Thema Musik
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2012-11-19 Konzertkritik:

 

Ein Triumph der klassischen Moderne


Starkes Konzert beim Musik-Institut Koblenz mit Rheinischer Philharmonie und Gastsolistin Sharon Kam


ape. Koblenz. Ausverkauft die Rhein-Mosel-Halle. Das Programm reich an Kontrasten. Von höchsten Graden die Leistung der israelischen Klarinettistin Sharon Kam. In diesmal ausgezeichneter Form die Rheinische Philharmonie unter Daniel Raiskin. Kurzum: Das dritte Anrechtkonzert beim Musik-Institut Koblenz war fabelhaft.


So wollen wir das Koblenzer Orchester hören: an jedem Pult wie im großen Ganzen konzentriert und aufgeräumt, zugleich feinsinnig und prononciert die weiten Bögen wie die kleinsten Figuren ausformend, auskostend. Die nach solcher Manier musizierte Ouvertüre zu „Die Zauberharfe“ von Franz Schubert setzt vom Start weg die Maßstäbe für den Abend sehr hoch. Nirgends Wischiwaschi. Die dunklen Orchesterschläge zum Auftakt nicht überzogen, die Holzbläser zart versonnen, hernach eine vielfarbige, fein gearbeitete „italienische“ Atmosphäre der Leichtigkeit nebst witzigen Einsprengseln.

Derart wohlgeraten, macht das Stück die Beine schier tanzlustig. Zugleich weckt das trefflich eingestellte Orchester schönste Hoffnungen auf eine zum Konzertende spannende  Realisation von Béla Bartóks „Konzert für Orchester“. Denn das fünfsätzige Werk aus dem Jahr 1944 ist eine Herausforderung. Jeder Instrumentengruppe wird mal die Führungsrolle zuteil, werden quasi-solistische Passagen abverlangt. Und der Klangkörper insgesamt hat sich mit einem gewaltigen Kaleidoskop von Stilen, Effekten, Rhythmen zu bewähren.

Ob homophoner Klagegestus oder fugierte Vielschichtigkeit, ob scherzhafter Holzdialog oder inbrünstiger Blechchoral, ob düsteres Bratschen-Sinnen oder posaunistisches Spötteln auf Schostakowitsch: Die beim Schubert geweckten Hoffnungen für den Bartòk erfüllen sich – das Auditorium wird musikalisch hineingezogen in einen emotionalen Kosmos Shakespear'schen Ausmaßes. Der Beifall ist enthusiastisch. Sage keiner mehr, das Publikum beim Musik-Institut sei für klassische Moderne unzugänglich. Wenn gute Werke gut gespielt werden, klappt's auch mit den Hörern.

Daran besteht im Mittelteil des Abends von vornherein kein Zweifel. Mozarts Klarinettenkonzert ist als überragendes Exemplar des Genres eine sichere Bank. Ebenso das Klarinetten-Concertino des  Carl Maria von Weber. Welche vielleicht ungeahnten Funken würde Sharon Kam aus den bekannten Werken schlagen? Wie die Rheinische mit der international derzeit sehr hoch gehandelten Klarinettistin zusammenwirken?

Überraschung: Die Solistin spielt den Mozart auf einer Bassett-Klarinette; jenem Instrument also, für das dieses Konzert ursprünglich geschrieben war, das aber später aus der Mode kam. Leider, wie man sagen muss, da einem nun die herrlich warme Klangfülle der längeren und tiefer reichenden Klarinette zu Ohren kommt und zu Herzen geht. Eine Fülle, die Frau Kam dem Instrument selbst im Flüstertone noch entlockt, deren Beseeltheit ihr auch in den schnellsten Läufen zwischen uriger Tiefe und schillernder Höhe nie verloren geht. Bei aller Virtuosität webt sich die Klarinette stets maßvoll ins orchestrale Geflecht ein, übernimmt trotz höchster Intensität mit der Bescheidenheit der Reife die Führung. So hatte Mozart sich dieses Werk wohl gedacht, als er es dem Tode nahe komponierte

Rheinische und Solistin finden hier und bei Webers Concertino prima zueinander, als hätten sie wochenlang miteinander gearbeitet, wo es doch nur zwei gemeinsame Proben waren. Die Zugabe gehört der jungen Frau alleine. Da kriegt im deutschen November die israelische Klarinette mit Gershwins „Summertime“ den Blues. Wunderbar.                                         Andreas Pecht


Infos zu den weiteren Konzerten der Anrechtsreihe:
>>www.musik-institut-koblenz.de


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 19. November 2012)


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