Thema Musik
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2012-08-07 Konzertkritik:

Countertenor Flavio Ferri-Benedetti entzückt beim Festival RheinVokal mit Barockkantaten 


Liebesleid in den höchsten Tönen


ape. Neuwied   Der 43-jährige deutsche Countertenor Andreas Scholl feiert derzeit bei den Salzburger Festspielen an der Seite von Cecilia Bartoli Triumphe in der Titelrolle von Händels Oper „Julius Caesar“. Sein 16 Jahre jüngerer Kollege Flavio Ferri-Benedetti bestätigte am Wochenende im Rahmen des Festivals RheinVokal, dass es der Disziplin des kunstvollen Gesangs mit Kopfstimme an hochkarätigem Nachwuchs nicht mangelt. Der Italiener entzückte in der Kirche der Herrenhuter Brüdergemeinde Neuwied mit seinen Interpretationen von Kantaten Vivaldis und Scarlattis.
                                         

Aus der Kirchenmusik des 16./17. Jahrhunderts überkommen, im 19. Jahrhundert fast völlig verschwunden, ab Mitte des 20. allmählich in die Gesangspraxis zurückgekehrt, erlebt die Countertenor-Technik seit fast drei Jahrzehnten eine neue Blüte. Und noch jedesmal entfaltet der Männergesang in der Frauenlage wieder seine faszinierende Wirkung. „Ombre tacite e sole“, verschwiegene einsame Schatten: Mit einem langen, beseelten Sphärenton intoniert der Sänger die gleichnamige Kantate von Alessandro Scarlatti. Von diesem Moment an hat der stattliche schwarzbärtige Mann die gespannte Aufmerksamkeit des Auditoriums.

Er singt von Leid, von Liebesleid, vom Gram eines Betrogenen –  ganz weich gießt er bald bodenlose Schwermut in den Raum, erhebt bald scharf akzentuierte Vorwürfe gegen die Treulose. Der Herzschmerz schwingt sich in der Arie zur finalen Frage auf: „Warum hast du mich verraten, warum mich verlassen?“ Gesungen im italienischen Original, erfährt das mehrfach wiederholte „perché“ (warum) mannigfache Interpretation: Mal lässt Ferri-Benedetti es auf den Lippen explodieren, mal inniglich aus tiefer Brust aufsteigen, mal verzweifelt dorthin versinken.

Das ist Gesang nicht nur des schönen Klangs wegen, sondern stets aufs Feinste differenziert nach Sinn und Stimmung des Textes. So verströmt der Solist etwa in der Schlussarie von Vivaldis Kantate „Amor, du hast gesiegt“ trotz höchster Schwierigkeit mit munter und launig strömenden Koloraturen jubelnde Glückseligkeit. Das Publikum erlebt in der gut besetzten Herrenhuter  Gemeindekirche Countertenor-Gesang der besten Art: Flüssig, leicht und in schillernder Reinheit erheben sich die hohen Töne der Kopfstimme, wirken nie gequetscht, nie erzwungen.

Dem Sänger zur Seite stehen neun Musiker des schweizerischen Ensembles Il Profondo“. Auch sie gehören überwiegend der jüngeren Generation an und beherrschen auf ihren Barockinstrumenten famos die inzwischen als authentisch geltende Realisationsweise der Alten Musik: Rhythmisch stark akzentuiert, erstaunlich affektmächtig, temporeich, energiegeladen. Gemeinsam mit Flavio Ferri-Benedetti sowie mit rein konzertanten Zwischenteilen belegen die Musiker, dass auch zur Ferien- und Sommerzeit anspruchsvolle Musikkunst ihr Publikum findet und betört.                                   Andreas Pecht


Ausschnitte des Konzerts sendet Radio SWR 2 am
31.10. 2012 in seinem Mittagskonzert von 13.05 bis 14.00 Uhr              



(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 6. August 2012)


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