Thema Politik | |||
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
2009-09-03 Leserzuschrift: | |
Über Landtagswahlen 09 und geringe Wahlbeteiligung |
|
KLOCK. Sehr geehrter Herr Pecht |
|
Bei der Verteilung von Druckschriften konnten wir durch die
Markierungsaufkleber der Zeitungsausträger sehen, dass nur jedes 2. Einfamilienhaus
die Tagezeitung bezieht. In Wohnblocks 25–30% . Die örtliche Rheinpfalz
bestätigte, dass für kleinere Dörfer die Haushaltsquote ca. 50 % beträgt. In
den Städten nicht einmal 30 %. Immigrantenhaushalte waren zu höchsten 1-2% mit
dem Verteilungsmarker gekennzeichnet. Aber auch von den Mitgliedern der
beziehenden Haushalte ist nicht auszugehen, dass bei allen Haushaltsmitgliedern
mit dem Bezug ein die Wahlen beeinflussender intensiverer Informationskonsum
verbunden ist. Nach überschlägigen Schätzungen ist eher davon auszugehen dass
maximal 20-25 der wählenden Bevölkerung über ein ausreichendes Wissen verfügt,
dass eine fundierte Wahl zulässt. Auf jeden Fall, die angebliche bundesrepublikanische
Politikverdrossenheit kann ja wohl auf dörflicher Ebene nicht als Ursache für
die geringe Wahlbeteilung und das Desinteresse für Hintergrundinformation
herhalten. Man kann das beklagen oder als Zustimmung einordnen. Ich habe eine
andere Erklärung. Die Berichterstattung nach den Landtagswahlen hat die
kommunalen NRW-Ergebnisse nicht beachtet. Aber waren etwa doch die Kommunalwahlen
in NRW mit den daraus abzuleitenden Schlüssen wichtiger als die Skiunfall-Wahl
in Thüringen oder die Lafontaine-Wahl an der Saar? Die CDU hat in zwei Ländern
die Landtagswahl verloren, in Sachsen aber gewonnen. Zweifellos. Die SPD hat
aus niedrigem Niveau an der Saar gewonnen, sich in Thüringen gehalten und in
Sachsen nichts gewonnen. Und was ist in NRW? Dort haben beide Volksparteien
zusammen nach 75 % nur noch 68 % kommunalen Rückhalt. Die SPD ist nach ihren
früheren grandiosen Zahlen von weit über 50 % jetzt sogar unter die 30 %-Marke
gefallen. Man kann ja wohl im Ernst kaum davon ausgehen, dass in allen
NRW-Kommunen sowohl SPD als auch CDU im Gleichschritt Fehler gemacht haben, die
zum Rückgang der allgemeinen Anerkennung geführt haben. Es muß also, ähnlich
wie bei uns, einen anderen Grund geben. An den Ergebnissen in den Städten sieht
man, dass das Ruhrgebiet wieder roter geworden ist, aber am Gesamtergebnis
sieht man, dass die Bevölkerung den beiden Volksparteien immer weniger zutraut.
Könnte es etwa doch sein, dass die kommunalen Leistungen der Parteien nicht
mehr so vorrangig der Maßstab für die NRW-Wahl, sondern dass andere Gründe für
die Ergebnisse entscheidend waren? Zeigt sich an der Wahl in NRW etwa doch,
dass besonders in den Städten die von einigen Kommentatoren prophezeite Teilung
der Gesellschaft schon weiter fortgeschritten ist, als es die Parteien wahr
haben wollen? Von den Kritikern hört man allenthalben das
Schlagetot-Argument der berechtigten allgemeinen Politikverdrossenheit. Ist das
Argument in vollem Umfang schlüssig? Selbstverständlich haben Politik und Wirtschaft
hierfür genügend Argumente geliefert. Aber genauso sicher ist auch, dass sich
die Diskussionen in der Bevölkerung über Politik an den Minimal-Inhalten der
Privat-TV-Sender orientieren. Wenn man außerdem bedenkt, dass die
Tageszeitungen als wichtigstes flächendeckendes Informationsmedium ständig an Auflagen
verlieren und die Bereitschaft zur Aufnahme von Hintergrundinformationen sinkt,
drängt sich eine andere und zusätzliche Erklärung für die Verdrossenheit auf. Wissen
setzt Fleiß und Aufnahmebereitschaft voraus. Ist beides nicht oder immer
weniger gegeben, erkennt der mündige Bürger, dass ihm möglicherweise für
Wahlentscheidungen das notwendige Wissen fehlt. Und dieses Eingeständnis, sei
es klar erkannt oder im Unterbewusstsein zielführend, ist verdrießlich bis hin
zur persönlichen Verdrossenheit. Dies zuzugeben dürfte am schwierigsten sein.
Da ist es doch vielfach besser, bei Anderen die Schuld zu suchen. Mit freundlichen Grüßen KLOCK |
Diesen Artikel weiterempfehlen | ![]() ![]() |
was ist Ihnen dieser Artikel und www.pecht.info wert? |
|
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |