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2015-07-07 Anmerkungen:

Zur Griechenland-Debatte

 

Vorschnelle Urteile in verworrener Situation sind keine gute Idee


ape.
„Mich würde mal interessieren, warum eine linke Regierung sich nicht um die Milliarden kümmert, die von reichen Griechen alleine in der Schweiz gebunkert sind? Die dort nachweislich hinterzogenen Steuern machen drei Milliarden (!) aus.”
Diese Frage eines Lesers löste heute auf meiner Facebook-Site eine neuerlich rege Diskussion aus, zu der ich folgende Gedanken beigesteuert habe (zusammengefasst):

Die obige Frage ist eine der (vielen) Fragen auch und gerade auf der Seite jener, die der Tsipras-Regierung nicht grundsätzlich feindselig gegenüberstehen. Wissen tu ich die Antwort nicht, aber denken kann ich mir Folgendes: a) Die neue Regierung hat einen über Jahrzehnte mehr schlecht als recht funktionierenden, korrupten Staatsapparat übernommen. b) In dem ging es obendrein nach der Entlassung etlicher tausend Mitarbeiter infolge Troika-Vorgaben gegenüber der Vorgängerregierung zu wie in einem Wespennest, auf das man mit Knüppeln geschlagen hat. c) Dieser Staatsapparat war traditionell auf alles mögliche geeicht, aber ganz gewiss nicht auf Beobachtung und steuerliche Inpflichtnahme der Reichen- und Oligarchenschicht. d) Vom ersten Tag an war die neue Regierung eine Art Notstandsregierung, deren Kräfte vornehmlich gebunden waren, einerseits das Land gerade so am Laufen zu halten und andererseits sich mit Eurogruppe und Weltbank auseinanderzusetzen.

Schließlich e): Was hätte es wohl für ein Geschrei wider die vermeintlichen Kommunisten gegeben, hätte eine der ersten Amtshandlungen der Regierung darin bestanden, die Reeder an die Kette zu legen, rabiat mit der Austrocknung des Oligarchensumpfes zu beginnen und razziamäßig den reichen und mittelreichen Steuerhinterziehern ans Leder zu gehen?

Mal ganz davon abgesehen, dass sowas Zeit braucht und sowieso gerade nicht im Zentrum der "Reform"-Forderungen der Euro-Gruppe stand. Die wollte/will vor allem Rentenkürzung, Senkung des Lohnniveaus, Entlassung von Staatsbediensteten und Ausverkauf (Privatisierung) des Staatseigentums. Womöglich fehlte es vor diesem Hintergrund an allem, in ein komplexes zwischenstaatliches Verfahren mit der Schweiz einzutreten um einen Zugriff auf die dort gebunkerten griechischen Schwarzgelder.

Ich teile das Unwohlsein darüber, traue mir aber noch kein Urteil zu. Dafür sind die Umstände zu verworren, ist die tatsächliche Lage von einem Wust aus Propaganda von Lügen über Ursachenvergessenheit bis hausbackenen Milchmädchenrechnungen überwuchert und hinter tausenderlei "Analysen" verschwunden, die auf völlig verschiedenen Grundhaltungen zum intenationalem Finanzsystem basieren. Klar scheint mir allerdings eines: Mit dem Strick um den Hals kann keine Regierung etwas bewegen.

Im Übrigen: Noch und bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich davon aus, dass die Tsipras-Regierung die erste Griechenregierung seit vielen Jahren ist, die antrat mit der ernsten Absicht, das Land grundlegend zu verändern. Freilich nicht im Sinne einer neoliberalen Umgestaltung, sondern einer sozial gerechten. Die erste Frage nun lautet: Können die Tsipras-Leute das? Die zweite: Lässt man sie?

Was die Koalition mit den Rechtsradikalen angeht: Ein unglücklicher Griff - zu dem die praktische Alternative allerdings geheißen hätte: Wählerauftrag nicht annehmen, die alten Kräfte an der Macht lassen oder eine Minderheitsregierung versuchen.
                                    
Andreas Pecht


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