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2014-03-06 Anmerkungen:

 

Zur Ukraine-/Krimkrise

 
ape. Hinsichtlich der Ukraine-/Krim-Krise ist die Lage anhaltend unübersichtlich bis verworren, sowohl der Sache nach wie in der Berichterstattung der Westmedien. Eine angemessene Meinungsbildung, gar eine schlüssige Beurteilung des Gesamtkomplexes ist derzeit schier unmöglich. Vorerst traue  ich mir lediglich zu einigen Einzelaspekten eine Positionsbestimmung zu:                                     

1. Dass Russland die Krim de facto annektiert, ist verwerflich und auch nicht durch die unter 2. genannten Restriktionen gegen ethnische Russen in der Ukraine zu rechtfertigen.

2. Dass die Übergangsregierung in Kiew als eine ihrer ersten Maßnahmen das Russisch als Amts- und Schulsprache in den östlichen Distrikten des Landes verbieten will, ist ein Unding in einem multiethnischen Staat wie der Ukraine.

3. Geopolitisch gesehen, handelt es sich bei der Ukraine-Krise um einen jetzt zugespitzten Teilfaktor der seit 1989 anhaltenden Osterweiterung der Einflusssphäre von EU und NATO.

4. Die jüngste Verschärfung innerukrainischen Verwerfungen (Anschlusswunsch an EU vs. Orientierung am Ostnachbarn Russland) gehen zum Teil auf diese geopolitische Gemengelage zurück. Das Volk in der Ukraine sieht den von allen dringlich herbeigesehnten Ausweg aus Armut, Miss- und Vetternwirtschaft teils hier, teils da.

5. Westregierungen und -medien messen nach zweierlei Maß: Die Maidan-Revolution (immerhin gegen eine gewählte Regierung in Kiew) wird als gerechter Volksaufstand gefeiert, besorgte Äußerungen und prorussische Demonstrationen im Osten des Landes werden als von Moskau gesteuert abgetan.

6. Ängste, Wünsche, Hoffnungen diverser Bevölkerungsteile werden von außen gepuscht und gegeneinander in Stellung gebracht - nach dem alten Prinzip "Stellvertreterkrieg". Ziel: Der Westen will seine Einflusssphäre weiter ausdehnen, Russland den Zerfall der seinigen stoppen.

7. Vor diesem Hintergrund hat das aktuelle Krisenmanagment doppelbödigen Charakter angenommen: Einerseits steuern alle Beteiligten einen scharfen unsinnigen Konfrontationskurs; andererseits wird auf diversen Kanälen offenbar versucht, das Spiel mit dem Feuer einzudämmen.

8. Die in den Westmedien derzeit so beliebten Psychogramme über Putin sind dabei weder hilfreich noch erhellend. Ob der Mann ein Imponierprotz mit Minderwertigkeitskomplex ist oder nicht, spielt keine Rolle. Er ist nunmal der Repräsentant Russlands und personifiziert das Interesse seines Landes, geopolitisch nicht noch weiter marginalisiert zu werden.

9. Diesem Interesse (man mag es für berechtigt halten oder nicht, für historisch überholt oder nicht: es ist da) schenkte die westliche Erweiterungspolitik der vergangenen Jahre keinerlei Aufmerksamkeit. Weshalb es nur eine Frage Zeit war, bis der in die Enge getriebene russische Bär die Krallen ausfährt. Man stelle sich einfach den umgekehrten Fall vor: Wie etwa würden die USA reagieren, schlössen sich Jahr um Jahr mehr süd- und mittelamerikanische Staaten, am Ende gar Kanada einem von Russland oder China dominierten Staatenbund an?
(>>Hierzu ein interessanter Kommentar von Jakob Augstein auf spiegel-online)

10. Im Augenblick deutet vieles darauf hin, dass am Ende die Spaltung der Ukraine in zwei Staaten oder in einen Bundesstaat mit weitgehend selbständigen Landesteilen herauskommt. Wenn die beteiligten Parteien (innen wie außen) ein ernsthaftes Interesse an einer für alle Seiten vertretbaren und gedeihlichen Lösung des Konfliktes hätten, könnte daraus sogar eine historische Chance, womöglich ein positiver Modellfall erwachsen: eine so oder so strukturierte neutrale, multiethnische Ukraine als von Russland wie dem Westen goutiertes und unterstütztes Brückenland zwischen den Blöcken. Ein Traum, gewiss. Aber zugleich womöglich die pragmatischste aller denkbaren Lösungen.   

Andreas Pecht


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