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2009-06-17 Kommentar: | |
Zur Aktion "Bildungsstreik 2009" Schüler und Studenten liegen richtig mit ihrem Protest |
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ape. Auf den ersten Blick fast überraschend: die Größe und Wucht des heutigen Protestes der Schüler und Studenten. Die
Aktionen im Vorfeld teils schlecht vorbereitet, teils schwach
propagiert. Und dennoch sind bundesweit viele Zehntausend dabei. Darin
kommt eine (nicht nur) in der Jugend verbreitete Grundstimmung
gegenüber den derzeitigen Tendenzen im Bildungssystem zum Ausdruck, die
von Politikern und Bildungsfunktionären - so sie nicht völlig
betriebsblind geworden sind - sehr ernst genommen werden müsste. Ob nun 120 000 oder 240 000 mitdemonstrierten, ist bloß interessierte Erbsenzählerei, die am Befund gar nichts ändert. Dass in Mainz 70 Demonstranten im Landtagsgebäude Unfug anstellten, darf als bedauerlich betrachtet werden. Es bleibt aber eine Randerscheinung; verglichen mit zahllosen "Vorkommnissen" bei diversen Schüler- und Studentenprotesten in der Geschichte der BRD ist es (nach bis eben vorliegenden Nachrichten) eine Marginalie. Politiker, Medien und deutsche Michels werden nach bewährter Manier trotzdem aufgeregt darauf herumhacken: Das geht nämlich viel einfacher von der Hand, als sich ernsthaft und selbstkritisch mit den Inhalten der Protestbewegung auseinander zu setzen. Übrigens, generell, und auch das ist ein alter Hut: Die Formen des Protestes werden umso radikaler werden, je arroganter die sachlichen Ursachen für den Protest geleugnet, ignoriert oder kleingeschwätzt werden. Typisch dafür Schavan, die heute den Vogel abgeschossen hat mit ihrer Äußerung, die Proteste und ihre Forderungen seien "gestrig". Fassen wir die inhaltlichen Haupttendenzen des Protestes zusammen, wird sogleich deutlich, dass daran überhaupt nichts gestrig ist. - Das Bildungssystem wird als hochgradig sozial selektiv empfunden, also als sozial ungerecht; - Der Bolognaprozess wird in seiner jetzigen Ausformung empfunden als verschult, geistig beengend und - wie das Turboabtitur auch - als dem Primat neoliberalen Wirtschaftens geschuldet; - Die realen Lern- und Studienbedingungen werden wie die Unterfinanzierung des gesamten Bildungssystems als Hohn empfunden, und alle hehren Beteuerungen über die primäre Zukunftsbedeutung von Bildung folglich als verlogenes Gewäsch. Das soll "gestrig" sein? Oh nein, das ist sehr heutig, um nicht zu sagen: morgig. Schavan und Co nebst zahllosen Bildungs-Apparatschiks auf EU-, Bundes-, Länder-, Uni- und Schulebene haben bloß noch nicht begriffen, was sich da schon seit einigen Jahren zusammenbraut: Die innere Abwendung eines erheblichen Teils der jungen Generation von einer Bildungszweckentwicklung, die ihre Impulse und ihr Selbstverständnis aus dem neoliberalen Ideologiedurchmarsch der Nach-1989er-Jahre bezog. Dass diese Abwendung bei einigen der jungen Leute auch motiviert ist vom Frust über schwindende individuelle Karrierechancen, darf nach 20 Jahren Ellbogen-Propaganda nicht verwundern. Aber nicht eingehaltene Versprechen ließen zu allen Zeiten vielen Zeitgenossen manchen Kronleuchter aufgehen. Mal früher, mal später. Andreas Pecht |
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