Die schnoddrige Art von Jörg Kachelmann gefällt mir. Aber sollte der Oberwetterfrosch den Wetterbericht im SWR nochmal mit „willkommen in ihrem Lieblings-Dritten“ eröffnen, kriegt er die Freundschaft gekündigt und gilt meine Zuneigung fortan Claudia Kleinert ganz allein. Nix gegen den SWR, da arbeiten etliche gescheite Kollegen, und es gibt schlechtere Sender zuhauf. Allerdings auch ein paar bessere. Es geht einem aber auf den Kittel, selbst von den Öffentlich-Rechtlichen derart angebaggert zu werden. Heh, Kachelmann: Nur weil ich abends notgedrungen Landesnachrichten und -wetter beim SWR einschalte, ist der noch lange nicht mein Lieblings-Drittes.
Nur weil ich vor 33 Jahren Mittelrheiner geworden bin, ist der Mittelrhein ja auch nicht automatisch der schönste, potenteste, aufstrebendste und überhaupt einmaligste Fleck im Universum. Dennoch tut (schlechte) Propaganda ständig, als sei es genau so. Weshalb niemand mehr die Sprüche für bare Münze nimmt, mit denen alle (schlechten) Werbebroschüren rund um den Erball in gleicher Weise ihre jeweilige Region anpreisen. Warum werden trotzdem immer wieder allüberall dieselben Sprüche hingeschrieben, versendet, herumposaunt? Darauf gibt es nur zwei Antworten. Erstens: Einige Sprücheklopfer wissen nicht, dass sie ihrer geliebten Heimat auf zurückhaltendere Weise viel besser gerecht werden könnten. Zweitens: Etliche Sprücheklopfer halten die Leute, für die ihre Sprüche gedacht sind, wohl schlichtweg für doof.
Die zuletzt beschriebene Haltung scheint vor allem in Kreisen verbreitet, die sich gemeinhin als „Eliten“ verstehen. Ich habe Walter versprechen müssen, mir Wortspiele auf Deubel, Belzebub, Ring und faule Eier zu verkneifen. Man könnte sich’s nämlich mit den Fastnachtern verderben, würden in dieser Zeitschrift die wichtigsten Regionalpointen der kommenden Session vorweg durchgenudelt. Zugestanden hat der Freund wenigstens diese Frage: Wie kann es sein, dass all die gewöhnlichen Doofen schon vor Monaten wussten, die Kiste dort oben in der Eifel stinkt zum Himmel, während die damit befassten Eliten noch fest überzeugt waren, das finanztechnische Ei des Kolumbus auszubrüten?
Vielleicht geht die Antwort folgendermaßen. Wenn selbst ein studierter Doofer wie ich nach dreimaliger Erklärung und langem Nachdenken partout nicht begreift, wie jene Finanzierung funktionieren sollte, dann bekennt er: „Kapier ich nicht“ und meldet fortdauernde Skepsis an. Am Ringprojekt beteiligte Politiker, Geschäftsleute, Lobbyisten – denen wir durchaus gute Absichten unterstellen – ticken offenbar ganz anders. Sie sehen am nackten Kaiser neue Kleider, weil sie sie sehen wollen. „Kapier ich nicht“ gibt’s nicht, Skepsis also auch nicht. „Tolle Sache!“ heißt die autosuggestive Generallinie, nach der neben den Finanzproblemen für alle Zukunft Nebel, Schnee und Eis gleich mit aus der Eifel verbannt werden. So viel Vertrauen in den Klimawandel wie bei den Ganzjahres-Betriebsprognosen fürs Nürburgring-Disneyland gab es bislang nirgends.
Doch was versteht unsereiner schon von den Kalkulationen derartiger Jahrhundertprojekte. Wenig, selbstredend. Ich mag die Nürburg-Umgebung, ihrer bisweilen auch spröden Beschaulichkeit wegen; bin dort gelegentlich auf Schusters Rappen unterwegs. Walter hat den Nürburgring gemocht, hat dort manches Rennen erlebt (als Zuschauer). Uns beide allerdings müssen die Herren der Rings aus der Kalkulation streichen. Der neue Gigant-Zirkus ist unser Ding nicht mehr. Und sowieso haben wir überhaupt keine Lust auf ungewisse Winterfahrten durch die Wallachei, bloß um uns dort oben auf der schnellsten Achterbahn der Welt einen kalten Hintern zu holen oder im künstlichen Gastro-Party-Dorf die Kanne zu geben. Ob die Rechnung der Ring-Geister dennoch aufgeht?