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2014-05-12 Ballettbesprechung:

Festival "TanzArt ostwest" führte am Theater Koblenz neun Compagnien zusammen

Wunderbare Vielfalt heutiger Tanzkunst 

 
ape. Koblenz. Es ist eine schöne Praxis an den Theatern Koblenz und Gießen: Einmal pro Saison werden Tanzcompagnien aus etlichen anderen Städten eingeladen, um unter dem Titel „TanzArt Ostwest” Aspekte ihrer Arbeit vorzustellen. In der Rhein-Mosel-Stadt kamen heuer neun Formationen zusammen und falteten ein hochinteressantes Spektrum der Stile auf.
 

Wichtigster Gesamteindruck: Es tut sich was auch an den kleineren Theatern. Die Dominanz des klassisch-romantischen Balletts hat sich überlebt. Umjubelte Favoriten bei der Koblenzer Gala sind Beiträge, in denen statt manierierter Eleven selbstbwusste Tänzerpersönlichkeiten mit zeitgenössischen Ausdrucksformen agieren. Etwa jenes Paar vom Theater Würzburg, dem Can Arslan ein Pas de deux auf die fast nackten Leiber choreografiert hat, das Figuren von der gesamten Palette modernen Balletts zu einem kraftvollen und zugleich innigen Strömen verschlingt.

Ähnlich das Theater Regensburg. In seiner Uraufführung (!) ist es ein Paar, das mit der Spannung zwischen dem Wunsch nach Zusammensein und der Behauptung von Individualität ringt. Der weit ausschwingende, weich fließende Tanzstil erinnert nicht zufällig an Stephan Thoss, den  scheidenden Wiesbadener Ballettchef: Choreograf Yuki Mori war viele Jahre Tänzer bei Thoss.

Wie Würzburg und Regensburg, so bringen auch Gießen und Dortmund einen Frauentypus auf die Bühne, der nichts mehr gemein hat mit dem klassischen Ideal der zarten, schutzbedürftigen, ätherisch eleganten Ballerina. Im Dortmunder Solo „Blinde Träume” von Raimondo Rebeck, ebenfalls eine Uraufführung, sucht einer sehr starken Frau (Jaqueline Bâby) robbend, kriechend, dann auf beiden Beinen mal in Zeitlupe, mal mit Tempo Balance, Orientierung in Licht und Dunkel, vielgestaltigen Ausdruck unterschiedlicher Emotionen. Bei aller Kunstfertigkeit behält sie, typisch für das moderne Ballett, ein hohes Maß Natürlichkeit und emanzipierter Fraulichkeit.

Von aggressiver Stärke sind die beiden Girls in Tarek Assams Gießener Choreografie. Viel hat der Mann in diesem Trio dem aus Streetdance- und Kickboxing-Elementen entwickelten Frauenausdruck nicht entgegenzusetzen. Er wird über eine neue Rolle im Geschlechterspiel nachdenken müssen. Wie es in einem von Silvana Schröder fürs Staatsballett Gera choreografierten Solo geschieht. Genauer: Tänzer Hudson Oliviera befragt mit einem Wechselspiel zwischen wirbelnder Erprobung von Posen und zweifelndem Innehalten erstmal die eigene Existenz. Ein Männerduo der Kölner Truppe subsTANZ ist da schon weiter: Jeder ist sich seiner selbst gewiss; Massimo Gerardis Choreografie gilt mit einem Fluss aus Spiegelbild-Tanz, Annäherung und Abstoßung Problemen des Miteinanders.

Konventioneller fallen die Momentaufnahmen rheinland-pfälzischer Theater aus. Kaiserslautern ist mit einem langatmigen traditionellen Pas de deux von Stefano Gianetti vertreten. Trier bestätigt mit einem folkloristisch eingefärbten Ausschnitt aus der tanztheatralischen Verarbeitung des Lorca-Dramas „Bluthochzeit”: Compagniechef Sven Grützmacher neigt zum  Musicaltanz.

Gastgeber Koblenz eröffnete den Abend mit der Erstaufführung „Kinder der Königin”, einer kleinen Arbeit von Steffen Fuchs die russische Volkstanzelemente für eine federleichte, flotte, verschmitzte Paar-Turtelei auf Ballettniveau hebt. Wie dieses Stückchen nur schmaler Ausschnitt aus dem Koblenzer Tanzspektrum ist, so bleibt auch bei den anderen Beiträgen offen, ob sie typisch für Stil und Niveau am jeweiligen Haus sind. Was dem Tanzart-Festivals keinen Abbruch tut. Denn es ist nicht Wettbewerb, sondern Begegnung – dem Publikum Horizonte öffnend, die Akteure wechselseitig inspirierend.

Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 12. Mai 2014)


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