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2013-12-27a Feature:

„Partyyyy!!!“ und mehr im
Koblenzer Circus Maximus

Konzerte, Poetry, Disco und Diskussion: Ralf Prestenbachs Kulturclub wird 15 Jahre alt


ape. 15. Geburtstage gelten ja eher als „kleines“ Jubiläum. Anlass zu ordentlichem Feiern sind sie dennoch. Zumal im vorliegenden Fall der Jubilar „Circus Maximus“ und sein Devise „Brot und Spiele“ heißt. Weshalb betuliches Trübsalblasen schon von namens wegen unpassend wäre. Folglich widmet der 1999 in Koblenz aus der Taufe gehobene Musikclub nebst Café und Restaurant das letzte Wochenende in diesem Januar 2014 eben seinem Jubiläum.



Unter dem Motto „15 Jahre Circus Maximus“ werden an drei Abenden (23.1.-25.1.) drei ganz verschiedene Veranstaltungen geboten, die zugleich charakteristisch sind für den Circus: am Donnerstag der Poetry Slam „Reimstein“; am Freitag Live-Konzert mit Death of Youth, Bazooka Zirkus und Toxoplasma; am Samstag dann von 22 bis 6 Uhr früh „Partyyyyy!!!“ (wie es in der Hausmitteilung steht).

Da hätten wir also Wort, Konzert, Plattenteller-Tanzfete – und damit die wesentlichen Elemente, die das Kellerprogramm von Ralf Prestenbachs Laden an der Ecke Stegemannstraße/Victoriastraße ausmachen. Der Bezeichnung Keller wird dem heute 43-jährigen Gründer und Inhaber des Circus Maximus nicht so gefallen. Womit er recht hat, denn auf die Veranstaltungs-Location unter dem Circus-Restaurant passt Katakombe natürlich besser. Um 250 Leute tummeln sich mehrmals im Monat da unten. Und wenn es bei Konzert oder Party richtig abgeht, kann selbst den Kellerwänden der Schweiß ausbrechen.

Außer ein guter Grund zum Feiern, sind Jubiläen stets willkommener Anlass, ein bisschen zu resümieren. Was ist geblieben, was hat sich verändert während 15 Jahren? Als ich 2009 mit Ralf Prestenbach über das 10-Jährige sprach, freute er sich über die allmähliche Erweiterung der Altersstruktur seines Publikums nach oben. Sprich: Zur Stammklientel der 20- bis 25-jährigen Konzert- und Partybesucher gesellten sich damals zusehends auch etwas ältere Semester. Wir hatten seinerzeit philosophiert, ob auf Dauer nicht das Phänomen eintreten werde, dass das Circus-Publikum zusammen mit dem Circus und seinem Betreiber ergraut. Unserem jetzigen Gespräch ist zu entnehmen: Dem scheint nicht so zu sein. „Wir leben von den Jungen, die öfter Party machen wollen; ab 30 lässt das dann ja nach“, erklärt Prestenbach. Kurzum: Auch wenn einige Veranstaltungen speziell auf etwas älteres Publikum zugeschnitten sind, so besteht das Gros der Besucher bei vielen Katakomben-acts nach wie vor aus Twens. 

Was am Musikangebot liegt. Bei den Konzerten sind das etwa junge Bands aus der Region, denen der Circus Zeit seines Bestehens regelmäßig eine Bühne bietet. So treten beispielsweise am 6.1. beim „Music Live 3-Königssingen“ acht junge Bandprojekte aus Koblenz auf.  Am 10.1. geht im Circus eine Vorrunde des SPH-Bandcontest mit Regionalnachwuchs über die Bühne. Dazu kommen Clubacts von gerade in der jüngeren Generation angesagten nationalen oder internationalen Künstlern. Zuletzt waren das etwa Bloc Party, der Rapper Cro oder Kraftklub. Eine Besonderheit stellt heuer am 31. Januar der Auftritt von Anne Clark im Circus dar: Die musikalische Genregrenze überschreitende NewWaverin ist schon seit den 1980ern im Geschäft. Dass Prestenbach sie für ein Clubkonzert in Koblenz gewinnen konnte, ist ein Glücksfall.

„Wir spielen Musik, die nicht sowieso überall gespielt wird“, hatte Prestenbach zum 10-Jährigen erklärt. Als einstiger Punk-Sänger diverser Regionalbands hatte er in den Circus Maximus die Vorstellung von einem Club mitgebracht, dessen musikalischer Schwerpunkt nicht Mainstream-Pop, sondern Underground und Independent sein sollte. Und das auch für die diversen Discopartys. Weshalb im Circus-Keller meist zu speziellen Musikstilen geschwoft wurde wie Punk und Postpunk, Ska, Raggaeton, Gothic, Hiphop, Rap, Alternative oder Techno diverser Spielarten.

Wir rufen Ralf Prestenbach mit der Frage „ist das noch immer so?“ als Zeitzeuge für inzwischen womöglich veränderte Trends auf. Antwort: „Die Geschlossenheit der einzelnen Szenen, ihre Abgrenzung gegeneinander hat sich zuletzt deutlich abgeschwächt. Die jungen Leute heute mögen Partys lieber, auf denen diverse musikalische Stile gemixt werden.“ Entsprechend hat sich das Circus-Angebot verändert – etwa mit Discos, die sich auf Musikmischungen der 80er oder 90er oder 2000er kaprizieren respektive jüngste Stile von Dubstep über Indie bis Moombahton samplen.

Verglichen damit ist der monatliche Poetry Slam Reimstein fast eine Traditionsveranstaltung. Seit elf Jahren in Koblenz ausgetragen, die letzten neun davon im Circus Maximus, gehört Reimstein zu den ältesten Poetry Slams in Deutschland. Vor rund 200 Besuchern wird der zeitgenössisch-renitente Dichterwettstreit jeweils ausgetragen. „Poetry Slams sind underground und sollen underground bleiben“ meint Ralf Prestenbach, der seit vier Jahren auch als Slam-Moderator aktiv ist. Von Massen-Slams vor etlichen tausend Leuten hält er gar nichts.

Von der Slamerei ging für Prestenbach wohl auch der Impuls aus, selbst zu schreiben. Sein drittes Buch sieht gerade der Veröffentlichung entgegen. Es geht darin um die Verarbeitung seiner Jugenderfahrungen mit der katholischen Kirche. Das Vorgängerbuch heißt „Weck mich am Arsch! Ratgeber für Langschläfer“. Sein 2009 erschienener Erstling „go crazy“ versammelt in Text und Bild die verrücktesten Wettbewerbe Europas – von den englischen Meisterschaften im Schienbeintreten bis zum Hanseatenwettstreit im Wattwurmlocken. 

Sprache in Form von Literatur oder politischer Diskussion hat im Circus Maximus seit jeher und noch immer einen festen Platz. Regelmäßig laden Greenpeace oder die Jusos oben im Café zum aktuellen Disput, oder der Förderverein „Lesen und Buch“ der Stadtbibliothek zum Lese-Stammtisch. Regelmäßig gibt es auch das Montagskino im Keller „von Studenten für Studenten“ mit einem Überraschungsfilm meist der nicht ganz so banalen Art. Der jüngste Zugang zum Programmspektrum ist jeden zweiten Donnerstag eine Salsa-Party, angeheizt von den Eleven der über dem Circus eingezogenen Tanzschule Changa. Man sieht,  manches mag sich im Laufe von 15 Jahren im Koblenzer Circus Maximus verändert haben. Geblieben aber ist Ralf Prestenbachs schon 1999 geäußerter Anspruch: „Ich wünsche mir den Circus als eine Art kulturelles Zentrum.“                                    Andreas Pecht

Info: >>www.circus-maximus.org 



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