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2013-01-27a Feature:

40 Jahre städtische Musikschule Koblenz

Seit 1973 im Dienste der musikalischen Erziehung –
60 Lehrer unterrichten 2600 Schüler



ape. Koblenz. Ein Wochentag im Januar 2013. 10 Uhr vormittags. Ortstermin in der Koblenzer Hoevelstraße 6. Dort ist auf dem Areal einer vormaligen Bundeswehrkaserne neben der örtlichen Volkshochschule (VHS) und dem Kommunalen Studieninstitut (KSI) auch die städtische Musikschule angesiedelt. Um letztere geht es beim Treffen mit Hans-Peter Lörsch. Denn die verwaltungstechnisch als „Amt 44“ geführte Musikschule, der er seit 1998 als Leiter vorsteht, kann heuer einen runden Geburtstag feiern: ihren 40.



Foto: Musikschule Koblenz

Draußen vor dem Eingang tut sich der Besucher schwer, die Gebäude mit Vorstellungen von einer Kaserne zu verbinden, in der noch im ausgehenden 20. Jahrhundert Panzerkompagnien stationiert waren. Man muss schon genau hinschauen, um in dem nach schmucker Sachlichkeit modernisierten und um einen Neubau erweiterten Komplex militärbauliche Ursprünge auszumachen. Drinnen wird das noch schwerer. Denn da landest du zuerst in einer hübschen Cafeteria, von der kurze Wege zu VHS, KSI und Musikschule abzweigen.


Anno 2000 hat die Musikschule dieses „Konversionsobjekt“ in Koblenz-Rauental als neues Stammhaus bezogen. Zuvor war sie, erzählt Lörsch, „25 Jahre lang in einem Häuschen in der Casinostraße untergebracht“. Verglichen mit den jetzt 20 Unterrichtsräumen nebst kleinem Konzertsaal in der Hoevelstraße ging es da arg beengt zu. Zumal in den letzten Jahren vor dem Umzug, während der die Schülerzahlen von 1000 auf mehr als 2000 anwuchsen. Heute, 40 Jahre nach Arbeitsaufnahme im Mai 1973 unter Leitung des Pianisten Rudolf Kiefer, sind es 2600 Schüler. Unterrichtet werden sie im Stammhaus und in rund zwei Dutzend über ganz Koblenz verteilten Örtlichkeiten von 60 Musiklehrern, die sich 27 Planstellen teilen.


Um 10 Uhr früh ist es noch ruhig in der Musikschule. Später erst werden kindliche, jugendliche, auch erwachsene Schüler quirliges Leben mitbringen. Zuvor führt Lörsch uns durch die stille Schule. Hier eine Cello-Klasse mit Spezialhockern, die auf jede Körpergröße einstellbar sind. Da ein Raum, in dem mehrere Harfen unterschiedlicher Bauart stehen. Dort ein reich bestücktes Klavierzimmer. Die Koblenzer Musikschule unterrichte „(fast) alle Instrumente“ heißt es in deren Publikationen. Was der Schulleiter im Gespräch bestätigt – und darauf verweist, dass zum klassischen Instrumentarium der Tasten-, Streicher-, Zupfer-, Bläser-, Schlagwerk- und Gesangsfamilien eben auch jüngere Ableger kommen: etwa E-Gitarre, E-Piano und Keyboard, Jazz- oder Musicalgesang. „Nur bei Anfrage nach Mundharmonika oder Zitter passen wir.“


Entsprechend breit gefächert sind die zusätzlichen Ensembleangebote. Das Spektrum reicht vom Kammerensemble bis zum Sinfonieorchester, von der Blockflötengruppe übers Saxophonquartett bis zum Blasorchester, es schließt Chorsingen, Kindertanz- und Musiktheater ein, erstreckt sich auf Klassik wie auf Jazz und Rock/Pop. Mit einem Angebot musikalischer Früherziehung bereits im Gründungsjahr 1973 gehörte die Schule zu den Vorreitern elementarer Musikpraxis für Kinder. Wir kommen in einen Unterrichtsraum, der dominiert wird von einer großen weichen Fußbodenmatte. Hierher kommen die Kleinsten ab dem fünften Lebensmonat mitsamt ihren Müttern (oder Vätern) zum „Baby Babble“.


Lörsch erklärt den Ansatz: „Hier wird unter anderem eine Praxis elterlichen Umgangs mit dem Nachwuchs reaktiviert, die aus der Gegenwart leider vielfach verschwunden ist: das Singen. Ein beträchtlicher Teil der jungen Eltern kennt gar keine Kinderlieder, hat seit Grundschultagen nicht mehr oder noch nie gesungen.“ In diese Lücke stößt das „Baby Babble“ – und die Nachfrage danach wächst ebenso erfreulich wie die nach den Folgeangeboten für unterschiedliche Altersklassen: Musikgarten, Früherziehung, Orff-, Sing- und Spielkreis.


Wie die Nachfrage am unteren Ende der Altersschichtung wächst so auch am oberen, bei den Generationen 50plus. Schon heute seien, so Lörsch, 10 Prozent der „Schüler“ Erwachsene, besonders aber nehme das Musizier-Interesse bei den Senioren zu. „Diese Aufgabe wird künftig ein immer größeres Gewicht bekommen.“ Wie auch das Zugehen auf Schüler mit Migrationshintergrund. Schließlich bietet kaum ein Medium so gute Verständigungs- und Integrationsmöglichkeiten wie die internationale Sprache der Musik.


Geld regiert die Welt – und auch die Musikschule Koblenz ist nicht frei von Finanzsorgen. Wenn wir Lörsch richtig verstehen, kommen 50 Prozent des Schulbudgets von der Stadt. Auf Zuwächse dürfte kaum zu hoffen sein angesichts des Koblenzer Schuldenberges. Die andere Hälfte muss die Institution selbst einspielen respektive beschaffen. Dabei ist der in den 1980ern gegründete Freundeskreis der Schule eine große Hilfe, ebenso die Gertrud Bienko-Stiftung. Und immer wieder unterstützen auch Einzelspender die Schule mit Geld oder Instrumenten. Mancher der bemerkenswert zahlreichen Flügel im Haus ist eine Naturaliengabe ortsansässiger Musikfreunde.


Der studierte Pianist und Musikpädagoge Hans-Peter Lörsch kam 1979 als Praktikant zur Koblenzer Musikschule. Und da ist er geblieben: ab 1981 als Klavierlehrer; ab 1993 als stellvertretender Schulleiter; seit 1998 in der Nachfolge Kiefers, Uwe Baurs und Hans-Joachim Strauchs als Leiter. Der jetzt 61-Jährige weiß, dass er mit einer Steigerung der städtischen Subvention nicht rechnen darf. Vor diesem Hintergrund bezeichnet er es als eine seiner wichtigsten Aufgaben, „den Bestand zu wahren“ – wozu auch die Erschließung neuer Finanzierungswege zählt.


Deshalb gab es für ihn in den letzten Jahren auch kein Zögern, die städtische Musikschule als fachspezifischen Partner der übrigen Schulen, nicht zuletzt der neuen Ganztagschulen zu etablieren. Heute sind Kräfte aus seinem Kollegium bereits mit 36 Wochenstunden an neun anderen Koblenzer Schulen vertreten, arbeiten im „Teamteaching“ mit dortigen Lehrern zusammen oder führen Projekte vom Chorsingen über Gitarrenkurse bis zum „Trashdrumming“ a la Stomp durch.


Im 40. Jahr sieht sich die Musikschule Koblenz mit neuen Herausforderungen konfrontiert, macht dabei aber den Eindruck, als könne sie ihre angestammte Aufgabe weiter erfüllen: Durch musikalisch-kulturelle Grundversorgung und Bildung zur gedeihlichen Entwicklung eines humanen Gemeinwesens beizutragen.                                                        Andreas Pecht


Info: >>www.musikschulekoblenz.de




(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
5. Woche im Januar 2013)


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