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2016-06-04 Ausstellungskritik:


Farbenspiel der Küsten in Mainz


Landesmuseum zeigt Emil Nolde und die Brücke-Künstler

 
ape. Mainz. Es ist ein schöner Kunstaustausch zwischen Süden und Norden. Das Landesmuseum Mainz stellt dem Museumsberg Flensburg Werke aus seinem umfangreichen Max-Slevogt-Bestand für eine Sonderausstellung zur Verfügung. Umgekehrt durften die Mainzer sich aus der dortigen großen Sammlung mit Arbeiten Emil Noldes und der Künstlergruppe „Brücke” bedienen. Ergänzt um Leihgaben aus Museen und Privatsammlungen etwa in Wiesbaden, Frankfurt, Kaiserlautern oder Ludwigshafen ist im Landesmuseum eine 70 Exponate umfassende, ebenso reizende wie interessante Ausstellung entstanden unter dem Titel „Ein Stück norddeutscher Himmel. Emil Nolde und die ,Brücke'”.



Während norddeutsche Kunstfreunde sich nun der pfälzischen Landschaften von Max Slevogt  erfreuen, geben sich in Mainz expressionistische Blicke auf die Küstenlandschaften von Nord- und Ostsee die Ehre. Emil Nolde steht mit 35 Exponaten im Zentrum der Ausstellung. Er war bei Gründung der „Brücke” 1905 schon 38 Jahre alt, damit der Älteste und auch künstlerisch Reifste unter seinen mittzwanziger Kollegen wie Max Pechstein, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Fritz Bleyl oder Otto Mueller. Obwohl Nolde der Gemeinschaft nur etwa ein Jahr angehörte, empfingen sie mannigfache Impulse von ihm, wie die sinnfällige Vergleichshängung von Kuratorin Karoline Feulner im Landesmuseum erhellt.

Ihre Hinführung zum Wesen des Expressionismus als Darstellung des vom Künstler emotional erlebten Motivs geht über ganz frühe, knuffige und noch kunsthandwerkliche Nolde-Arbeiten: Bergpostkarten, auf denen alpine Gipfel zu grins- oder schreckgesichtigen Konterfeis von Trollen, Feen, Riesen, Zwergen werden. Dem Prinzip der im Auge des Künstlers respektive Betrachters belebten, quasi beseelten Natur bleibt Nolde nachher in seinem Kunstschaffen treu, wenn auch auf ganz andere Weise. Meist sparsamst in der Motivik – hier ein kleines Boot, da eine Mühle, dort ein Gehöft inmitten landschaftlicher Weite oder eben die Natur mit sich allein – explodieren Himmel, Meer, flaches Küstenland in Farbe und Bewegung.

Bei Nolde ruht nicht mal die schönste Idylle. Wolken dräuen, Wellen wogen, selbst im stillen Wasser flirren Spiegelbilder. Und allemal bleibt in dicker Ölfarbe wie in Aquarellen, Radierungen,   und sogar Bleistiftzeichnungen die Möglichkeit von baldigem Sturm und Gewitter präsent. Es ist, als ahnt und verarbeitet Nolde die große Menschenkatastrophe des jungen 20. Jahrhunderts, den Ersten Weltkrieg, anders als seine Kollegen. Bei deren zu vergleichenden Motivgruppen gehängten Bildern werden die Strichführung reduzierter, das Licht heller, die Wellen sanfter, die Horizonte harmonischer, die Motive idyllischer.

Meist malend unter freiem Himmel und ihr Sujet direkt vor Augen, schaffen sie sich eine Gegenwelt. Schmidt-Rottluff hält es gern mit Fischerboot-Idyllen, Heckel und Kirchner verdrängen böse Ahnung, Angst und Schrecken mit Bildnissen fast wie aus dem Garten Eden: Badeszenen mit ungehemmt lebensfrohen Nackten in der friedlichen, sonnenbeschienenen Natur von Meer und Strand an Nord- und Ostsee. Das ist die Sehnsucht nach dem Paradies, das Festklammern am Schönen inmitten drohender und bald hereingebrochener Finsternis.

Emil Nolde selbst wurde das in so vielen seiner Bilder latent lauernde Gefahrenpotenzial wohl nur los, wenn er sich malerisch mit seinen geliebten Blumen befasste. Eine Gruppe seiner quasi als Nahaufnahme entstandenen Blumengemälde bezeugt in Mainz die schier selbstvergessene Versunkenheit des zeitlebens begeisterten Hobbygärtners in die wundersamen Formen und pralle Farbpracht der blühenden Pflanzen.

Andreas Pecht




Bis 9. Oktober 2016.
Infos:  >>www.landesmuseum-mainz.de      
                                                                                   

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