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2012-10-04d Interview:

 

Die „Bachs“, die Romantik, die Moderne


Interview mit Daniel Raiskin zu den Orchesterkonzerten im Görreshaus 2012/13


ape: Die traditionelle Reihe der vier Orchesterkonzerte im Görreshaus beginnt am 28. Oktober mit einem Nachmittag unter dem Titel „Junges Feuer der Romantik“. Zwischen den im Programm vertretenen Komponisten findet sich ein Name, der nur wenigen Koblenzern heute bekannt sein dürfte, aber vielen bekannt sein sollte. Herr Raiskin, was hat es auf sich mit diesem Peter Joseph von Lindpaintner?

Daniel Raiskin: Lindpaintner war einer bedeutendsten Komponisten und vor allem Dirigenten, die Koblenz je hervorgebracht hat. Er kam 1791 in Koblenz zur Welt und wuchst hier auf. Später war er mehrere Jahre Musikdirektor am Isartortheater München, danach bis zu seinem Tod 1856 Hofkapellmeister in Stuttgart. Felix Mendelssohn Bartholdy nannte ihn seinerzeit den besten Orchesterdirigenten Deutschlands. Lindpaintner hat eine Menge komponiert, Kammermusik, etliche Opern, Sinfonien, Konzerte. Seine Oboen-Konzerte hatte ich schon früher dirigiert, also war er mir nicht unbekannt, als unser Fagottist Nico Maler vorschlug, mal ein Konzert für Fagott und Orchester aus der Feder dieses Koblenzers zu spielen.

Ich habe den Vorschlag aufgegriffen. Um das Lindpaintner-Werk herum haben wir ein passendes Programm gestrickt. Da ist zunächst mit Carl Maria von Webers Andante & Rondo Ungarese ein zweites Stück bei dem Nico Maler selbst den Solopart übernimmt. Den Anfang des vom Gastdirigenten Adrian Prabava geleiteten Konzerts macht Beethovens Ouvertüre „Die Geschöpfe des Prometheus“. Ein programmatischer Auftakt: Das Feuer als eines der romantischen Kernsymbole, in mystischer Zeit den Menschen von Prometheus geschenkt. Von dort schlagen wir den Bogen über Lindpaintner und Weber zu Charles Gounod. Und zwar, mit der 2. Sinfonie, zur weniger bekannten sinfonischen Seite seines von Opern und Kirchenmusik dominierten Quevres.          

ape: „4x Bach“ ist das zweite Konzert am 13. Januar überschrieben. Wir ahnen, es geht da um Johann Sebastian Bach. Nur um ihn?

Raiskin: Mit dem Programm für das Konzert greifen wir einen Vorschlag des Pianisten Sebastian Knauer auf, der auch die musikalische Leitung übernimmt. Gespielt werden an diesem Nachmittag vier von Mitgliedern der Familie Bach komponierte Konzerte für Klavier und Orchester – zwei von Johann Sebastian Bach, je eines von den Söhnen Johann Christian und Carl Philipp Emanuel.  Das ist ein ungewöhnliches und spannendes Aufeinandertreffen. Die Zuhörer können die stilistischen Unterschiede zwischen Vater und Söhnen direkt vergleichen. Die beiden Werke von Johann Sebastian Bach kennt man, die seiner Sprösslinge eher nicht. Besonders interessant ist Carl Philipp Emanuel, der zu seiner Zeit viel Neues in die Musikentwicklung eingebracht hatte und der in unseren Tagen gerade eine bemerkenswerte Renaissance erlebt.

ape: Am 14. April treffen unter dem Titel „Fernes Licht“ mit Werken von Arvo Pärt, Peteris Vasks und Ludwig van Beethoven Moderne und Klassik aufeinander. Wie kommt es zu der Konstellation?

Raiskin: In diesem Jahr ist der Geiger Vadim Gluzman bei der Rheinischen Philharmonie „Artist in Residence“. Er spielt mit uns im großen Rahmen des Musik-Instituts Tschaikowskis Violinkonzert, er spielt mit uns in Simmern Mozart und Bruch. Und natürlich darf er bei unserer eigenen Konzertreihe im Görreshaus nicht fehlen. Gluzman pflegt neben Klassik, großer Romantik und klassischer Moderne auch sehr intensiv die zeitgenössische Musik. Diesen Aspekt seines Repertoires wollen wir im Görreshaus zur Geltung bringen, wo in den vergangenen Jahren ja immer wieder ganz bewusst etwas ausgefallenere Konzerte angeboten wurden.

Mit Vadim Gluzman bin ich nicht nur persönlich befreundet, wir verstehen uns auch musikalisch bestens. Wir schätzen beide sehr den lettischen Gegenwartskomponisten Peteris Vasks und haben deshalb dessen Violinkonzert „Distant Light“ in dieses von mir dirigierte Konzert  genommen. Daneben gibt es das großartige „Trisagion“ von Vasks' estnischem Freund Arvo Pärt. Diesen beiden gut zugänglichen, inzwischen zu Klassikern der Moderne avancierten Werken stelle ich im zweiten Teil als Kontrast Beethovens 7. Sinfonie gegenüber. Allerdings in einer beim Publikum kaum bekannten Fassung: der vom Komponisten autorisierten Bearbeitung nur für Bläser, Kontrabass und Pauken.

ape: Wie beim zweiten Konzert mit Sebastian Knauer, so folgen Sie auch zum Abschluss  der Reihe am 9. Juni Ihrer erklärten Absicht, im Görreshaus immer wieder namhafte Solisten zugleich als Dirigenten wirken zu lassen. Hier kommt dann Albrecht Mayer, Solo-Oboist der Berliner Philharmoniker, in der Doppelrolle zum Zuge.   

Raiskin: Sie wissen, wir hatten in der letzten Spielzeit im Theater Koblenz zwei erfolgreiche Konzerte mit Albrecht Mayer. Er war überrascht und sehr angetan von der Qualität des Orchesters und der ausgezeichneten Zusammenarbeit. Wir haben da zum ersten Mal miteinander gespielt, und ja: Wir haben einander entdeckt. Er ist einer der besten Oboisten weltweit und ich weiß, dass er auch dirigiert. Als klar war, dass er vom Orchester sehr gerne gesehen wird und er auch gerne wiederkommen würde, habe ich ihm gesagt: Albrecht komm und mach' nächstes Jahr ein Programm im Görreshaus, bei dem du spielst und auch dirigierst.

Gesagt, getan: Das letzte Görreshauskonzert im Juni wird nun die Handschrift Albrecht Mayers tragen. Auf dem Programm stehen Schuberts Ouvertüre im italienischen Stil und seine 3. Sinfonie; dazu Haydns Oboen-Konzert C-Dur und Johann Sebastian Bachs Sinfonia zur Kantate  „Ich steh' mit einem Fuß im Grabe“ für Oboe und Streichorchester. Also eine ganz klassische Auswahl, die  Albrecht Mayer aber gewiss mit dem Horizont eines ebenso ernsthaften wie kreativen Musikers von heute interpretieren wird.                                               (Die Fragen stellte Andreas Pecht)


Infos: >>www.rheinische-philharmonie.de


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
Woche 40 im Oktober 2012)


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