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2007-09-23 Schauspielkritik: | |
Zwei Königinnen tauschen ihre Positionen Annegret Ritzel inszenierte Schillers "Maria Stuart" in Koblenz |
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ape. Koblenz. Nach
zweidreiviertel Stunden gab es starken Beifall. Verdient, insofern es
sich bei dieser Realisation von Friedrich Schillers Trauerspiel
„Maria Stuart“ für die Maßstäbe am
Koblenzer Stadttheater um eine herausragende Arbeit handelt. Aber wie
vergangene Woche die „Medea“ des Euripides in Bonn, so muss
sich auch Annegret Ritzels Einrichtung des Schiller-Klassikers die
Frage nach der Inszenierungsidee gefallen lassen. Es gibt sie, wenn
auch nicht auf den ersten Blick erkennbar. |
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Vom
Ende her gesehen, manifestiert sich diese Idee sogar in der
Königinnenstaffage (Kostüme: Gera Graf): Anfangs erscheinen
die in England festgesetzte Schottin Maria in schlichtem Schwarz
mit zerzaustem Rothaar, die Engländerin Elisabeth hingegen in
silbriger Herrschaftsrobe mit wohl geordnetem Rothaar. Nachher
trägt Elisabeth Schwarz, ist die Frisur aus der Fasson,
während Maria kahlgeschoren im weißen Kleid aufs Schafott
geht. Will sagen: Maria triumphiert letztlich als Büßerin
über Elisabeth, die nun ihrerseits schuldbeladen in einsamem
Königtum gefangen ist. Zwei Frauen vom selben Stamm als Erzfeinde, Konkurrentinnen um die Macht, auch um einen Mann. Unschuldslämmer beide nicht. Die Konfrontation der Königinnen war in der Theatergeschichte oft auch Wettstreit zweier Schauspielerinnen: Dorsch versus Wessely, Flickenschildt versus Weisgerber – legendäre Paarungen im Gegeneinander der Frauencharaktere. In Koblenz treten Madeleine Niesche in der Titelrolle und Cornelia Dörr als Elisabeth gegeneinander an. Dörr gibt eine Königin zwischen lasziver Frau und verängstigtem Mädchen, der das Amt viel zu groß ist. Die hierorts erstmals Auftretende trägt etwas bei, das selten ist auf dieser Bühne: Eine Figur, geprägt von sorgsam ertasteter Unsicherheit. Wüsste man nicht, wie die Geschichte ausgeht, angesichts der Ambivalenz dieser Königin dürfte man vier Akte lang auch mit einem ganz anderen Schluss rechnen. Spannend. Madeleine Niesche formt dazu über weite Strecken einen fabelhaften Widerpart, wenn sie sich zur stolzen, selbstwussten Frau mit Herrscherinnen-Format aufrichtet. Wo sie mit erhobenem Kopf Widerstand leistet, ihr Recht einfordert, ist diese Maria Stuart wunderbar – fraulich, innerlich, ehrlich. Sobald sie zetert und greint, verblasst sie in exaltierter Theatralik. Von letzterem abgesehen, glänzt die Koblenzer „Maria Stuart“ mit einem ausgezeichneten und sinnvoll kontrastierenden Königinnen-Duo. Bei den Herren gilt das Hauptinteresse gewöhnlich Leicester – dem Manne, den beide Frauen lieben, und der sich beiden um der eigenen Karriere willen verbindet. Christoph Zadra spielt ihn textgetreu, kann aber dem Spiel kein eigenes interpretatorisches Format hinzufügen. Beim Mortimer von Miguel Abrantes Ostrowski hätte die Regie durchaus einen Schritt weiter gehen können zum gewollt lächerlichen Schwärmer. So wird er ungewollt lachhaft, als er geil über Maria herfällt. Überzeugend in der Männerriege ist Burleigh, den Dirk Diekmann als eiskalte Personifizierung einer zu jeder Schandtat bereiten Staatsräson gibt. Und Heinz Ostermann als dessen moralisch integrer Gegenspieler Shrewsbury. Klar gliedert Dirk Beckers schlichte Kulisse aus offenen, nach hinten ansteigenden Wänden den Raum. Solche Klarheit wäre für die Aussprache einiger Mitspieler anzumahnen. Andreas Pecht (Erstabdruck am 24.09.2007) |
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