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2014-03-01d Musikwelt/Gespräch:

 

„Die Festkapelle des Doktor Herodes“


Gespräch mit Enrico Delamboye über die Strauss-Oper „Salome“ am Theater Koblenz


ape. Koblenz.  Ortstermin zuhause bei Enrico Delamboye. Wir sind verabredet zu einem Gespräch über die Produktion der Oper „Salome“ von Richard Strauss am Theater Koblenz, bei der er die musikalische Leitung inne hat und Intendant Markus Dietze Regie führt. Wenn dieser Artikel erscheint, gehen die Proben dazu auch für die in großer Besetzung beteiligte Rheinische Philharmonie gerade in die letzte Phase. Premiere ist am 22. März, nachfolgend sind bislang elf weitere Vorstellungen angesetzt.                                         


Eröffnungsfrage an den 37-jährigen Musikdirektor des Theaters: Wie ist seine persönliche Stellung zu dem 1905 in Dresden uraufgeführten Musikdrama nach Oscar Wildes gleichnamigem Schauspiel? Die Antwort fällt enthusiastisch aus: „Das ist eine der tollsten Opern, die es gibt. Völlig verrückt. Die 100 Minuten sind wie ein Rausch. Natürlich ist die Story gruselig, aber durch das, was Strauss daraus gemacht hat, wird sie fast wieder salonfähig.“

Der Komponist selbst nannte seine Oper „ein Scherzo mit tödlichem Ausgang“. Scherzo? „Aber ja“, stimmt der Dirigent schmunzelnd zu. „Man schaue sich doch bloß mal diese völlig überdrehte Familie an“: Die Herodias eine arge Megäre; ihr Mann Herodes ein durchgeknallter, komplexbehafteter Typ, der seiner Stieftochter Salome nachstellt, die ihrerseits den Jochanaan begehrt und sich den Kopf des Widerstrebenden auf einem Tablett zum Kuss reichen lässt. Auch musikalisch gebe es mannigfache Stellen von scherzohaftem Charakter, erklärt Delamboye: „Es ist sehr viel Ironisches in dem Werk, auch sehr viel leichtfüßig Klingendes – aber eben mit dem negativen Text drüber.“

Ist für klassisch-romantisch geprägte Hörer die Musik mit ihren schrägen Klangschichtungen,  ihrer Bitonalität, ihren schier avantgardistischen Kadenzen streckenweise nicht doch ziemlich starker Tobak? „Ja schon; allerdings findet sich daneben immer wieder ganz anderes. Dem Propheten Jochanaan etwa ist eine beinahe übersüßliche, wunderbare tonale Musik zugeordnet. Die Musik der Salome-Figur hat meist lyrischen Charakter. All die Leute wie Nazarener und Cappadocier haben sehr edle Klänge bei sich, die dem Hörer wirklich angenehm im Ohr liegen. Natürlich vereint Herodias Quietscheffekte auf sich, aber das passt eben auch zu dieser Frau. Überhaupt sind bei Strauss die Charaktere der Figuren durch musikalische Stilelemente genau gezeichnet und gegeneinander abgegrenzt.“

Sprechen wir über das Orchester. Die stimmungsmächtige Partitur dieses wohl kühnsten Strauss-Werkes setzt auf die Möglichkeiten eines mit 106 Musikern besetzten Klangkörpers. Wie groß wird das Orchester bei der Koblenzer Produktion sein? Delamboye spricht schmunzelnd von der „Festkapelle des Doktor Herodes“, die ein „kleines Hundert“ umfassen werde. Also nicht ganz die Stärke, die der Komponist vorsah – aber doch die Kapazitäten des Staatsorchester Rheinische Philharmonie voll ausschöpfend und um etliche Gastmusiker erweitert.

Wo, bitteschön, sollen die im Koblenzer Theater plaziert werden, da der Orchestergraben für solch eine Besetzung allemal zu klein ist? Der Musikdirektor verrät nur so viel: „Wir sitzen hinten auf der Bühne, in die Szenerie einer großen, hohen, noblen Halle eingebaut. Die Spielfläche vor dem Orchester reicht auf dem hochgefahrenen Graben bis ganz an die Rampe.“

Was ist bei dieser Produktion die größte Herausforderung für das Orchester? Ein komplexer, teils heikler Notentext, der im Falle „Salome“ zwar nach der zeitlichen Ausdehnung nicht sonderlich opulent ausfalle, aber in seiner viellagigen Dichte und Kompaktheit außerordentlich sei. „Für uns ist die Salome eine Riesenaufgabe, und sicher auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Aber ich glaube, dass wir mit unserem Weg durch modernes Musiktheater und dann wieder klassisches Repertoire eine Entwicklung genommen haben, die eine gute Basis dafür geschaffen hat, uns an diesen 5000-Meter-Berg zu wagen. Das sind 100 Minuten intensivster Musik, die jedem im Orchester allerhand abverlangen.“                                                                                       Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
9. Woche im Februar 2014)


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