Thema Musik
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2013-10-05b Vorbericht:


Gespräch mit Daniel Raiskin über die Sinfoniekonzerte der Rheinischen 2013/14 beim Musik-Institut Koblenz

 
Eine Saison mit ganz großen Momenten


ape. Koblenz.   Am Ende der Spielzeit 2012/13 – die zugleich die erste in der „neuen“ Rhein-Mosel-Halle war –  hatte der Intendant des Musik-Instituts Koblenz für die Anrechtskonzerte resümiert: „Wir sind absolut zufrieden. Drei Konzerte total ausverkauft, sieben so gut wie. Das macht knapp 14 000 Konzertbesucher, die einige große Abende erlebten, nicht zuletzt dank der Rheinischen Philharmonie, die eine besonders starke Saison spielte.“

Dagegen kann Daniel Raiskin, mit dem wir gehört jetzt im Vorgriff auf die Folgespielzeit 2013/14 sprach, natürlich nichts einwenden. Er fügt erklärend hinzu: „Wir haben im Orchester eine stabile Basis geschaffen, die Musizieren auf einem hohen Grundniveau garantiert. Dieses Niveau wird nicht mehr unterschritten, dafür sorgt das Orchester inzwischen aus sich selbst heraus. Das ist sehr gut und Bedingung dafür, um zu jenen Spitzenleistungen vorzustoßen, wie sie von Publikum und Kritik gerade in der vergangenen Saison mehrfach attestiert wurden.“  Was die neue Rhein-Mosel-Halle als Stätte für große Orchesterkonzerte angeht, fasst er zufrieden zusammen: „Das ist ein sympathischer Spielort – nachdem nun auch die anfänglichen Geräuschprobleme mit der Lüftungsanlage zu fast 100 Prozent behoben sind.“

Also geht das Koblenzer Staatsorchester wohlgemut in die neue Saison der Anrechtsreihe beim Musik-Institut, wo es in acht der insgesamt zehn Konzerte zum Einsatz kommt. Zwei davon bestreitet es traditionell gemeinsam mit dem Chor des Instituts unter dem Dirigat von dessen Chorleiter. Für Jochen Schaaf sind die Konzerte mit Brittens „War Requiem“ am 22. November sowie am 4. April mit Beethovens „Meerestille und glückliche Fahrt“ und dem Oratorium „Christus am Ölberge“ zugleich sein Abschied von Koblenz.

Das erste Anrechtskonzert ist bei Erscheinen dieses Textes bereits vorbei (∇Konzertbesprechung hier). Bot im vergangenen Jahr der Auftaktabend sinfonische Klassik spanischer Herkunft, so begeisterten in diesem Jahr unter Leitung von Francesco La Vecchia die Rheinische und das Storioni Trio mit einem italienischen Programm. „Das Publikum mag diese südländische Musik als Abschied vom Sommer“, so Raiskin. „Und wenn mancher Besucher dabei auch noch Stücken begegnet, die er im Konzertsaal selten oder  noch nie gehört hat, ist das umso erfreulicher.“

Russischer Virtuosen-Abend für Solist und Orchester

Was bringen die nächsten Anrechtskonzerte mit dem Koblenzer Staatsorchester? Am 8. November ein gewichtiges russisches Programm. „Ich wollte für die Komponisten sehr persönliche und zugleich sehr dramatisch Werke miteinander verbinden“, so der Chefdirigent. Der Abend beginnt mit Tschaikowskis selten gespielter symphonischer Ballade „Der Wojewode“ nach einem Gedicht über eine tragische Liebesverwicklung. „Das nur 13-minütige Stück ist eine meiner Lieblingsminiaturen, und beinahe wäre es verloren gegangen“, erzählt Raiskin.  Denn Tschaikowski hatte die Partitur nach ungnädig aufgenommener Uraufführung ins Feuer geworfen. Später wurde das Stück aus den erhaltenen Stimmblättern rekonstruiert und von Arthur Nikisch wieder zum Klingen gebracht.

Auf Tschaikowski folgt das Violinkonzert Nr. 1 von Schostakowitsch. Raiskin: „Ein hochvirtuoses Werk, durchdrungen von einer Doppelbödigkeit, in der sich die Tragik des Menschen und Musikers als stiller Dissident oder innerer Emigrant unter dem Sowjetsystem spiegelt.“ Den Solopart spielt der russische Violinist Vadim Repin, dessen internationale Karriere 1985 als 14-jähriges „Wunderkind“ begann. Heute zählt Repin als technisch brillanter und ausdrucksstarker Geiger zur Weltspitze. Eigens auf Wunsch der Koblenzer Musiker sind Rachmaninows Symphonische Tänze op. 45 als Schluss ins Programm gesetzt worden: ein kniffliges Virtuosenstück für großes Orchester.

Ein Gigant: die 3. Sinfonie von Gustav Mahler

Am 13. Dezember dann ein Gigant: Gustav Mahlers 3. Sinfonie unter Leitung von Raiskin als Kooperationsprojekt zwischen Rheinischer Philharmonie Koblenz, Knaben- und Frauenchor der Domkantorei Mainz sowie dem Mainzer Staatsorchester (Solistin: Altistin Ewa Marciniec). „Ich wollte die Zusammenarbeit mit den Mainzer Kollegen unbedingt fortsetzen. Die hat sich nun schon bei etlichen Großprojekten – wie Mahlers 2. oder Schostakowitsch 4. – bewährt. Man kennt sich inzwischen, versteht sich, hat bei der gemeinsamen Arbeit ein musikalische Gespür füreinander entwickelt.“ Gute Voraussetzungen also, um ein Werk zu realisieren, von dem der Dirigent sagt: „Das ist ein eigenes Universum voller Natur, Philosophie, Menschlichkeit, auch Göttlichkeit. Mahlers Dritte zu spielen, gehört zu den ganz großen Glückserlebnissen, die man als Musiker haben kann. Es braucht dafür eine gereifte Beziehung zwischen Orchester und Dirigent; dieses Stück macht man nicht gleich am Anfang.“

Russisch-französische Begegnung
und Richard Strauss zum 150.


Das Konzert am 14. Februar 2014 weist eine auf den ersten Blick etwas irritierende Zusammenstellung aus: Werke von Ravel, Glasunow, Debussy, Strawinsky. Raiskin schmunzelt über diese Bemerkung: „Aber nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten werden sie feststellen: Der Abend wird von Igor Strawinsky her definiert. Er ist der jüngste unter den vier Zeitgenossen, wirkt am längsten ins 20. Jahrhundert hinein. Ravel und Debussy sind Franzosen, Glasunow ist Russe – und Strawinsky ist beides, Russe und Franzose, Amerikaner obendrein. Allesamt haben sie für Sergei Djagilews legendäres Ballets Russes komponiert.“ Daraus erwachsen bei diesem Konzert schöne Möglichkeiten, sich musikalische Unterschiede wie Parallelen zwischen russischem und französischem Stil am Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert bewusst zu machen.

Mehr noch: „Die ausgewählten Stücke aller vier sind von stark szenisch-dramatischem Charakter, mal märchenhaft, mal revueartig und burlesk. Die kann man quasi mit den Augen hören“, so Raiskin. Auf dem Programm stehen: Ravels Suite „Ma mère l'oye“, Glasunows Konzert für Saxophon und Streichorchester, Debussys Rhapsodie für Saxophon und Orchester (Solist: Bartek Dus) sowie Strawinskys „Petruschka“ in der 1947 revidierten Fassung.

Auf dem russisch-französischen Abend folgt am 7. März ein Anrechtskonzert mit rein deutschem Programm. Im Mittelpunkt Richard Strauss, dessen Geburtstag sich 2014 zum 150. Mal jährt. Zum Auftakt die Tragische Ouvertüre op. 81 von Brahms. Es folgt das Oboen-Konzert D-Dur von Strauss (Solist: Francois Leleux), „ein sehr klein gesetztes, wunderbar zärtliches und altersreifes Stück“ schwärmt Daniel Raiskin. Darauf das Intermezzo aus der Romantischen Suite op. 14 von Franz Schreker. Das Konzert beschließt ein weiteres Strauss-Werk: Suite aus der Oper Rosenkavalier. Dazu Raiskin: „Strauss, das sind natürlich die großen Tragödien um Salome und Electra. Aber Strauss ist eben auch der Rosenkavalier – und da stellt sich für uns die schöne Aufgabe: mit großem Orchester feine Beschwingtheit herausarbeiten.“

Anton Bruckners Durchbruch: die 7. Sinfonie

Im letzten Anrechtskonzert am 9. Mai will der Koblenzer Chefdirigent mit Anton Bruckners 7. Sinfonie „ein Zeichen setzen“. Bekanntermaßen dem Andenken Richard Wagners gewidmet, weist das Werk mit einer damals neuen sinfonischen Dramaturgie doch über den Herrn vom Grünen Hügel hinaus und begründete 1884/85 Bruckners Weltruhm. Raiskin zitiert seinen niederländischen Kollegen Bernard Haitink: „Diese Musik ist heilig, aber spielen sie sie nicht zu heilig, sonst geht die Beziehung zwischen Mensch und Gott verloren.“ Und Raiskin fügt ein Bild hinzu, das sein eigenes Verständnis von der Herausforderung durch die 7. Sinfonie beschreibt: „Es ist wie bei einer gotischen Kathedrale. Im Innern ein christliches Heiligtum, kann es nach außen auch ganz anders wirken: Wenn die gewaltigen Türme sich bis in die Wolken hinein recken, sieht man nicht mehr, ob ihre Spitzen ein Kreuz oder ein Fragezeichen tragen.“

Für diesen Abend verschmilzt das Koblenzer Staatsorchester mit dem Landesjugendorchester Rheinland-Pfalz zum opulenten Klangkörper. Zudem beschert das Konzert bei Beethovens 5. Klavierkonzert eine Wiederbegegnung mit dem Pianisten Herbert Schuch. Der hatte 2007 – damals noch als Geheimtip gehandelt – in der Pilgerkirche Vallendar an zwei Abenden mit allen fünf Klavierkonzerten von Beethoven an der Seite der Rheinischen Philharmonie für Staunen und allerhand Gänsehaut-Momente gesorgt.                                                                      Andreas Pecht                                            

Infos:
>>www.musik-institut-koblenz.de


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
Woche 40 im Oktober 2013)


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