Thema Kultur / Altertümer
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2012-12-27a Serie Welterbeanträge Rheinland-Pfalz:


Die drei „rheinischen Kaiserdome“
als Gesamtensemble

Teil 2: Welterbestatus des Speyerer Doms soll auf Mainz und Worms ausgedehnt werden


ape. Rheinland-Pfalz. Irritationen liegen in der Natur dieser Sache. Die Idee der rheinland-pfälzischen Landesregierung, den Welterbestatus des Speyerer Doms auf die Dome Mainz und Worms auszuweiten, löst unterschiedliche Echos aus. In Speyer hält sich die Begeisterung in Grenzen; schließlich ginge dort ein gewichtiges Alleinstellungsmerkmal verloren, sollte die Unesco dem entsprechenden Antrag zustimmen. Mit Freude nehmen Mainz und Worms den Vorstoß auf.
 


Foto: Stefan Sämmer

An allen drei Orten findet man allerdings Unsicherheiten, die Dome nicht länger als je eigenes lokales Pfund zu begreifen, sondern fortan als zusammengehöriges Regionalensemble. Diese Schwierigkeit ist vom Mittelrhein bekannt, wo mancher Anlieger sich schwer tat mit den Herausforderungen durch den 2002 verliehenen Welterbetitel für das gesamte Rheintal von Bingen bis Koblenz. Über Generationen hatte, sprichwörtlich, stets der eigene Kirchturm Vorfahrt. Plötzlich fand man sich mit anderen unter einer Dachmarke vereint und sollte an einem Strang ziehen.

Vor diesem Problem stehen jetzt Mainz, Worms und Speyer. Selbstredend ist jeder der Dome schon für sich ein bedeutendes Bauwerk. Im Hinblick auf den Antrag, ihnen als Trias einen gemeinsamen Welterbetitel zu verleihen, wird nun aber die Frage entscheidend, was die drei verbindet. Antworten finden sich unter geografischen, politisch-historischen sowie kunstgeschichtlichen Gesichtspunkten.

Von Mainz nach Speyer sind es 95 Kilometer, auf halbem Weg liegt Worms. Ein Blick auf die Deutschlandkarte macht deutlich: Es handelt sich da um einen regionalen Kleinraum, in dem sich  mit den drei nahezu zeitgleich begründeten Domen monumentale romanische Sakralbauten ballen wie sonst nirgends. Warum ist das so? Diese Frage führt von der Geografie zur Geschichte, tief ins Mittelalter zum römisch-deutschen Kaisertum des 11., 12. und folgender Jahrhunderte.

Mainz war Sitz des Reichserzkanzlers. Auch wenn in Aachen und Frankfurt mehr Kaiser gekrönt wurden, so fielen doch oft in Mainz vorab die politischen Entscheidungen zur Thron-Besetzung. Repräsentative Bauwerke waren stets Symbole der Macht oder des Machtanspruchs. Das gilt für Burgen und Schlösser wie für Großkirchen, heute selbst für profane Glaspaläste. In diesem Sinne kann auch der unter Erzbischof Willigis anno 1009 abgeschlossene erste Neubau des Mainzer Doms verstanden werden.

In diesem Sinne begann Konrad II., der erste Salier-Kaiser, 1030 im damals dörflichen Speyer mit dem Bau einer Kirche, die er zum „größten Gotteshaus der Christenheit“ machen wollte. Dazu hat es zwar nicht gereicht, aber der Dom ist doch ein Gigant geworden sowie Grablege der Salier-Dynastie. Nebenan im aufstrebenden Worms begann 1025 der ehrgeizige Bischof Burchard mit dem Bau eines ersten Doms. Von dem ist wenig geblieben, das heute existierende Bauwerk geht auf den ab 1120 errichteten Dom zurück. Der spielte in den folgenden Jahrhunderten als Austragungsort zahlreicher Reichstage eine große Rolle für die Geschichte Europas.

Die kleinräumige Ballung der drei „rheinischen Kaiserdome“ zeugt von der enormen Bedeutung der pfälzisch-rheinhessischen Region als einem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des „Heiligen Römischen Reiches“. Eines Zentrums freilich, in dem diverse Interessen miteinander konkurrierten. Dieser Umstand findet in den Domen selbst baulichen und künstlerischen Niederschlag. Über Generationen erfolgten an den so nahe beieinander liegenden Orten zeitgleich oder in enger Abfolge Neu-, Um- und Ausbauten der drei Gotteshäuser. Daraus erwuchs ein Wettbewerb mit mancherlei Wechselwirkungen hinsichtlich Architektur, bautechnischer Innovationen und kunstvoller Ausstattung.

Diesen Wettbewerb kann man bisweilen heute noch spüren, wenn Lokalpatriotismus unterschwellig insistiert:  Welche Stadt darf den schönsten und wichtigsten Dom in Rheinland-Pfalz ihr Eigen nennen? Dabei ist der wohl größte Schatz, dass jeder der drei Dome andere wichtige Ausprägungen romanischer Baukunst aufweist – und dass von der Trias insgesamt maßgebliche Impulse für die Entwicklung dieser Kunst ausgingen. Mehr noch: Als Ensemble vertreten die Nachbar-Dome die Vielgestaltigkeit einer rund 1000-jährigen Geschichte christlichen Sakralbaus in Mitteleuropa.                                                            Andreas Pecht


Der letzte Serienteile 4 (Sayner Hütte) folgt in den nächsten Tagen.

∇ Serie Teil 3: Das alte jüdische Zentrum am Rhein, die SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz

                                         ***

Serie Teil 1: Drei rheinland-pfälzische Anträge auf Unesco-Welterbetitel. Überblick und Einschätzung


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
Woche 52 im Dezember 2012)


---------------------------------------------------------
Wer oder was ist www.pecht.info?
---------------------------------------------------------

Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken