Kritiken Theater | |||
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2010-05-31 Schauspielkritik: | |
„Merlin oder Das wüste Land“ in Bonn inszeniert von David Mouchtar-Samorai Edle Ritter der Tafelrunde sind auch nur Menschen |
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ape. Das
Stück „Merlin oder Das wüste Land“ von Tankred Dorst ist für jedes
Theater, das es anpackt, ein arger Brocken. Ganz ausgespielt, würde
dieses an der Artus-Sage festgemachte Welttheater über das Gros
menschlicher Daseinsfragen drei lange Abende dauern. Annegret Ritzels
Koblenzer Inszenierung kam im vergangenen Jahr mit vier Stunden und 15
Minuten aus. David Mouchtar-Samorai schafft es jetzt in den
Kammerspielen Godesberg sogar mit einer halben Stunde weniger. Dennoch
wird einem auch sein Abend lang – trotz schlüssigen Regiekonzepts,
starker Schauspielerleistungen und etlicher packender Passagen. |
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Verglichen mit Koblenz fällt in Bonn sofort die optische Reduzierung auf. Heinz Hauser hat eine für das märchenhafte Werk schon fast spartanische Bühne eingerichtet: Hintergrund schwarz, auf dem Boden Herbstlaub, in die Seitengassen ein bisschen Kostümfundus gehängt. Dazu auf der Spielfläche fünf Metallstangen, als Symbol der Tafelrunde, als Frontlinie oder als Spieße nutzbar. Artus' Ritter sind in zeitlos ernstes Schwarz-weiß gewandet. Farbe steuert Reizflitter bei neckischen Zwischenszenen im Varieté-Stil bei. Das ist die eine, die humorige Methode Mouchtar-Samorais, den dramatischen Fluss des Stückes verfremdend zu brechen. Die andere: Darsteller pendeln zwischen ihren Rollen und der Position des literarischen Erzählers. So wird das Spiel zum Spiel im Spiel und das Zusehen zum Wechselbad: mal Komödie, in der die edlen Mannen sich als Knallchargen vermenschlichen; mal gewichtiger philosophischer Diskurs am Beispiel der Artus-Sage. Das könnte in Bonn zwei gute spannende Stunden tragen, darüber hinaus erschöpft sich der Ansatz. Das Stück ist in Bonn weitgehend auf einen zentralen Erzählstrang eingekocht, was den Fortgang der Dinge film- und romanbekannt absehbar macht. Merlin wird als Sohn des Teufels in die Welt geboren, um „die Menschen zum Bösen zu befreien“. Der Zauberer indes schlägt aus der Art, setzt Artus mit der Tafelrunde die Utopie von einer besseren, edleren Welt in den Kopf. Doch der Menschen Unarten zerstören das Werk. Treuebruch, Eifersucht, Dünkel, Widerspenstigkeit der Folgegeneration – am Ende ist die Tafelrunde zerbrochen, hat König Artus (Guido Gallmann) sein Weib Ginevra (Verena Güntner) an Freund Lancelot (Thomas Ziesch) verloren. Die letzte - in berichtetender Prosa erzählte - Schlacht ficht er gegen seinen missratenen Sohn Mordred (Arne Lenk), weil es schließlich Pflicht sei, dass er seine Herrschaft verteidige. Sollte es auch ihn und Zehntausende aus den Völkern das Leben kosten. So kommt das Stück denn wieder im „wüsten Land“ an: beim gewöhnlichen Gang der menschlichen Dinge, bei Mord und Totschlag, Tyrannei, Folter und Verbrennungsöfen. Merlin hatte es als Säugling schon vorausgesehen, wollte aber dagegen anstinken. Bernd Braun liefert eine brillante Leistung ab, indem er seinen Merlin über dreidreiviertel Stunden immer tiefer in lakonische Gleichgültigkeit ob der unverbesserlichen Borniertheit der Menschen sinken lässt. Andreas Pecht Infos: www.theater-bonn.de (Erstabdruck 1. Juni 2010) |
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