Thema Musik
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2014-07-18 Konzertbesprechung:

RheinVokal-Festival: New College Choir in Koblenz

 
Junge Choristen aus Oxford entzücken mit Singkultur höchster Güte


ape. Koblenz. RheinVokal, das Festival für die kunstvolle Singstimme, hat die jüngsten Sangeskünstler  Großbritanniens eingeladen – und damit einen der ältesten Chöre Europas für ein kirchenmusikalisches Konzert höchster Güte nach Koblenz gebracht. Gegründet 1379, ist der New College Choir aus Oxford im Kern ein Knabenchor, verbunden mit Männerstimmen von Studenten und Profisängern. Sein Auftritt in der Herz-Jesu-Kirche war zugleich Abschied von einem Großen der Chorkultur: 38 Jahre prägte Edward Higginbottom das Spitzenensemble als Chorleiter, nun ist er letztmals mit ihm auf Tournee.                                          

Leer liegt der Altarraum vor dem Auditorium. Da erhebt sich aus dem Nichts ein schlichter   Gesang. „Te lucis ante terminum”, vor Sonnenuntergang: Von der Empore klingt's, als stimmten Mönche ihr Abendgebet an. Während die Männer mit diesem lateinischen Hymnus von Thomas Tallis aus dem Jahr 1575 den Schöpfer bitten, ihr Beschützer zu sein, ziehen durch den Mittelgang in gemessener Prozession und dunkelrotem Ornat 16 Chorknaben ein – um mit hellem, reinen Gesang den Refrain erstrahlen zu lassen.

Ein Auftakt, der auch atmosphärisch auf die königliche Kapelle jener englischen Renaissance- und Barockjahre einstimmt, deren Musik Gegenstand des Programms ist. Das umfasst Chorwerke vom frühen 16. bis ins mittlere 18. Jahrhundert, Stücke unterschiedlichen Charakters von John Taverner über William Byrd bis Henry Purcell oder William Boyce. Mal wirken die Kompositionen der englischen Altmeister wie einfache musikalische Gebete, dann wieder sind es Gewebe unglaublich komplexer Polyphonie. Mal mäandern sie ohne Punkt und Komma in alten Kirchentonarten und scheinbarer Gleichförmigkeit durch den großen Raum, dann wieder trumpfen sie mit furios dramatisierten Gefühlsfarben in Dur und Moll auf.

Die Realisation durch den New College Choir versetzt in helles Entzücken. Manch hiesiger Chorleiter mag auch vor Neid erblassen, wenn ein kleiner Fingerzeig Higginbottoms ausreicht,   dass Stimmgruppen selbsttätig winzigste Unreinheiten im Zusammenklang sofort ausgleichen. Überhaupt ist neben Sicherheit, Reinheit, Strahlkraft die klangliche Ausgewogenheit zwischen Männer- und Knabenstimmen ein starkes Moment der Singekultur dieses Chores. Was umso bemerkenswerter wird, je mehr Mitwirkende in der zweiten Konzerthälfte solistisch glänzen. Denn ob erwachsener Countertenor, Tenor, Bass oder kindlicher Sopran: Jeder Sänger bringt gezielt eine offenbar bewusst gepflegte individuelle Stimmcharakertistik ein.

Bei aller Brillanz ist es dann doch erfreulich, zu sehen, dass die Hochleistungs-Singeknaben auch noch richtige Buben sind. So fällt bei acht-, neun- oder elfjährigen Solisten der Einsatz hie und da „nur” fast perfekt aus. Oder es wird die ganze kindliche Elitetruppe etwas übermütig, als in Byrds „Laudibus in sanctis” munter die Post abgeht. Der überragenden Gesamtleistung tut das keinen Abbruch, das Publikum kann sich wunderschöner Musik hingeben. Dass deren unterschiedlichen Nuancen ein Religionskrieg zugrunde liegt – der brutale und das Land noch lange spaltende Kulturkampf im England des 16./17. Jahrhunderts zwischen Papst-treuen Katholiken und Anglikanern – das ist ein eigenes spannendes Thema. Allerdings nur im famosen Programmheft.
                                                                                       Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
am 18. Juli)


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