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2013-06-13 Ballettkritik:

Tänzer des ballettmainz kreieren interessante Arbeiten

Choreografischer Nachwuchs hat Ideen

 
ape. Mainz. Wie unlängst das Theater Koblenz, so geben nun das Staatstheater in Mainz und kommende Woche das in Wiesbaden Tänzern ihrer Ballettcompagnien Gelegenheit, sich im choreografischen Fach zu versuchen. Hinter dem Eisernen Vorhang des Mainzer Großen Hauses hatten jetzt sechs sehr unterschiedliche, doch reihum interessante Arbeiten von aufstrebenden Choreografen  Premiere.

 
Marco Blázques ist mit gleich zwei versierten Kreationen vertreten. Sein „Drift in Drain“ eröffnet den  Abend mit dem Reflex auf eine durch Mannsgewalt gebrochene und auf zwei Tänzerinnen gesplittete Frauenseele. „A Fading Found“ beschließt die zweistündige Premiere mit Kindheitserinnerungen, die Elemente aus drei Märchen zu einer Tanzkollage verwebt. Wie die Mehrzahl seiner Kollegen erkennbar dem Stil des Mainzer Ballettchefs Pascal Touzeau verbunden, baut Blázquez stark auf erzählerische Metaphorik, ohne allerdings die Grenze zum Handlungsballett zu überschreiten.

Als kleine Sensation darf für einen solchen Jungtalentabend „Unzerbrechlich“ von Veronica Segovia Torres gelten. In einer ganz eigenen, originären und ausgereiften Bewegungssprache ertanzen Torres selbst und Anne Jung divergierende Persönlichkeitsaspekte einer Frau. Stärke und Angst, Selbstzweifel und Suche, Vergewisserung und Vergeblichkeit finden dabei zu faszinierender Form in vielfach gebrochenen Tanzfiguren und auch kunstvolle Hässlichkeit nicht scheuenden Körperbildern. Einziges „Problem“: Der im Programmheft behauptet Kampf zwischen starker und schwacher Persönlichkeit verliert sich im gleichwertigen Miteinander zweier überragend ausdrucksintensiven Tänzerinnen.

Im Gegensatz dazu wirkt Jordi Martins Choreografie „Multiverse“ wie eine kühl mathematische Anordnung auf der Spur von Konstruktiv-Großmeister William Forsythe: Tanzaktionen auf im Schlaglicht wechselnden Bodenquadraten, von Kameras aus unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen und zeitgleich auf Wandquadrate projiziert. In konzentrierter Strenge ordentlich gearbeitet, spielt Martin mit Möglichkeiten mehrdimensionaler Parallelität.

Eine in kleinen Bildern wirkmächtige Arbeit liefert Guillaume Hulot mit „Metropolis“, darin Motive des Triptychons „Großstadt“ von Otto Dix in Tanzausdruck umsetzend. Das reicht vom Wiedererkennen des Kriegsversehrten-Elends bis zu den Bar-Tänzen der Reichen. Das schließt den Zorn auf deren Gleichgültigkeit wie auf die menschzerschmetternde Sinnlosigkeit des Krieges ein.

Benjamin Durán steuert „zabranjeno“ (kroatisch: verboten) bei, ein Stück über Gefühlsentwicklungen und damit korrespondierende Suche nach tänzerischem Gefühlsausdruck. In teils sehr berührenden, teils aber auch etwas indifferent ausufernden Szenen durchtanzen drei Frauen und zwei Männer das Spannungsfeld zwischen Vereinzelung und Gemeinsamkeit, missverstandener Zuwendung, Trauer und Selbstbehauptung.

Alle fünf Jungchoreografen haben Potenzial und seien deshalb zu weiteren Versuchen ermutigt. In besonderem Maße aber gilt das für Veronica Segovia Torres – diesen kleingewachsenen Irrwisch einer großen Tänzerin mit eigensinnigem Gestaltungstalent.
                                                                                  Andreas Pecht

Infos: >>www.staatstheater-mainz.com


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 13. Juni 2013)


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