinschneie, um mit Berti über die Frage zu sprechen: Warum lädt er sich als Mittfünfziger noch einmal so ein Riesenpaket auf wie diesen Festungsjob? Die beiden hatten eben Möglichkeiten für ein literarisches Veranstaltungsprogramm im alten Preußenbollwerk erörtert. Das Zusammentreffen ist ein glücklicher Zufall: Aus dem verabredeten Zweier-Interview wird umstandslos ein munterer Dreier. Im Geiste sitzt noch ein Vierter dabei: Thomas Metz, Chef der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz und mithin Hausherr der Festung. Weshalb Metz sowas wie der strategische Obergeneral ist und Hahn der taktische Festungsgeneral.

Ziehen die beiden im Ernstfall an einem Strang, obsiegt die Festung, sonst fällt sie.
So würde man im Militärjargon sagen –  der allerdings beiden „Generälen“ wesensfremd ist. Und das passt prima für den jetzigen Ernstfall der Post-BUGA-Mobilisierung. Denn die Festung soll ja auf dem eingeschlagenen Weg fortschreiten: Einerseits zwar historische Sehenswürdigkeit auch im Hinblick auf ihre soldatische Vergangenheit sein; andererseits sich nun aber vor allem als weltoffenes, interessantes,  friedfertiges, erlebnisreiches Museums-, Kultur- und Freizeitzentrum etablieren. Frei nach der Devise: Lasst die Geschützbatterien swingen, die Wehrgräben klingen, lasst uns in Magazinen schlemmen, durch Schussfelder flanieren und auf Exerzierplätzen tanzen.

Es ist faszinierend, zu hören, mit welcher Begeisterung Berti Hahn und Ruth Duchstein das   Wehrwerk auf zivilkulturelle Nutzung abklopfen. Fast wortgleich stellen sie fest: „Dort kann ich endlich Sachen machen, die bei mir sonst nicht gehen.“  Dabei fällt der Blick zuerst auf eine Veranstaltungs-Location, wie es sie bisher in Koblenz nicht gab: der Kuppelsaal der Festung im Verbund mit dem davor liegenden Oberen Schlosshof. Drinnen ist mit Stühlen ein Publikum von 500, stehend von über 1000 Menschen unterzubringen. Soll an Galatischen gespeist werden, fasst der Raum Gesellschaften bis zu 250 Köpfen. Das sind flexible Größenordnungen, wie sie bisher weder im Café Hahn noch in der Buchhandlung Reuffel zur Verfügung standen. Und weil zwischen Saal und Schlosshof der Festung nur ein Schritt liegt, ist dies auch der ideale Ort für Open-air-Veranstaltungen mit Schlechtwetter-Ausweich.

Also greift Berti zu, setzt beispielsweise an jedem Donnerstagabend zwischen Juni und August dort seine Konzertreihe „RheinPlus“ fort, die während der BUGA am Deutschen Eck so gut ankam. Im etwa gleichen Zeitraum, nur jeweils am Sonntagmittag, geht an selber Stelle die von Uli Adomeit organisierte Reihe „Jazz am Kuppelsaal“ über die Bühne; ebenfalls bei schönen Wetter draußen, bei Regen drinnen. Fest steht für den Kuppelsaal auch schon eine Sonderversion des Hahn-Weihnachtsvarietés im Dezember: Während das im „Hahn“ selbst allweil ausverkaufte Varieté nach bewährter Manier abgeht, wird es auf der Festung drei Adventswochen lang als noble Diner-Show  serviert.

Allerhand ist schon in trockenen Tüchern. Etwa in Zusammenarbeit mit der Rhein-Zeitung Public-Viewing während der Fussball-EM sowie Kino-Abende open air im Retirierten Graben. Oder klassische Kammerkonzerte der Villa Musica in der Festungskirche. Oder, natürlich, das Horizonte Weltmusik-Festival, heuer zum 10. Mal auf der Festung.  An noch mehr Strippen zieht Berti derzeit beherzt. Denn: „Ich kann mit den Raummöglichkeiten der Festung jetzt aktuelle Künstler-Anfragen realisieren, die im vollen Kalender des Cafés nicht mehr unterzubringen sind oder für deren Auftritte das 'Hahn' zu klein wäre.“

Und eben diese Möglichkeiten lassen auch bei Ruth Duchstein Ideen sprudeln. Erstens in Richtung „groß“: Mal Autoren präsentieren, die sehr viele Menschen sehen und hören wollen. Zweitens in Richtung „ganz anders“: Veranstaltungen mit Literaten, die auch Musik machen, oder mit Musikern und Schauspielern, die auch Literatur machen. Drittens in Richtung „das Ortskolorit nutzen“: Lesungen – ob klein, ob groß – mit Autoren historischer Romane oder Sachbücher in historischer Umgebung; Kriminächte zwischen, hinter, unter Festungsmauern.

Manches ist da auf allen Seiten noch im Fluss. Vieles muss über die Saison 2012 erst mal ausprobiert werden: Was geht, was macht Sinn, was kommt an und wie greifen die Aktivitäten der  diversen Kooperationspartner auf dem Ehrenbreitstein ineinander? Doch wie sagt Ruth Duchstein treffend: „Die Koblenzer, und nicht nur die, lieben den Ort seit der BUGA. Es ist einfach ein schöne Aufgabe, ihn wieder mit Leben zu füllen.“ Berti nickt, als wolle er sagen: Da hast du einen der Hauptgründe, warum ich mich auf die alten Tage nochmal in sowas reinhänge.                                                                                           Andreas Pecht      

(Erstabdruck Woche 13 im März 2012)

                                                        ***

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