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2013-10-31 Anmerkungen:

Eigentümlicher Vorstoß zur Reduzierung der rheinland-pfälzischen Wälder

 

Sind die Grünen von allen guten Geistern verlassen?

 
ape. Es gibt aktuell im rot-grün regierten Rheinland-Pfalz einen umweltpolitisch sehr seltsamen Vorgang, der seit gestern hohe Wellen schlägt: Ein Referentenentwurf aus dem grün besetzen Umweltministerium in Mainz will das Landesnaturschutzgesetz so ändern, dass die rheinland-pfälzische Waldfläche künftighin nicht mehr zunimmt. Sollte der Flächenverbrauch durch weitere Landschaftszersiedelung anhalten, hätte das zwangsläufig einen Schrumpfungsprozess der Wälder zur Folge.
 

Sind die in diesem Bundesland mitregierenden Grünen von allen guten Geistern verlassen? Das fragen sich jetzt nicht zuletzt  ökologisch nachhaltiger Umweltpolitk verbundene Zeitgenossen angesichts des Vorstoßes von Ulrike Höfkens Mainzer Ministerium. Das die Sache ganz so einfach nicht sein kann, lassen die Reaktionen darauf erahnen. Der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes  (NABU) findet den Vorstoß gut, Vertreter der Landwirtschaft ebenfalls; empört hingegen sind der Waldbesitzerverband und der Bund Deutscher Forstleute. Die sonst üblichen Frontverläufe sind in dieser Frage doch ziemlich durcheinander geraten.

Ziel der Ministeriuminitiative sei es, "das weitere Anwachsen des Waldes in waldreichen Gebieten des Landes zu vermeiden, da Aufforstungen oftmals zulasten ökologisch ebenfalls sehr wertvollen Grünlandes erfolgen", zitieren Trierischer Volksfreund und Rhein-Zeitung heute das Ministerium.

Kurzer Blick auf die in aller Schnelle greifbaren Fakten (Statistisches Landesamt RLP 2008; jüngere Daten liegen mir derzeit nicht vor:
RLP ist das waldreichste Bundesland der Republik; Waldanteil an der Landesfläche = 42 %; landwirtschaftlich genutzter Anteil an der Landesfläche = ca. 40 % (davon rund 56 % Äcker inkl. Rebflächen); besiedelter und als Verkehrsfläche genutzter Anteil = ca. 15 %.
Entwicklungstendenz von 1988 bis 2007: Zuwachs Anteil Waldfläche = + 4,0 %; Rückgang Anteil Agrarfläche = - 5,3 %; Zuwachs Anteil Siedlungs-/Verkehrsfläche = + 15,6 %. 

Die Zahlen erhellen: Der wachsende Flächenverbrauch durch Besiedlung und Verkehr ging in RLP nicht zulasten der Waldfläche, sondern der agrarisch genutzten Fläche (sowie, wahrscheinlich, von Brachen und freigewordenem Ex-Militärgrüngelände; entsprechend differenzierte Daten liegen mir nicht vor).

Bedeutet: Der Wald in RLP wurde vor Flächenverbrauchsdruck (Zersiedelung der Landschaft) durch neue Wohngebiete, Gewerbegebiete und Straßenausbau bis dato erfreulicherweise mit einigem Erfolg geschützt. Sei es, dass Waldgebiete nicht zur Bebauung freigegeben wurden, sei es, dass bebaute Waldflächen andernorts durch neue Aufforstungsflächen ausgeglichen wurden. Vor allem offenen Gründflächen - teils aber auch wertvollem Ackerland - widerfuhr das gegenteilige Schicksal: Sie sind in RLP primäres Opfer der Zersiedelung.

So zumindest das statistische Durchschnittsbild. Im Einzelfall  vor Ort kann die Sache freilich auch ganz anders aussehen und wirken. Denken wir nur an die unzähligen Straßen-, Bahn- und Stromtrassen, von denen die Waldflächen zusehends zerschnitten werden. Denken wir an die Bestückung vieler Wälder mit Windkraftanlagen oder ihre touristische Erschließung/Zurichtung, denken wir an die Reduktion stadtnaher Wälder in manchem Ballungsraum...

Übers ganze Land gesehen, erscheint der Vorstoß des grünen Ministeriums, dem  galoppierenden Schwund der offenen Grünflächen Einhalt zu gebieten, jedoch nicht abwegig. Er ist in der jetzt angedachten Art dennoch völlig falsch!
Warum? Weil er vom Regen in die Traufe führt, Teufel mit Belzebub austreiben will: Offene Grünflächen retten, indem einigermaßen nachhaltig bewirtschaftete Wälder geopfert werden.  Der eigentlichen Herausforderung aber weichen die Grünen aus: dem anhaltend wachsenden Flächenverbrauchsdruck durch Zersiedelung und Asphaltierung entgegenzuwirken, sowie der zunehmenden Zweckentfremdung von Ackerflächen durch den Anbau von Pflanzen zur Energieerzeugung (Raps und Mais) Einhalt zu gebieten.

Ist das politische Feigheit oder jene wohlfeil angepasste Form von vermeintlich pragmatischer Politik, die sich ein perspektivisches Handeln jenseits der Unterwerfung unters ökonomische Wachstumsdiktat schon gar nicht mehr vorstellen kann?  Dazu braucht's keine Grünen. Damit haben Christunionisten und  Sozialdemokraten viel mehr Erfahrung - wie in den nächsten Jahren der Großen Bundeskoalition wohl wieder zu erleben sein wird.                                                                              Andreas Pecht     


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