Thema Kultur / Denkmäler / Welterbe
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2014-06-16a Bericht:

Streitfall "Kulturlandschaft im Welterbe"

Symposium auf der Koblenzer Festung Ehrenbreitstein lotete Konflikte und Lösungswege aus
 

ape. Koblenz. Seilbahn Koblenz, Mittelrheinbrücke, Hotel auf dem Loreley-Plateau, Windräder auf den Höhen entlang des Mittelrheintales: In Rheinland-Pfalz kennt man die Interessenskonflikte gut, die sich in einer Region mit Unesco-Welterbestatus ergeben können. Die Frage nach der Vereinbarkeit von Erhalt eines herausragenden universellen Werts mit der Weiterentwicklung lebendiger Kulturlandschaft stand jetzt im Zentrum eines Symposiums auf der Festung Ehrenbreitstein. Unter der Überschrift „Kulturlandschaften im Welterbe” befassten sich Fachleute aus ganz Deutschland mit dieser keineswegs bloß den Mittelrhein bewegenden Frage.


Redner machen deutlich, dass dort, wo ganze Landstriche oder Städte zum Unesco-Welterbe gehören, Konflikte vorprogrammiert sind. „Jeder schmückt sich gern mit dem Welterbetitel, aber sobald Einschränkungen auftauchen, schwindet die Akzeptanz”, bringt Kunibert Wachten das Problem auf den Punkt. Der Aachener Professor für Landesplanung nennt auswärtige Beispiele, bei denen Weltkulturerbe und Infrastrukturprojekte sich aneinander reiben: Brücke in der Bucht von Kotor zur Verbesserung der Verbindung von Kroatien nach Albanien und Montenegro; Istanbuler Metrobrücke übers Goldene Horn; Waldschlösschen-Brücke in Dresden.

Die Streitfälle mehren sich, seit die Unesco 1992 auch Kulturlandschaften als Kategorie der Welterbekonvention anerkannte, attestiert Michael Schmidt, Professor für Umweltplanung aus Cottbus.  Seither wurde im deutschsprachigen Raum acht Kulturlandschaften der Welterbetitel verliehen. Darunter das eng begrenzte Kunstareal des Fürst-Pückler-Parks Bad Muskau, aber eben auch große Regionen wie die Wachau und das Obere Mittelrheintal, die Lebens-, Verkehrs- und Arbeitsraum für Tausende Menschen sind.

Von der Unesco-Konvention werden solche Landschaften definiert als herausragende Zeugnisse der kontinuierlichen Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur. Damit gehört dynamische Entwicklung durchaus zu den Merkmalen auch von Kulturlandschaften mit Welterbestatus. Allerdings erhellt das Symposium zugleich, dass ihre Entwicklung Besonderheiten unterliegt. Oder wie es Jochen Flasbarth ausdrückt, Staatssekretär im Bundesumweltministerium: „Welterbe hat immer mit Verantwortung zu tun, mit Respekt vor etwas Herausragendem. Dort, wo Welterbe ist, geht nicht mehr alles.” Wie der rheinländ-pfälzische Innenminister Roger Lewentz und Kulturstaatssekretär Walter Schumacher unterstreicht er aber: „Beschränkungen von Entwicklungsoptionen stehen besondere Entwicklungschancen gegenüber.”                

Wesentliche Voraussetzung, diese Chancen zu nutzen, ist die enge Vernetzung und intensive Kommunikation der oft zahlreichen Beteiligten. Ein Vertreter aus dem Unesco Weltnaturerbe Wattenmeer berichtet vom langwierigen Bemühen, die Anrainer Holland, Deutschland, Dänemark nebst zahllosen Kommunen, Tourismusakteuren, Institutionen und Vereinen für die gemeinsame Sache zu gewinnen. Dort sei inzwischen über alle Grenzen hinweg ein Wir-Gefühl der Wattenmeer-Anwohner entstanden – und ein Gespür dafür, dass der Schutz dieser Naturlandschaft zugleich die primäre Perspektive für die strukturschwache Region sei, die 80 Prozent ihres Bruttosozialproduktes aus dem Tourismus generiert.

Für den Mittelrhein räumt Nadya König-Lehrmann ein, dass man den Kommunikationsbedarf   unterschätzt habe. Die Geschäftsführerin des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal will bei künftigen Gesprächen über den Masterplan für das Welterbegebiet Kommunalvertreter und Bürger viel stärker direkt beteiligen. Roger Lewentz hält zudem zwei Faktoren für zentral: Erstens   Reduzierung des Bahnlärms. Zweitens Neubelebung und Vertiefung des regionalen Stolzes darauf, in einem Welterbe der Menschheit zu leben –  verbunden mit einem gemeinsamen Bewusstsein, was der Unesco-Status für die Region bereits gebracht hat und bei inspiriertem Engagement auf allen Ebenen noch bringen könnte. „Da waren wir in der Anfangsphase als Welterbegebiet schon mal weiter.”

Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
16. Juni 2014)

P.S.

Weil gleich nach Erscheinen des obigen Artikels in der Printausgabe der heutigen (16.6.) Rhein-Zeitung ein Besucher des Symposiums sich bei mir beklagt hat, im Text fehle dieser und jenes, sei angemerkt:
Eine Zeitungsseite ist eine Zeitungsseite ist eine Zeitungsseite = sie hat vier unumstößliche Außenkanten und dazwischen eine fest definierte, nicht ausweitbare Menge Platz, der von der Redaktion auf diverse Berichtsnotwendigkeiten verteilt werden muss. Wenn die Redaktion dem Autor 130 Zeilen gibt, hat er eben 130 und keine 180  Zeilen, um sich auszulassen. Weshalb im Regelfall gerade die tagesaktuelle Publizistik kaum je alle Aspekte einer Veranstaltung berücksichten kann. Vielmehr sind Reduktion und Konzentration auf ausgewählte Aspekte  gefordert. Das gilt für Theaterkritiken und Ausstellungsbesprechungen, das gilt erst recht für Tagungen. Der Berichterstatter kann nicht jeden Redner und jedes thematische Segment abhandeln. Muss und soll er auch nicht, weil Bericht, Würdigung, Kritik nunmal keine Veranstaltungsprotokolle sind. Er muss sich konzentrieren auf einige wenige zentrale, ausgewählte Komponenten, die er für besonders wichtig hält. (ape) 


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