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2012-09-26a Feature:

Hurra – die Rhein-Mosel-Halle ist wieder da!

Koblenz hat aus seiner „guten Stube“ ein Veranstaltungs- und Kongresszentrum gemacht, dessen Äußeres besticht


ape. Koblenz. Wenn dieser Artikel erscheint, strömen die Koblenzer alsbald in Scharen herbei, um die (nach Generalumbau) „neue“ Rhein-Mosel-Halle zu inspizieren. Zur Eröffnung ist von 28. bis 30.9 ein großes, dreitägiges Fest angesetzt, ein „Bürgerfest“. Die damit verbundene Absicht liegt auf der Hand: Die Bürgerschaft der Rhein-Mosel-Stadt soll die neue Halle ideell in Besitz nehmen. Und sie soll zugleich versöhnt werden, soll all den Ärger über das endlose, 30-monatige Bauverzögerungs-Drama hinter sich lassen.

Der Blick nach vorn voller Zuversicht und Freude soll nun vorherrschen. So will es  Oberbürgermeister Hofmann-Göttig, der davon spricht, dass „für den Veranstaltungstourismus in Koblenz jetzt eine neue Epoche beginnt“. So will es Andreas Bilo, Chef der Koblenz-Touristik, der glücklich darüber ist, mit der „wunderbaren neuen Halle“ endlich „in die Vermarktungsphase“  eintreten zu können. So will es Projektleiter Bert Flöck, der mit dem Satz „die Lage der  Rhein-Mosel-Halle ist unschlagbar“ gleich kräftig die Werbetrommel rührt. Spürbare Erleichterung allenthalben, dass die im August noch einmal bis zum letzten Moment andauernde Zitterpartie um Eröffnung im September oder neuerliche Verzögerung überstanden ist.

Nun steht sie also da, die neue Rhein-Mosel-Halle, ist fertig und wird von allen Offiziellen in den höchsten Tönen als rundum gelungenes „Veranstaltungs- und Kongresszentrum“ besungen. Soweit, so erwartungsgemäß. Was aber bleibt vom stolzen Bauherrenhymnus, wenn man die lokalpatriotische Rosarotbrille absetzt und sich das Bauwerk mit kritischem Blick vornimmt. Lassen wir allen Verdruss über Bauverzögerungen und von 26 auf 33 Millionen Euro gestiegene Kosten mal beiseite. Schauen wir uns das pure bauliche Ergebnis an.

Der erste Eindruck ergibt sich naturgemäß bei der Annäherung von außen. Und er ist: erfreulich. Ganz anders als bei der Zentralplatzbebauung wirken hier die Proportionen zwischen Gebäude und Umgebung stimmig. Der Hallenkomplex protzt nicht selbstgefällig, sucht nicht die Dominanz über das städtebauliche Umfeld. Wie immer die Architekten es hingekriegt haben: In Kombination mit dem parkähnlichen Vorplatz und der Luftigkeit an den Seiten entfaltet die neue Rhein-Mosel-Halle eine ästhetisch ansprechende Zurückhaltung, die dezent aber wirkungsvoll ihre Schmuckseiten zur Geltung bringt.

Geschmackvoll und irgendwie auch faszinierend sind die dunkelblauen, leicht schimmernden und im wechselnden Außenlicht farblich changierenden Fassadenteile. Den Baublock lockern die unterschiedlich ausgerichteten  Lamellen der übrigen Fassadenbereiche auf. Da hat mal einer nicht einfach Schnickschnack an die Wand genagelt, sondern gründlich nachgedacht über optische Wahrnehmungspsychologie. Die Dezentralisierung des Komplexes mittels baulicher Markierung eines nach links verschobenen Haupteingangsbereiches verstärkt zudem den Eindruck von ungezwungener Leichtigkeit. Kurzum: Die Rhein-Mosel-Halle ist dieser Tage äußerlich der wohl ansprechendste Großneubau in Koblenz.

Außen also „hui“. Und innen? Sanft ansteigende Rampen im „Treppenhaus“ sind nicht nur ästhetisch ein Bringer. Wer schlendert dort oben, wer kommt von unten her nach: Die offenen Blickräume über fast die gesamte Höhe der Rampenanlage sind auch unter kommunikativen Aspekten famos. Und wer will, kann hier obendrein der Lust am „Sehen und Gesehen werden“ frönen – ohne beim Treppensteigen unvorteilhafte Figur zu machen. Allerdings ist der Rampenweg nicht eben der kürzeste zum großen Saal. Bei maximalem Publikumsaufkommen könnten recht lange und langsame Prozessionen entstehen. Mancher Besucher dürfte bald lieber auf die breite Außentreppe oder die Fahrstühle ausweichen. Man wird sehen.

Ohnehin stehen dem „Veranstaltungs- und Kongresszentrum“ noch einige Feuerproben bevor. Ob die neue Garderobe im Subpaterre des Rampenturms im Winter dem gleichzeitigen Ansturm etlicher Hundert Mantelträger gewachsen ist, muss sich noch herausstellen. Auf den ersten Blick sieht das da etwas eng aus. Ob der neue große Saal wie versprochen eine bessere Akustik hat als der alte, ist am Abend des 28. September zu hören. Dann eröffnet die Rheinische Philharmonie die in der letzten Saison wegen Bauverzögerung zwangsweise entfallene Anrechtsreihe des Musik-Instituts.

Dass in den teils mit schmaleren Stühlen bestückten großen Saal  jetzt 1400 Leute reinpassen (100 mehr als zuvor) – obwohl die vorherige Möglichkeit der Emporenerweiterung durch Öffnung des kleinen Saales wegfällt – , wird ja jemand richtig berechnet haben. Ob dort allerdings bei Bällen und Gala-Diners an Tischen und Tafeln tatsächlich 1000 Personen standesgemäß Platz finden, daran gibt es in Veranstalterkreisen gewisse Zweifel. Zumindest dürfte die Tanzfläche dann ziemlich klein ausfallen. Der Teufel steckt wie immer im Detail, und manches Detail wird eben erst im laufenden Betrieb sichtbar. Kinderkrankheiten sind dazu da, geheilt zu werden und ein Immunsystem aufzubauen. Das braucht ein bisschen Zeit; die soll auch die neue Rhein-Mosel-Halle kriegen.

Und sonst im Innern? Die weißen Gitterwände des großen Saales sind gewöhnungsbedürftig, im Übrigen aber bleibt seine ehemalige Grundstruktur problemlos wiedererkennbar. Das ist an anderer Stelle anders. Das ehemalige untere Foyer ist kein Foyer mehr, sondern eine in sich abgeschlossene eigene Location. Jenseits von Rampenturm und großem Saal übernehmen Sachlichkeit und Funktionalität das Regiment, tritt Ästhetik in den Hintergrund; von teils schönen Ausblicken auf den Rhein mal abgesehen. Bei dem guten Dutzend kleinerer Veranstaltungs-/Tagungsräumen, die es jetzt zusätzlich gibt, stand offenkundig das Ziel „Kongresszentrum“ Pate. Technik vom Feinsten, Hintergrundlogistik für Catering und Pausenbewirtung raffiniert, Verwendungsmöglichkeiten der Räume vielfältig. So etwas wie atmosphärische Wärme oder gar Gemütlichkeit sucht man hier indes vergebens.

Ich habe den alten hölzernen Kneipentresen im oberen Foyer bereits bei meinem Vorabrundgang vermisst - freue mich im Gegenzug aber darauf, in Konzertpausen dem Saal nahe auf eine neue Terrasse hinaustreten zu können. Schaun mer mal wie's so wird, mit dieser Rhein-Mosel-Halle. „Glück auf“ sei gewünscht.                                                                                             Andreas Pecht



(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
Woche 39 im September  2012)


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