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2014-05-28 Feature:

Großes Stühlerücken an den drei Staatstheatern im Rhein-Main-Gebiet

Erste Spielpläne der neuen Intendanzen in Mainz und Wiesbaden


ape. Mainz/Wiesbaden. Eigentlich haben Stadt- und Staatsheater bald Sommerpause. Bei drei großen im Rhein-Main-Gebiet gilt das allerdings nur fürs Publikum. Es wird dann auch am einzigen rheinland-pfälzischen Staatstheater in Mainz sowie an den hessischen Staatstheatern in Wiesbaden und Darmstadt keine  Vorstellungen geben. Ruhe dürfte dort dennoch kaum eintreten. Grund: sprichwörtliches Stühlerücken. Wie bei Intendanzwechseln üblich, sind die damit verbundenen Änderungen in der kurzen Übergangsphase von einer zur nächsten Saison zu implementieren. Und neue Intendanten treten mitsamt neuen Leitungsteams sowie weitgehend neuen Ensembles in allen drei Häusern den Dienst an. So viel Wechsel auf einen Schlag gab es in Rhein-Main noch nie.



Mit Ende der Spielzeit 2013/14 verlässt Matthias Fontheim nach sieben Jahren das Theater der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt, dessen Leitung nun Markus Müller, vormals Chef in Oldenburg, übernimmt. Während in Mainz Vorgänger und Nachfolger altersmäßig nicht so weit auseinanderliegen, handelt es sich auf der anderen Rheinseite in beiden Fällen um echte Generationenwechsel. In Wiesbaden geht der 78-jährige Manfred Beilharz in den Ruhestand und übergibt das Staatstheater nach zwölf Jahren an Uwe Eric Laufenberg (54). In Darmstadt erfolgt der Stabwechsel von John Dew (70) an den 30 Jahre jüngeren Karsten Wiegand.

Letzterer stellt seinen Einstands-Spielplan an neuer Wirkungsstätte erst Ende August vor. Die neuen Chefs in Mainz und Wiesbaden haben ihre Karten bereits aufgedeckt. Was die verlautbarten Konzeptionen in den beiden Landeshauptstädten angeht, gibt es jede Menge Gemeinsamkeiten: Ein Angebot an alle Schichten und Altersgruppen wolle man machen; das Theater zu einem kulturellen Zentrum der jeweiligen Stadt entwickeln; mit Projekten auch abseits der Bühnen in den städtischen Raum hineinwirken...

Eine signifikante Parallele fällt in der Ballettsparte auf: Sowohl in Mainz wie in Wiesbaden werden sich künftig Gastchoreographen die Klinke in die Hand geben. Zwar haben beide Häuser eigene (neue) Ballettdirektoren und Hauschoreographen, aber erklärte Absicht ist hier wie dort, das Publikum mit der stilistischen Vielfalt des internationalen Tanzgeschehens vertraut zu machen. So wird Mainz in der Spielzeit 2014/15 drei der vier Produktionen von auswärtigen Gästen choreographieren lassen, in Wiesbaden sind es vier von sechs Tanzstücken.

Einen deutlichen Unterschied weist der Spielplanvergleich bei den anderen Sparten auf. Der aus seiner Zeit an der Kölner Oper nicht eben als übervorsichtig bekannte Laufenberg hat seiner  neuen Wirkungstätte in Hessen für die erste Spielzeit überraschend ein populäres Sicherheitsprogramm verordnet. Die Oper beginnt mit „Frau ohne Schatten” von Strauss, Mozarts „Figaro” und Puccinis „La Bohème”; es folgen Publikumsrenner von Bernstein, Rossini, Bellini, Donizetti, Offenbach, Verdi und Wagner. Etwas mutiger geht es das Schauspiel an, das mit Jelinkes „Rein Gold” startet und zumindest auf den Nebenbühnen zeitgenössische Autoren wie Jonigk, Lüscher oder Löhle zum Zug kommen lässt. Auf der Sprechttheater-Hauptbühne dominieren indes Goethe, Büchner, Tschechow, Ibsen und Oscar Wilde.

Anders drüben in Mainz, wo das Musiktheater mit Purcells „The Fairy Queen” einsteigt,  um gleich darauf Hartmanns „Simplicissimus”-Oper von 1936 zu bringen. Natürlich geht es auch hier nicht ohne Evergreens: Rossinis „Barbier” steht ebenso auf dem Plan wie Puccinis „Tosca” oder Wagners „Meistersinger”. Hinzu kommen allerdings zwei deutsche Erst- und zwei Uraufführungen. Im Schauspiel sind es gleich sieben deutsche Erst-/Uraufführungen, mit Stücken etwa von Joke van Leeuwen, Lucie Depauw oder Kurt Vonnegut. Da in Mainz noch gut erinnerlich ist, welchen Missmut sich Fontheim mit einer Saison einhandelte, die fast nur aus neuen Moderne-Stücken bestand, baut das Sprechtheater auch vier Klassiker ein: Lessings „Miss Sara Sampson”, Büchners „Lenz”, Hauptmanns „Ratten” und von Zuckmayer den „Schinderhannes”.

Stühlerücken heißt beiderorts auch: Es werden zuhauf vertraute Gesichter von der Bühne verschwinden und nie gesehene auftauchen. Die beiden hessischen Theater treten gleich mit einem ganz neuen, erstmals gemeinsamen Staatsballett an; Wiesbaden will obendrein in den anderen Sparten verstärkt mit Gastsängern und -schaupielern arbeiten. Mainz hingegen will seine Arbeit  überwiegend mit Bühnenakteuren aus dem eigenen, neu zusammengestellten Festensemble bestreiten. Was wo wie funktioniert, wird sich ab Herbst wie immer auf der Bühne entscheiden.  

Andreas Pecht



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