Thema Gesellschaft / Medien
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2013-09-20 Anmerkungen:

Die Mainzer Rhein-Zeitung wird eingestellt

 

Experiment nach 26 Jahren beendet
 
ape. Mainz/Koblenz. Die Gerüchteküche weiß schon ein paar Tage, was Christian Lindner, Chefredakteur der Rhein-Zeitung,  per Twitter gestern quasi offiziell machte und RZ-online heute bestätigt: Die Mainzer Rhein-Zeitung (MRZ), also die jüngste und südlichste Lokalausgabe der Rhein-Zeitung, wird zum Jahresende eingestellt. Dem Vernehmen nach hat sich der Koblenzer Mittelrhein Verlag 26 Jahre nach Gründung seiner Mainzer Ausgabe aus wirtschaftlichen Gründen zu diesem Schnitt entschlossen: die MRZ sei "beliebt, aber nicht rentabel" gewesen.
                                   

Ich erinnere noch gut, wie unter dem seinerzeitigen Chefredakteur Hans-Peter Sommer die Herausgabe der MRZ mit gewaltigem Aufwand monatelang im Geheimen vorbereitet und dann am 14. Oktober 1987 mit mächtigem Getöse ins Werk gesetzt wurde. Ein finanz- und personalintensiver Coup, der damals in der Medienszene für allerhand Wirbel sorgte. Denn immerhin war es das erste Mal, dass ein Regionalverlag die von den deutschen Verlegern nachkrieglich festgezurrte Ordnung der Regionalszeitungs-Gebiete aufbrach. In diesem Fall war es die das nördliche Rheinland-Pfalz vom Oberwesterwald über das Rhein-Mosel-Gebiet bis in den Nahe- und Glan-Raum dominierende Rhein-Zeitung, die mit einer neuen Lokalausgabe ins Stammgebiet der Mainzer Allgemeinen Zeitung (AZ) einbrach.

Trotz mannigfacher, für die späten 80er und frühen 90er teils auch sehr innovaten Bemühungen der MRZ-Kollegen, in der Landeshauptstadt als junge, frische, linksliberale Alternative neben der konservativ-traditionellen AZ zu reüssieren, blieb das Verhältnis im örtlichen Ansehen doch über all die Jahre eines zwischen erst Neuling, dann ewigem Benjamin einerseits und ehrwürdigem Platzhirsch andererseits. Es ging der Rhein-Zeitung mit ihrem nachgeborenen Süd-Ableger wie es jedem Verlag ergangen wäre, der versucht hätte, in deren rheinischem Stammgebiet um Koblenz Fuß zu fassen. Dass die MRZ von Anfang  an ihren überregionalen Mantel und Teile des Landespublizistik vom damals seinerseits konservativ-traditionellen Koblenzer Mutterblatt bezog, machte die Sache nicht einfacher.

Der anfängliche Verlagsplan, wonach die MRZ nach längstens zehn Jahren schwarze Zahlen schreiben sollte, wurde m.W. nie erfüllt.  Der Mainzer Ableger blieb nach Auflagenentwicklung und  Finanzergebnis ein stetes Sorgenkind. Dieses wurde dennoch 26 Jahre lang gepflegt - weil man in Koblenz der durchaus nachvollziehbaren Meinung war, dass die zeitweise größte rheinland-pfälzische Regional-Tageszeitung auch in der Landeshauptstadt vertreten sein müsse. Und der Presseszene dort hat die Präsenz eines routiniert-professionellen Regionalwettbewerbers gewiss nicht geschadet.

Von kommendem Jahr an also zurück auf den Status quo ante: Die Rhein-Zeitung zieht sich auf ihre nördlichen Stammregionen zurück, die AZ hat  Mainz und Umgebung wieder ganz für sich. Bis auf ein paar kleine Reibungsflächen im Grenzland um Bad Kreuznach ist jeder wieder Printmonopolist im eigenen Garten - nur wuchern dort zwischenzeitlich auch allerhand elektronische (Un)Kräuter, für die beide Verlage - wie alle andern auch - einen perspektisch effektiven Umgang erst noch finden müssen.

Und was wird nun aus den 16 Kollegen/innen, die zuletzt bei der MRZ Dienst tun? Laut SWR und Journalistenverband alle gekündigt. Bleibt zu hoffen, dass man anständig mit ihnen umgeht, sie ordentlich, ja großzügig abfindet und/oder sie in anderen Bereichen der journalistischen Welt zum Einsatz kommen lässt. Denn es sind darunter etliche hervorragende, gescheite, gestandene, erfahrene Journalisten, die sich von niemandem ein X für ein U vormachen lassen. Leute eben, wie sie gerade heute eigentlich gebraucht werden, ob im Print- oder Elektro-Journalismus.                                       Andreas Pecht      

---------------------------------------------------------
Wer oder was ist www.pecht.info?
---------------------------------------------------------

 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken