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2013-03-09 Feature / Interview:

 

Wiederbegegnung mit Albrecht Mayer


Der berühmte Oboist wird am 9. Juni in Koblenz spielen und die Rheinische Philharmonie dirigieren


ape. Koblenz.
 
  Heute gehört der Mittvierziger zu den weltweit bekanntesten Vertretern seines Faches: der Oboist Albrecht Mayer. Es heißt, der in Bamberg aufgewachsene Musiker sei ein Arbeitstier. Sieben Auftritte pro Woche seien bei ihm durchaus keine Seltenheit, Proben und Studioaufenthalte zuzüglich. Die ihm persönlich begegneten, erzählen dennoch, dass der Mann Freundlichkeit und Ruhe ausstrahle, weder Divenhaftigkeit noch Starallüren erkennen ließe. Und die ihn spielen hörten – etwa vergangenes Jahr bei zwei Sonderkonzerten im Theater Koblenz –, schwärmen noch lange vom „wunderbaren Singen seines Spiels“, von der „Unangestrengtheit, Leichtigkeit, Feinheit seines Tons“. Umso erfreulicher ist es, dass der Oboist im Folgejahr 2013 gleich noch einmal nach Koblenz kommt: zum in dieser Saison letzten Orchesterkonzert im Görreshaus am 9. Juni.


Foto: Stephan Boehme

Das von Mayer für diesen Nachmittag zusammengestellte Konzertprogramm beinhaltet Werke, die entstehungsgeschichtlich keine 100 Jahre auseinander liegen, aber doch einen Bogen spannen über drei Musikepochen. Johann Sebastian Bachs Sinfonia zur Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Grabe“ für Oboe, Streicher und Basso continuo spricht dabei für das Barock. Mit Joseph Haydns C-Dur-Konzert für Oboe und Orchester geht es in die Wiener Klassik. Schließlich geben zwei Stücke von Franz Schubert dem Nachmittag quasi einen frühromantischen-Rahmen: zum Anfang die Ouvertüre D-Dur im italienischen Stil, zum Konzertende Schuberts Sinfonie Nr. 3.

Die Musikwelt kennt Albrecht Mayer vor allem in seiner Funktion als Solooboist der Berliner Philharmoniker, als herausragenden Gastsolisten vieler hochkarätiger Orchester sowie als innovativen Kammeroboisten meist an der Seite seines pianistischen Partners Markus Becker oder in Projekten etwa mit Nigel Kennedy, Helene Grimaud und anderen Größen. Das Koblenzer Publikum kann ihn im Görreshaus zudem in der Rolle des Dirigenten erleben. Die ist ihm nicht ganz neu, nimmt in seiner Arbeit bislang aber eine quantitativ eher nachgeordnete Position ein. Für Daniel Raiskin ist Mayer damit aber auch ein Wunschkandidat für seine interessante Linie, bei den Görreshauskonzerten immer wieder namhafte Solisten zugleich als Dirigenten wirken zu lassen.

Als Raiskin ihn nach den beiden Koblenzer Sonderkonzerten im Februar 2012 dazu einlud, sagte der Oboist umstandslos zu. Wie das kam? Der Chefdirigent der Rheinischen Philharmonie erinnert sich, wie angenehm Albrecht Mayer seinen Aufenthalt in Koblenz empfunden hatte: „Er war überrascht und sehr angetan von der Qualität des Orchesters und der ausgezeichneten Zusammenarbeit. Wir haben da zum ersten Mal miteinander gespielt, und ja: Wir haben einander entdeckt.“

So haben es das Koblenzer Publikum und auch die örtliche Kritik erlebt, die damals nach dem zweiten Sonderkonzert der Realisation von Mozarts Oboenkonzert entzückt attestierte: „Dieser feine, elegante und unglaublich saubere Ton entfaltet seine Wirksamkeit sofort im ersten Satz des Konzerts. Nicht nur, dass die transparente Orchestrierung dem Soloinstrument allen Raum gibt: Chefdirigent Daniel Raiskin lässt sich und die Philharmonie vom Mayer zu einem solche schwerelosen Musizieren inspirieren, dass die Oboe ohne jede Anstrengung, ohne jedes Forcieren glänzen, sich in Trillern, Sprüngen, Arabesken drehen und wenden kann.“

Dabei fand das Auditorium im Theater der Rhein-Mosel-Stadt bestätigt, was über Mayer und sein Spiel immer wieder geschrieben wird: Virtuosität werde bei ihm nie zum zirzensischen Akt. Der mit zehn Jahren durch väterlichen Beschluss auf die Oboe verpflichtete, 25-jährig bei den Bamberger Symphonikern als Solooboist eingestiegene und schon eineinhalb Jahre später in gleicher Funktion zu den Berliner Philharmonikern aufgestiegene Musiker erklärte sein Selbstverständnis im Gespräch mit der Zeitschrift „Cicero“ unlängst so: „Ich übe immer, das Ego wegzuschieben. Aus dem Nichts kommend den Ton entwickeln und wieder ins Nichts gehen.“ Mayer habe verstanden, heißt es in jenem Artikel, dass es der Ehrgeiz, das zu starke Wollen ist, was verhärtet und gefährdet.

Da ist altchinesische Philosophie augenscheinlich nicht nur in Lebenshaltung umgesetzt, sondern auch musikalische Haltung, ja geradezu Spieltechnik geworden. Sehnsucht und Demut seien die Losungsworte zu Mayers Geheimnis, resümiert „Cicerco“-Autorin Eva Gesine Baur. „Sehnsucht hält die Seele in Bewegung, Demut hindert sie daran, im Stolz über das Erreichte zu erstarren.“ In diesem Sinne dürfen sich Musikfreunde und Orchester in Koblenz auf die Wiederbegegnung mit einem in seiner Bescheidenheit ebenso klugen wie großartigen Musiker freuen.                                                                                                                      Andreas Pecht

                                              ***

Kurzinterview: Vier Fragen an Albrecht Mayer

„Es macht einen Riesenspaß“


Frage: Herr Mayer, dem Publikum sind Sie vor allem als Solo-Oboist ein Begriff. Nun greifen Sie in jüngerer Zeit häufiger zum Dirigierstab, so auch wieder am 9. Juni beim Görreshauskonzert mit der Rheinischen Philharmonie in Koblenz. Was reizt den Instrumentalisten Mayer am Dirigierfach?

Mayer: Ich dirigiere ja schon seit über zehn Jahren, habe alle meine Aufnahmen selbst dirigiert.  Seit sieben Jahren mache ich auch richtig großes Repertoire mit Sinfonien etc. Wenn man viele Jahre als Orchestermusiker, zumal als Solooboist, die unterschiedlichsten Dirigenten erlebt, ihre Interpretationen verfolgt hat, wird der Reiz immer stärker, es selbst zu tun. Ich studiere nun schon seit etwa 15 Jahren das Dirigieren. Inzwischen habe ich größere Verpflichtungen als Dirigent, auch im Ausland. Und ich muss sagen, es macht einen Riesenspaß. Gerade das sogenannte Play-Conduct – also ich spiele beim Konzert, dirigiere aber auch –, das empfinde ich als spannendes Extra.   

Frage: Beim Konzert im Juni werden sie gleichermaßen als Dirigent und als Solist fungieren. Daniel Raiskin verfolgt dieses Konzept – der Solist übernimmt auch die Leitung des Konzerts – mit wechselnden Gästen schon seit einigen Jahren. Ist die Doppelfunktion für Sie eine besondere Herausforderung?

Mayer: Beim mir ist das inzwischen eingespielt. Aber man darf nicht vergessen: Diese Doppelfunktion ist auch eine enorme physische Belastung. Wer das nicht gewohnt ist, dem gehen in der zweiten Konzerthälfte schlicht die Kräfte aus. Das ist doch viel schwieriger, als der Laie sich vorstellt.

Frage: Vergangene Spielzeit haben Sie erstmals mit der Rheinischen Philharmonie gespielt und im Theater Koblenz zwei sehr erfolgreiche Konzerte gegeben. Gleich in der folgenden Spielzeit kommen sie jetzt wieder nach Koblenz. Hat da was „gefunkt“ zwischen Ihnen, der Rheinischen Philharmonie und dem Koblenzer Publikum?

Mayer:  In Spay lebt ein guter Freund von mir, Peter Dicke, großartiger Musiker und toller Typ. Ich war also schon häufiger in ihrer Gegend und finde die Menschen da sehr angenehm. Und ich darf  sagen: Es hat mir im vergangenen Jahr tatsächlich viel Freude gemacht, mit dem Koblenzer Orchester zu arbeiten.

Frage: Herr Mayer, Sie haben für das Konzert am 9. Juni ein Programm zusammengestellt, das einen Bogen spannt vom Barock (J.S. Bach) über die Wiener Klassik (Joseph Haydn) bis zur Frühromantik (Franz Schubert). Welcher Gedanke steckt hinter der Werkauswahl?

Mayer: Es gibt ja viel mehr Verbindungen als Trennendes zwischen der sogenannten Wiener Klassik und dem Hochbarock. Im Haydn ist fast mehr Barock drin, als das, was wir als Klassik hören. Jedes Fugato, jedes Menuett,  jedes Scherzo ist eigentlich eins zu eins aus der Bach-Zeit. Bei Schuberts 3. Sinfonie ganz ähnlich. Und das eben will ich zeigen, dass die Stile sich oft viel näher stehen, als der normale Hörer gemeinhin annimmt.

Die Fragen stellte Andreas Pecht  (Februar 2013)



(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
Woche 10 im März 2013)


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