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2012-11-30 Ausstellungsbesprechung: | |
Ludwig Museum Koblenz stellt zwei interessante und wichtige chinesische Künstler von heute vor "Introspection": Positionen abstrakter Kunst aus China |
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ape. Koblenz. Im
Parterre des historischen Deutschherrenhauses, sind Arbeiten der Foto-
und Videokünstlerin Xiao Hui Wang (Jg. 1957) versammelt. Eine Etage
höher werden die farbmächtigen „Gemälde“ ihres Kollegen Xiaosong Wang
(Jg 1964) präsentiert. Die Namensähnlichkeit der beiden Chinesen ist
Zufall, ihr Zusammentreffen in der Ausstellung „Introspectionen –
Positionen abstrakter Kunst aus China“ ist es nicht. Das Ludwig Museum
Koblenz lenkt in seinem Domizil am Deutschen Eck mit dieser Schau,
nicht zum ersten Mal, den Blick auf aktuelle künstlerische
Entwicklungen in der Volksrepublik China. |
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Abstrakte Kunst – in China erst während der letzten Jahre bedeutsamer geworden – ist also das Thema der Ausstellung. Dennoch beherrscht Figürliches die erste Abteilung: Großformatige Fotos von Xiao Hui zeigen Porträts und Gruppen junger chinesischer Frauen, die mal streng im Kimono, mal in lasziver Freizügigkeit die Melancholie des sehnsüchtigen Wartens (auf wen oder was?) verströmen. Aufs interessanteste irritierend: Ein besonderes Bearbeitungsverfahren lässt die Fotografien wie Gemälde wirken, macht aus inszenierten Momenten zeitlose Metaphern. Überhaupt täuscht bei der chinesischen Künstlerin der erste Blick fast immer. Was in der nächsten Abteilung ausschaut wie eine Serie immergleicher rot eingefärbter Kinderporträts („Red Child“), entpuppt sich bei näherer Betrachtung als faszinierende Studie unterschiedlicher Individuen. Was man bei den jüngsten Arbeiten spontan für Verfremdungen von Kalligraphie-Mustern halten möchte, erweist sich als fotografischer und nachher am Computer überarbeiteter Vorstoß in die Nano-Welt: zu Riesenformaten vergrößerte Spezialaufnahmen der für Menschen eigentlich unsichtbaren Mikrostrukturen von Alltäglichkeiten wie Eierschalen oder Klebeband. Das Besondere, das Einmalige, das Individuelle und Störende in der Eintönigkeit des Großenganzen zu würdigen, kennzeichnet auch das Oeuvre von Herrn Xiaosong. Dick und immer dicker webt er mit Ölfarbe gewissermaßen Teppiche auf die Leinwände. Die bestehen aus meist monochromen Mustern, die sich bei genauerem Hinschauen aus Hunderten winziger, scheinbar ähnlicher und doch ganz verschiedenartiger Elemente zusammensetzen. Die Fantasie gaukelt wuselnde Insekten oder Heerscharen winziger Menschlein vor. Drei Schritte zurückgetreten, entdeckt man in den räumlichen Reliefs partielle Verdichtungen, schattenhaft größere Strukturen, farbliche oder strukturelle „Störungen“, Verletzungen gar. In diesem Bild scheinen unter oder inmitten der uniformen Fläche andere Kräfte zu wirken. In jenem Bild durchbrechen sie die (vor-)herrschenden Farbschichten, reißen Wunden, bisweilen Löcher selbst in Leinwand. Nicht erst die programmatischen Bildtitel lassen einen diese Kunst letztlich auch als politische Stellungnahme zum Zustand der chinesischen Gesellschaft verstehen: „Die Post-Mao-Periode“, „Geist der Leere“, „Zornige Ameisen“.... Andreas Pecht Bis 27. Januar 2013. Infos: >>www.ludwigmuseum.org *** „Introspection“: Begleitbuch zur Ausstellung als opulent bebilderter Doppelband im Schuber, herausgegeben von Museumsdirektorin Beate Reifenscheid, erschienen im Verlag Hirmer, 472 Seiten, 39,90 Euro. (Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website im Dezember 2012) --------------------------------------------------------- ∇ Wer oder was ist www.pecht.info? --------------------------------------------------------- |
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