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2014-03-01c Musikwelt / Reihe "Nach Dienst":

 

Vom Orchesterbüro auf die Bühne

Bettina Bucksch arbeitet im Sekretariat der Rheinischen – Nach Dienst singt sie im Extrachor des Theaters


ape. Koblenz.  Die Artikelreihe „Nach Dienst“ ist den nicht immer alltäglichen Hobbys und Passionen von Mitgliedern der Rheinischen Philharmonie gewidmet. Zuletzt berichteten wir über die Motorrad-Leidenschaft von Flötist Wolfgang Jablonski. In diesem Heft gilt die Aufmerksamkeit mal nicht einem Musiker, sondern einer Mitarbeiterin des Orchesterbüros im Görreshaus. Dort arbeitet seit Juli 2012 Bettina Bucksch, die in ihrer Freizeit mit großem Engagement im Extrachor des Theaters Koblenz singt.                                     

Fester Händedruck. Offener, hellwacher, neugieriger Blick. Ein kleines Schmunzeln im freundlichen Gesicht. Und gleich eröffnet Bettina Bucksch unsere Begegnung mit der munteren Bemerkung: „Ich bin da, es kann losgehen.“ Wir suchen uns im Koblenzer Görreshaus eine ruhige Ecke, um über sie, ihr Leben, ihre Arbeit bei der Rheinischen Philharmonie und ihre Passion fürs Singen im Extrachor des Theaters Koblenz zu plaudern. Droben im Saal probt das Orchester am neuen Programm, ein Stockwerk tiefer macht die sympathische Frau kein eitles Gewese um ihr Alter. „Ich bin 36“, erklärt sie freimütig, „habe einen dreijährigen Sohn, Leonard, und bin 2009 der Liebe wegen nach Koblenz gekommen.“

Seit dem Sommer 2012 gehört die gebürtige Potsdamerin bei der Rheinischen Philharmonie zu jenem runden Dutzend Verwaltungs- und Unterstützungskräften, die ihre Arbeit von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet tun, ohne die aber an einen ordentlichen Orchesterbetrieb gar nicht zu denken wäre. Vom Hausmeister über Orchesterwarte, Sekretariat, Volontäre und Notenarchivar bis zu Orchesterinspektion und Verwaltungsdirektion: Sie alle zusammen bilden das organisatorische Rückgrat dafür, dass das Koblenzer Staatsorchester Musikfreunde nah und fern verlässlich mit anspruchvoller Klangkunst erfreuen kann.

„Sekretariat“ steht an der Tür zum Büro von Bettina Bucksch, das sie sich auf dem Verwaltungsflur des Görreshauses mit einer Kollegin teilt. Dort kümmert sie sich um Dienstpläne für Musiker und Orchester, organisiert Probevorspiele für neue Kandidaten oder Bussfahrten des Orchesters zu Auftritten auswärts. Der Kartenvorverkauf fällt ebenso in die Zuständigkeit dieses Sekretariats wie wechselweiser Kassendienst etwa bei Konzerten im Görreshaus. Noch manches mehr ist zu erledigen, das im Alltag eines solchen Musizierapparates anfällt für eine „Mitarbeiterin Orchesterbüro“, wie die Stelle offiziell genannt wird.

Wäre die Jugend der 36-Jährigen an dieser oder jener Stelle nur um eine Kleinigkeit anders verlaufen, es hätte vielleicht eine Berufsmusikerin aus ihr werden können. Denn aufgewachsen ist sie in einer musikalischen Familie. Der Vater spielte Geige, der Großvater ebenfalls, beide wirkten zugleich als Bläser in Blasorchestern ihrer ostdeutschen Heimat mit. Bettina selbst wurde als kleines Mädchen zuerst im Geigenspiel unterwiesen, obgleich sie viel lieber Klavier gespielt hätte. Doch an ein eigenes Piano zu kommen und dafür einen Ausbildungsplatz an einer Musikschule zu ergattern, war in der DDR schwierig. Weshalb sie beim Akkordeon landete und als 13-Jährige auf diesem Instrument einen Musikschulabschluss machte. Ein Jahr später gab's zur Jugendweihe dann doch noch ein Klavier und nachfolgend Unterricht dazu.

Dann kam mit der Wende die Umstrukturierung des gesamten Schulsystems in den neuen Bundesländern. Laufbahnplanungen mussten sich neu orientieren. Bettina Bucksch blieb der Musik treu, schaffte es in eine Musikklasse des Potsdamer Helmholtz-Gymnasiums, ging mit Musik-Leistungskurs ins Abitur.  Allerdings: Für eine pianistische Laufbahn war es da schon zu spät. Unumwunden räumt sie ein: „Das Talent hätte dafür wohl auch nicht gereicht und sechs bis acht Stunden täglich im Kämmerlein üben, das wäre sowieso nicht meine Sache.“

Also sattelte sie nach dem Gymnasium um, machte erst eine Ausbildung zur Reisekauffrau, studierte anschließend Tourismuswirtschaft, fuhr für ein Au-pair-Jahr in die USA, reiste viel – und fand schließlich in ihren ersten Job als Veranstaltungsleiterin in Goslar-Hahnenklee im schönen Harz. Dort brachte sie der Zufall 2009 mit einem jungen Polizisten aus Koblenz zusammen. Von da an ist alles Weitere Familiengeschichte am Rhein-Mosel-Eck, ab 2012 eben verknüpft mit dem beruflichen Engagement im Orchesterbüro der Rheinischen.

Bleibt die Frage: Wie ist Bettina Bucksch zu ihrem „schönsten und wichtigsten Hobby“ gekommen, der Mitwirkung im Extrachor des Theaters Koblenz? „Chorsingen hat mich fast das ganze Leben hindurch begleitet“ erklärt sie. Während der gesamten Schulzeit sang sie im Schulchor; 16 Jahre war sie alt, als sie zudem in den Extrachor am Potsdamer Hans-Otto-Theater einstieg. Nach Abwicklung von Chor und Orchester dort in der Nachwendezeit trat sie dem Oratorienchor Potsdam bei. Gute Adressen, bei denen sie ihre Alt-Stimme weiterbilden und angemessen einsetzen konnte. Kann man sie vor diesem Hintergrund eine semiprofessionelle Choristin nennen? Die so Gefragte schließt das nicht aus, mag aber doch lieber bescheiden von ihrem „Hobby“ sprechen.

Dann kamen Koblenz, Familiengründung, Mutterschaft – und alsbald das drängende Bedürfnis: „Ich brauch' unbedingt wieder einen Chor!“ 2011 stieß sie im Internet auf eine Ausschreibung, wonach der Koblenzer Extrachor Sänger suche. Bettina Bucksch trat zum Vorsingen an und bekam zu ihrer großen Freude sofort den Bescheid: „Du bist dabei.“ Ein- bis zweimal pro Woche geht sie nun „nach Dienst“ zur Chorprobe ins Theater. Hinzu kommen die szenischen Proben – die sich in der letzten Phase vor einer Premiere auch mal zu fast täglichem Einsatz verdichten können. Die Altistin aus dem Orchesterbüro hat am Singen mindestens ebenso viel Spaß wie am szenischen Spiel, „selbst wenn – wie im Lohengrin – Singen auf dem Bauch liegend schon eine rechte Herausforderung ist“. Gespannt sieht sie jetzt ihrem Choreinsatz beim Ballett „Stabat Mater“ im Theater (ab 12. April) sowie beim „Fußballkonzert“ der Rheinischen in der Rhein-Mosel-Halle (im Juni) entgegen.                                                                                             Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
9. Woche im Februar 2014)


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