Hallo Freunde, die ihr öfter versucht, den Autor schnell mal auf Handy zu erreichen. Vergebliche Müh‘! Das Monsterchen und sein Besitzer halten sich selten am selben Ort auf. Wenn doch, mangelt es dem Kleinen entweder an Saft oder es ward ihm – wegen Verkehr respektive Benimm – die Gurgel abgedreht. Schickt besser die gelbe Post oder ’ne E-mail, meinetwegen probiert es über das Festnetz daheim: Geht alles rascher als die Kontaktsuche via Mobiltelefon. Sollte dann keine Rückmeldung erfolgen, habe ich anderes zu tun und also sowieso keine Zeit – oder keine Lust, mit just diesem Menschen zu reden. Weshalb in beiden Fällen auch das Handy nutzlos wäre.
Ihr meint, diese Einstellung sei gestrig, geschäftsschädigend, kommunikationsfeindlich? Nö! Ordentliche Termin- und Themenabsprachen bedürfen keines nachlaufenden Gegackers. Und wer über Jahre pünktlich ist, dessen Ausbleiben wird von den Wartenden automatisch höherer Gewalt angelastet; ganz ohne Alarmgenöhle aus diesem oder jenem Stau. Auf Freundschafts-Vergewisserung mittels Handy-Gezwitscher kann gut verzichten, wer regelmäßig zwecks ausgiebigen Gedankenaustausches mit den Freunden beisammen hockt. Und wem der Empfang von Herzensgesäusel im 10-Minuten-Takt als Liebesbeweis gilt, der hat eben jene Leidenschaften nicht verdient, die von der Sehnsucht nach dem vorübergehend unerreichbaren Objekt der Begierde entfacht werden.
Es ist, als hätte die Evolution mit dem Handy ein neues Sinnesorgan wachsen lassen. Den Allzeit-bereit-Sinn. Blöd ist nur, dass der neue Sinn die alten abstumpft. Hörst du noch oder telefonierst du schon? Guckst du noch oder fotografierst du schon? Sprichst du noch oder simst du? Denkst du oder twitterst du? Planst du oder hast du einen Blackberry? Sicher, die Geschwindigkeit von Kommunikation und Information ist enorm gestiegen. „Joa“, schnauft Freund Walter aus der Fernsehecke, „aber braucht das jemand, außer vielleicht Nachrichtenfuzzis oder Börsenzocker. Und selbst denen nützt’s nix: Die Nachrichten wissen alles sofort, verstehen aber gar nichts; die Börsen sind irre flott, beim Geldverbrennen.“
Walter hat ein neues Hobby. Er klappert im TV Promi-Sendungen ab. Will herausbekommen, wer heute aufgrund welcher Leistung prominent ist. Schwierig, denn von 80 Prozent dieser Promis haben er und ich noch nie gehört. Deren mühsam nachrecherchiertes Leistungsspektrum indes beeindruckt: Käfer gefressen, Rundungen vorgezeigt, gekocht, Dilettanten angeschissen, gekocht, in schlechten Serien noch schlechter gespielt, gekocht, in Containern randaliert, ausgewandert, eingewandert, gekocht, gekotzt, von einem zum andern Sender gereicht und so kochend wie kotzend prominent geworden. Höhepunkt auf einem Kanal: Redaktion zwingt dem irritierten Helmut Schmidt die Ehre auf, mit käferfressender Rundungsblondine zu diskutieren.
Tröstlich, dass wenigstens die Koblenzer SPD nicht von allem Geist verlassen ist. Einen Landeskulturpolitiker, Hofmann-Göttig, für die Oberbürgermeister-Wahl zu nominieren: Es gibt schlechtere Empfehlungen als Kulturverstand. Ärgerlich, dass Walter und ich diesbezüglich zu sehr auf Dementis vertrauten. Es hätte sich manche Kiste Wein gewinnen lassen. Was nicht dem Kandidaten anzulasten ist: Dessen Lebensplanung ignorierte bis vor kurzem wohl einfach, dass die Personallage der Sozis am Deutschen Eck ist wie sie ist – und an H-G allenfalls ein Lewentz-Weg hätte vorbeiführen können. Spannend bleibt: Wen zaubert die personell ebenso dünnbrüstige Koblenz-CDU aus dem Hut? Doch ihren Assenmacher? Das wäre dann jenes hübsche Duell zwischen zwei kultursinnig gescheiten Männern, das wir an dieser Stelle schon im Dezember 2006 prognostiziert hatten. Hey Walter, ruf doch mal die hiesigen Buchmacher an!
Nachtrag:
Die tagesaktuelle Entwicklung hat die reizvolle Idee von einem Duell zwischen Hofmann-Göttig und Assenmacher um den Koblenzer OB-Posten in Rauch aufgehen lassen. Während die Monatszeitschrift „Kulturinfo“, für die diese Kolumne geschrieben wurde, schon durch die Druckmaschinen läuft, hat die Koblenz-CDU ihre Kandidatenliste geschlossen. Assenmacher steht nicht drauf. Je nachdem wie die örtliche CDU-Mitgliederversammlung am 22. April entscheidet, bekommt es Kulturstaatssekretär H-G mit einem Rechtsanwalt und EU-Berater (Thomas Giesen), einem Autohaus-Manager (Ralf John) oder dem derzeitigen Lahnsteiner Oberbürgermeister (Peter Labonte) zu tun. Walter und ich tippen: Labonte wird in den Ring geschickt.