Thema Ökonomie / Ökologie | |||
Thema Politik | |||
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
2007-03-19 Analyse, Teil 1: | |
Der
holprige Weg zum Klimaschutz Über große Worte, kleine Fortschritte und zähe Diskussionen - Teil 1 |
|
ape. EU-Klimagipfel
Anfang März, G-8-Umweltministerkonferenz eben in Potsdam,
G-8-Gipfel im Juni, UN-Weltklimakonferenz im Dezember: Der
Klimaschutzprozess scheint auf dem internationalen politischen Parkett
in ein entscheidendes Stadium eingetreten zu sein. Doch das Publikum
bleibt skeptisch, ob den vielen großen Worten auch die
nötigen Taten folgen. |
|
„Schluss
mit reden – endlich handeln“. Der Slogan, mit dem
Greenpeace am Wochenende das Potsdamer Treffen der G-8-Umweltminister
mahnte, ist etwas überspitzt, trifft aber die momentane Lage
im Klimaschutzprozess ganz gut. Auf jeder Konferenz zum Thema fallen
zuhauf markige Worte, die drastisch die Gefahren des Klimawandels und
die Größe der zu ergreifenden
Gegenmaßnahmen beschwören. Die faktischen Ergebnisse
dieser Konferenzen stehen jedoch in keinem Verhältnis zur
verbalen Dramatik: Die internationalen Vereinbarungen bleiben hinter
dem Notwendigen zurück. Und auf demWeg zu konkrete
Maßnahmen, geht manches hehre Ziel im Labyrinth
politisch-ökonomischer Partikularinteressen verloren. PLEITE IN POTSDAM So das Bild nach dem EU-Gipfel Anfang März. Unschöner noch die Bilanz der G-8-Umweltminister und ihrer Kollegen aus den großen Schwellenländern an diesem Wochenende. Dabei kam hinsichtlich des Klimawandels überhaupt nichts heraus, außer der Feststellung: Keiner der Beteiligten leugnet den Klimawandel noch. Ansonsten wurden in „guter Atmosphäre“ Meinungsdifferenzen wiederholt über das, was zu tun sei. Die USA unterstrichen wie gewöhnlich, dass sie auch weiterhin nicht mitmachen: Nicht beim CO2-Handel, nicht beim wirtschaftlichen Klimaschutzausgleich für die Entwicklungsländer und auch sonst bei keinem internationalen Pflicht-Reglement zu Gunsten der Umwelt. Für den Artenschutz gab es in Potsdam nur die krude Vereinbarung: Eine globale Bestandsaufnahme der Tiere und Pflanzen soll deren wirtschaftlichen Wert benennen und den ökonomischen Schaden infolge des Artensterbens darstellen. Die Erde, die Natur – die Schöpfung, wenn man so will – wird damit vollends auf ihren Geldwert reduziert. Eine mehr als sonderbare, eine perfide Betrachtungsweise. Bei Arten- wie bei Klimaschutz ringen Umweltschützer die Hände. Das Publikum bleibt verständlicher Weise skeptisch. Dagegen hilft weder Sigmar Gabriels (SPD) gewichtige Metapher vom „ökologischen Marschallplan“, noch die Forderung des CDU-Politikers Friedbert Pflüger nach einer Großanstrengung wie seinerzeit beim amerikanischen „Mann-auf-dem-Mond“-Projekt. Angemerkt sei, dass das Projekt „Begrenzung des Klimawandels auf eine Temperaturerhöhung von zwei Grad“ einiges mehr verlangt, als die damaligen US-Mühen, ein bemanntes Gefährt auf den Erdtrabanten zu schießen. „Schluss mit reden – endlich handeln“. Nach dem kommenden G-8-Gipfel im Juni in Heiligendamm und danach der UN-Weltklimakonferenz im Dezember 2007 auf der Insel Bali wird es unweigerlich heißen: An ihren Taten sollt ihr sie messen. Das wird dann auch höchste Zeit, wie eine aktuelle Studie der amerikanischen NOAA vor Augen führt. Terminlich passend zur Umweltministerkonferenz in Potsdam veröffentlichte die zum US-Handelsministerium gehörende und damit grünen Übereifers unverdächtige Behörde Mess- und Vergleichsdaten der globalen Temperatur für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007. Ergebnis: Dieser Winter war der weltweit wärmste seit Beginn der US-Messungen im Jahr 1880, seine Temperatur lag im globalen Durchschnitt um 0,72 Grad höher als der Mittelwert. Damit reiht er sich als Temperatur-Spitzenreiter in die lange Kette von globalen Wetterrekorden während der letzten zehn Jahre ein. Der Befund ist weder neu, noch kommt er überraschend. Er bestätigt bloß mit ganz frischen Daten jüngste europäische Erhebungen und die Tendenz-Analyse des UN-Weltklimarates (IPCC). INTERNATIONAL LÄHMUNG Danach ist schnelles, effektives Handeln auf möglichst breiter weltweiter Front vonnöten. An vollmundigen Absichtserklärungen, wohl auch guten Absichten, herrscht vor allem in Zentraleuropa kein Mangel. Und doch will der Klimaschutzzug nicht richtig in Fahrt kommen. Achim Steiner, Chef der UN-Umweltbehörde, sprach von einer „internationalen Lähmung“. Die rührt daher, dass viele Beteiligte nach dem Motto verfahren: „Wir können nicht mehr machen, weil ihr nicht mehr macht.“ Diese Haltung findet sich auch in den Niederungen des deutschen Boulevards wieder, etwa in der irreführenden Schlagzeile „Soll Deutschland das Klima alleine retten?“ Soll es nicht, kann es auch nicht, denn Aussicht auf schlussendlichen Erfolg versprechen nur gemeinsame weltweite Anstrengungen. Wenn indes die reichen, industriell und technologisch höchstentwickelten Länder mit dem am weitesten fortgeschrittenen Umweltbewusstsein nicht vorangehen, wer dann? „Ja, aber die USA ...“ – ein verständlicher Einwand, weil es eben ein arger Hemmschuh für den Klimaschutz ist, wenn ausgerechnet das reichste Land und der größte CO2-Verursacher auf Erden nicht mitmacht. MIT GUTEM BEISPIEL VORAN Allerdings kann das kein Hinterungsgrund dafür sein, dass Europa vorlegt. Wir verrichten schließlich auch nicht mehr unsere Notdurft in Nachbars Einfahrt oder schmeißen unseren Müll in den Wald, nur weil ein paar unverständige Zeitgenossen – aus welchen Gründen auch immer – das so praktizieren. Zaudern und Zuwarten sind leichtfertig. Denn die entscheidenen Fortschritte beim Klimaschutz müssen in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren vollbracht werden. Weshalb radikale Ziele für 2050 oder später zwar ehrenwert sind, aber relativ nutzlos bleiben, wenn sie nicht zeitnah schon hohe Wirkungsgrade entfalten. In diesem Sinne gibt es in Großbritannien interessante Überlegungen: Die britischen Reduktionsziele für Klimagase sollen in Fünfjahresplänen festgelegt und die Umsetzung jährlich überprüft werden. Dieses Verfahren könnte eine unschöne, aber auch im Kioto-Prozess verbreitete Praxis unterbinden: Erst werden großartige Zielmarken für die fernere Zukunft gesetzt, dann geschieht jahrelang kaum etwas, und kurz vor Fristablauf kommt das Eingeständnis, man schaffe es nicht. Andreas Pecht --------------------------------------------------------- Zum zweiten Teil der Analyse ∇ 2007-03-19 Analyse, 2. Teil: Autos und Flieger müssen mitziehen; dritte Welt braucht Kompensation --------------------------------------------------------- |
Diesen Artikel weiterempfehlen | ![]() ![]() |
was ist Ihnen dieser Artikel und www.pecht.info wert? |
|
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |