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2012-06-25f Denkmalpreis RLP:

Barbarahof in Simmern/Westerwald steht nach Restaurierung der Restaurierung glänzend da


300 Jahre altes Hofgut atmet wieder


ape. Simmern ist eine kleine Gemeinde im Westerwald mit einer langen Geschichte. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes datiert auf das Jahr 1198. Sie bezeugt zugleich die Existenz eines noch älteren fränkischen Vorgängerbaus für das später und bis heute „Barbarahof“ genannte Hofgut. Die Gebäude dieser ursprünglichen Landwirtschafts-Exklave des Klosters Schönstatt fielen 1594 einer Feuersbrunst zum Opfer. Anfang des 18. Jahrhunderts entstand an gleicher Stelle ein neues Gehöft.

Dieses Ensemble wurde im späten 20. Jahrhundert unter Denkmalschutz gestellt. Dessen Kernbereich aus Wohnhaus nebst Wirtschaftsgebäuden wird seit 2007 vom Ehepaar  Angelika und Jeffrey Coble instand gesetzt – und seit 2009 mit zwei Söhnen und Hund auch bewohnt. Ergebnis der aufwändigen Arbeit ist eine bezaubernde Heimstätte, die einerseits historische Authentizität atmet, andererseits eine enorme Wohn- und Lebensqualität auf der Höhe der Gegenwart bietet. Drei Gebäude gruppieren sich um einen jüngst kopfsteingepflasterten Hof. Nach gut vierjähriger Instandsetzung strahlen sie gepflegte Solidität und die Ästhetik ländlicher Heimeligkeit aus. Aber man sieht sofort: Hier hat niemand versucht, bloß künstlich nostalgisches Ambiente zu erzeugen. Hier ging es vielmehr um Bewahrung und Wiederherstellung von Echtheit.

Da liegt links an der Hofzufahrt das „Kelterhaus“. Das anno 1703 als erstes errichtete kleine Gebäude, in dem nach Recherchen des Hausherrn einst sogar Trauben gekeltert wurden, enthält jetzt zwei privat genutzte Appartements. Originalgetreu sind Fassaden, Dach, Fachwerk, Tür renoviert. Gegenüber dem Kelterhaus steht die ehemalige Scheune. Wie die anderen Gebäude auch, besteht sie regionaltypisch teils aus massiven Bruchsteinmauern, teils aus Fachwerk. Jeffrey Coble erinnert sich, dass ihm beim Kauf des Barbarahofes die Scheune die meisten Sorgen gemacht hatte.

Denn ihr Zustand war nachgerade ruinös: Das Dach einsturzgefährdet, das hölzerne Scheunentor ebenso wie die metallenen Sprossenfenster verrottet, einzelne Balken des Fachwerks marode … Keine Spur davon mehr heute. Frisch glänzt die Schieferbedachung; sauber steht der Bruchsteinsockel da; mit neuem Holz und den historischen Beschlägen wurde das Tor rekonstruiert, mit pigmentiertem Leinöl das teilweise ersetzte Fachwerk nach Usus der Altvorderen gestrichen.

Die Perle des Barbarahofs aber ist das Haupthaus, nunmehr Wohnhaus der Cobles. Das war schon bei der Entdeckung durch Angelika Coble auf den ersten Blick ansehnlich, denn es hatte bereits in den 1990ern seitens der Vorbesitzer eine Restaurierung erfahren. Doch auf den zweiten Blick wurde alsbald offenbar: Die nach damaligen Standards durchgeführten Maßnahmen waren der alten Substanz des Gebäudes teilweise nicht gut bekommen. Familie Coble ließ sich davon keineswegs entmutigen, sondern stürzte sich engagiert in die Aufgabe, eine Restaurierung der Restaurierung nach heutigen Erkenntnissen der Denkmalpflege ins Werk zu setzen.

Bei der konstruktiven Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde konnten die Cobles nicht nur auf erstklassige Befunddaten über den Barbarahof vor der ersten Renovierung zugreifen, es wurden auch durchweg tragfähige Kompromisslösungen gefunden. Hier sei beispielsweise der stilistisch stimmige Ausbau von Gauben im Dachgeschoss genannt, oder die vor Witterungseinflüssen schützende Wandverkleidung der Wetterseite des Hauses mit Naturschiefer.

Die luftundurchlässigen Dämmungen und versiegelnden Anstriche der Erstrenovierung mussten abgetragen werden. Jetzt kamen Leichtbauplatten aus Holzwolle, Thermohanf und Lehmputz zum Einsatz. Das alte Haus muss atmen. Im Innern wurden nachher sämtliche Stuckdecken nochmals restauriert, die Wände mit Kalk- und Lehmputz überzogen sowie mit Kalk-  und Kalkkaseinfarbe gestrichen. Schablonenmalereien und Innentüren erfuhren eine Wiederherstellung nach Denkmalschutz-Befund. Angelika und Jeffrey Coble wollten ihr 300 Jahre altes Kleinod eben richtig behandeln. Und sie haben es richtig gemacht.


Persönlicher Stil und moderne Technik

Auf dem Küchenboden machen sich die dunkelgrauen Basaltsteinplatten prima, an der Wand die Fließen mit den Floralmustern einstiger Bauernmalerei. Nebenan im größten Zimmer des Hauses  verbreitet ein Dielenparkett mit ehrwürdigen Schrunden, Rissen und Verfärbungen atmosphärische Wärme. All diese Elemente sind jetzt erst neu in Barbarahof eingezogen, obwohl sie alt bis uralt sind. Frühere Generationen hatten damit Häuser andernorts geschmückt. Angelika Coble hat sie bei Recherchen im Internet, in Zeitungen oder bei Händlern für historische Baustoffe aufgespürt – und immer wieder überlegt: Würden die Basaltsteine, die Fließen, die Dielen zum denkmalgeschützten Bestand ihres Hauses passen und ihr die Kombination am Ende gefallen?

„Das Interieur hier trägt die Handschrift meiner Frau“, sagt Jeffrey Coble. „Und all die moderne Technik stammt von meinem Mann“, gibt die Gattin schmunzelnd zurück. Zu sehen ist von der Technik allerdings nichts. Unter dem Basalt der Küche verbirgt sich eine Fußbodenheizung, hinter dem Kalk- und Lehmputz anderer Räume eine Wandheizung. Die Drehlichtschalter im Stil der 1910er-Jahre sind mit heutiger Dimmer-Technik aufgerüstet – und das gesamte Strom- und Heizungssystem des Barbarahofes hängt an einem per Computer steuerbaren Netzwerk. Clou des Ganzen ist das mit Gas betriebene Blockheizkraftwerk jüngster Bauart: In der ehemaligen Scheune eingerichtet, versorgt es das Anwesen mit eigener Elektrizität und Wärme. „Unter Einbeziehung der Primärenergieaufnahme erfüllt das 300 Jahre alte Haus problemlos die Vorgaben der Energieeinsparverordnung EnEV“, bilanziert der Hausherr zurecht mit Stolz.             

  

(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 20. Juni 2012)


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