Kritiken Theater | |||
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2009-09-12 Schauspielkritik: | |
„Othello“ in Bonn: Hohe Symbolik, mäßiges Schauspielniveau Schwarzes Gift der Eifersucht |
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ape. Bonn. Mord
und Totschlag in der Familie. Die Zeitungen sind voll davon. Ursache
vielfach: Eifersucht. Ein Gefühl, fast stärker als die vormalige Liebe;
Herz, Verstand und Persönlichkeit des Eifersüchtigen bis zur
Unkenntlichkeit zersetzend. Das Schauspiel Bonn hat sich zum
Saisonstart des Themas mit jenem Stück angenommen, das schon vor 400
Jahren den Wirkmechanismus der Eifersucht trefflich erhellte:
Shakespeares „Othello“. |
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Die Inszenierung von Stefan Otteni baut auf Symbolik. Auf Peter Sciors Bühne gibt es vor geschlossenem Rundhorizont drei zentrale Symbol-Elemente. Mittig das Schlafgemach von Othello und Desdemona, ein Kasten, der in strahlendem Gold von Liebesglück kündet. Ein zerbrechliches Styropor-Konstrukt, das der General am Ende in Eifersuchtsraserei zertrümmern, um zwischen den Fetzen sein unschuldig Weib zu erwürgen. Zweites Element: Große, mit zahllosen Glühbirnen bestückte Raumteiler, leuchten in variabler Anordnung in teils übergrellen Lichteffekten die Abgründe des Zersetzungsprozesses aus. Das dritte Symbol dieser Inszenierung ist eine dreckige, an Erdöl erinnernde Flüssigpampe, via Pipeline in ein Becken am tiefsten Punkt der Bühne geleitet. Schwarzes Gift der Eifersucht. Das schmiert sich Jago anfangs als Fingerzeig für seine finsteren Absichten auf die Zunge, damit besudelt er nachher Othellos Hände, darin badet der General vor dem Mord an seiner Gattin. So erst wird er in Bonn zum Mohr, zum Anderen. Bis dahin war er einer wie alle: ein Weißer. Mittels Staffage und moderner Textübertragung ins Heute versetzt, wirkt dies alles dank Jörg Dippes Darstellung des Jago wie ein Psycho-Experiment. Der Intrigant denkt und plant vor Publikum: Wo setze ich den nächsten Stachel, wie werden die Versuchkaninchen reagieren? Jago mästet und lenkt das Ungeheuer Eifersucht nach Gusto. Und interessiert vorgebeugt beobachtet er das jeweilige Ergebnis. Seine früh erklärte Absicht, Othello an der eigenen Eifersucht zugrunde gehen zu lassen, verfolgt er mit konsequenter Geradlinigkeit: kein Zaudern, kein Zweifeln, kein Grämen – ein ordentlich herausgespielter, jedoch von Anfang bis Schluss eindimensionaler Drahtzieher. Womit wir beim Problem des Abends wären, der Schauspielerei. Othello und Desdemona sind unglücklich besetzt oder wurden von der Regie falsch respektive nicht geführt. Raphael Rubino gibt der Titelrolle einen kräftigen Schlag naive Brummbärigkeit mit. Sein Lieben: aufgesetztes Schwärmen, sein Leiden: pathetische Weinerlichkeit, sein Zorn: tapsiges Toben. Philine Bührer kann dem auch nur das gezierte Ach und Weh aus dem alten Tragödinnen-Handbuch beigesellen. Kurzum: Zwischen dem inszenatorischen Anspruch der Symbol-Ebene und dem fast provinziellen Spielniveau liegen Welten. Das Stück berührt trotzdem – dank Shakespeare. Andreas Pecht Info: www.theater-bonn.de (Erstabdruck am 14. September 2009) |
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