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2014-10-25a Porträt:

Begegnung mit Günter Müller-Rogalla, dem neuen Intendanten der Rheinische Philharmonie


Er brennt für das
musikalische Live-Erlebnis


ape. Koblenz. Das Herz des 1962 in Idar-Oberstein geborenen Mannes schlägt für die Musik. Nicht nur, aber doch in erstere Linie für die klassische. Und dabei brennt es für das Live-Erlebnis: „Ich habe unendlich viele CDs, gebe aber immer dem Konzert den Vorzug. Denn ich glaube fest an eine Magie, die sich nur im Konzertsaal entfalten kann. Da wirken selbst Werke, die man in- und auswendig kennt, stets neu und anders. Kein technisches Medium kann die von Künstlern und Publikum gemeinsam erlebte Einmaligkeit von Konzert oder auch Theater ersetzen.”

Verabredung mit Günter Müller-Rogalla, der im September das Intendantenamt beim Staatsorchester Rheinische Philharmonie übernommen hat. Um den Termin habe ich bewusst erst einige Wochen nach seinem Dienstantritt in Koblenz gebeten. Denn was soll man mit jemandem über Pläne und Absichten reden, der quasi noch auf unausgepackten Koffern sitzt und mit dem Sosein der Rhein-Mosel-Stadt noch gänzlich unvertraut ist. Inzwischen hat er mit Gattin ein Haus in Höhr-Grenzhausen bezogen, hat die Erfahrung gemacht, die alle Mittelrheiner machen (könnten): Dass ihnen nicht nur die hiesige Kulturvielfalt offen steht, sondern mit einem Hüpfer rheinauf- oder -abwärts obendrein die Kulturwelt Köln-Bonn und Rhein-Main. „Ich war überrascht, nach nur 50 Minuten Autofahrt in der Bonner Oper zu stehen”, erzählt Müller-Rogalla. Genauso überrascht ist er vom Niveau am Theater Koblenz. Natürlich hatte er musikalisch einiges erwartet, dass hier aber auch inszenatorisch moderne Weltläufigkeit gepflegt wird, nehmen Auswärtige selten als selbstverständlich an.

Als das Mainzer Kulturministerium mit ihm, dem damaligen Intendant der Thüringen Philharmonie Gotha, den Wechsel zum Koblenzer Staatsorchester aushandelte, wusste noch niemand, dass Chefdirigent Daniel Raiskin 2016 gehen würde. So beginnt Müller-Rogallas Dienst im Görreshaus unerwartet als Einstieg in eine Übergangsphase: Während Raiskin die Rheinische künstlerisch noch durch die laufende und die nächste Spielzeit führt, wird parallel dessen Nachfolger gesucht. Eine böse Überraschung für den neuen Intendanten? Die Antwort erhellt, dass es sich beim Koblenz-Neuling um einen alten Hasen im Orchesterbetrieb handelt: „Unerwartet ja, aber nicht so furchtbar überraschend. Wenn gute Dirigenten mal zehn Jahre an einem Ort sind, muss man damit rechnen, dass sie absehbar weiterziehen. Mir war deshalb von vornherein klar, ich würde es in Koblenz recht bald mit einem Dirigentenwechsel zu tun haben.” Schnelle Zwischenfrage: Wie ist der Stand der Nachfolgesuche? Knappe Antwort: „Wir klären gerade das Verfahren.”

Nachfrage: Wie ist seine Stellung im Koblenzer Disput über GMD oder nicht, also über gemeinsamen Orchesterleiter für Theater- und Konzertbetrieb oder weiter Trennung der beiden Positionen? Müller-Rogalla teilt die Auffassung nicht, wonach zwei Dirigierhandschriften – wie jetzt Daniel Raiskin im Konzertsaal und Enrico Delamboye im Theater – der Spielkultur des Orchesters abträglich seien. Er fände es im Gegenteil weit weniger interessant, würde stets derselbe Taktstock wirken. Da spricht nicht nur der Orchestermanager, dem die Ämterteilung am Dirigentenpult die Zusammenarbeit mit dem Theaterintendanten erleichtert. Da spricht ebenso der Musikkünstler, der Müller-Rogalla als Klarinettist einmal war, unter anderem im Saarländischen Staatsorchester oder als Solist mit dem SWF-Rundfunkorchester.

Warum hat er die hoffnungsvoll begonnene Instrumentalisten-Laufbahn aufgegeben? Das Leben geht seine eigenen Wege. Heißt im Falle Müller-Rogalla: Sein Schwerpunkt verschob sich peu à peu hin zum Unterrichten. Er wurde Musiklehrer, dann Musikschulchef in Horb am Neckar. Dort sowie als Leiter der Musikakademie Schloss Weikersheim der Jeunesses Musicales Deutschland und des Jeunesses Jazzfests machte er die Erfahrung, dass man als Kulturmanager sehr viel im Dienste der Künste bewegen kann. Es folgten Leitungspositionen unter anderem bei der Dresdner Philharmonie und der Neuen Elbland Philharmonie, schließlich landete er in Gotha und nun in Koblenz.



Sympathischer Zug: Dieser Neue weiß nicht gleich alles besser und hält wenig davon, am Ort Bewährtem nassforsch mit unausgegorenen Ideen auf den Pelz zu rücken. „Weiterbegleiten, vorantreiben, profilieren, nötigenfalls Bestehendes modifizieren, danach erst – wohlüberlegt – Neues entwickeln”, das hat Müller-Rogalla in ersten Statements als persönlichen Leitfaden ausgegeben. Ich insistiere auf „Butter bei die Fisch” – nach nun einigen Wochen in Koblenz dürfte dem Intendanten doch schon Modifizierungsgedanken respektive Projekte für die jetzt zu planende Saison 2015/2016 im Kopf herumspuken. Vieles befindet sich im Verhandlungsstadium; darüber mag er noch nicht sprechen. Einige Ansatzpunkte aber seien verraten: Er hält bei den Kinder-/Jugendkonzerten eine stärkere Spezifizierung im Hinblick auf Altersgruppen für sinnvoll. „Zwischen 5- und 11-Jährigen liegen Welten, man kann ihnen nicht gleichzeitig dasselbe anbieten.”

Der Intendant will ferner Synergiemöglichkeiten im Spielbetrieb des stark ausgelasteten Orchesters prüfen. Er findet es schade, wenn Ensembles aus dem Kreis der Rheinischen für die BENK-Reihe in Bad Ems oder für Kommerkonzerte im Görreshaus anspruchsvolle Programme einstudieren, die aber nur einmal gespielt werden. Er will auch die Gastauftritte des Orchesters außerhalb der Region auf den Prüfstand stellen: Welches ist ökonomisch, künstlerisch und fürs Renommee sinnvoll, welches nicht? Und er plädiert für Neugierde im Konzertbetrieb auf Werke von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart: „Da ist unglaublich viel zu entdecken.” Allerdings: „Neuheit, ist kein Qualitätsmerkmal per se und auch Neue Musik sollte den Hörer auf sinnlicher Ebene erreichen.”

Etliche Programmpunkte für 2015/2016 sind festgezurrt. Aber Günter Müller-Rogalla versteht sich als Teamplayer, mag deshalb den Mitteilungen seiner Intendanten-Kollegen von Stadttheater und Musik-Institut nicht vorgreifen. Dies immerhin: „Sie dürfen sich freuen auf interessantes Musiktheater und in der Abschiedssaison von Daniel Raiskin auf ein paar richtige Orchesterkracher.”  

Andreas Pecht


(Erstabdruck/-veröffentlichung außerhalb dieser website
44. Woche im Oktober 2014)


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/Porträt, Günter Müller-Rogalla, neuer Intendant Rheinische Philharmonie/

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