ape. Es ist zum Steinebeißen, Mäusemelken, Haareraufen – mit diesem Mainz. Gestern ließ es mir als Auswärtigem (wieder einmal) nicht die geringste Chance, rechtzeitig die (zweite) Aufführung der Theatergruppe Rimini Protokoll zum Auftakt des Festivals „Grenzenlos Kultur“ in seinen Mauern zu erreichen. Man sollte ja meinen, ein mittlerweile vorsorglich auf drei Stunden erweitertes Zeitfenster müsste per Auto via A3, A66, MZKastel, Heuss-Brücke locker hinreichen für die läppischen 98 Kilometer vom Unterwesterwald bis zum Staatstheater der Landeshauptstadt. Mitnichten, Freunde! Bis Abfahrt Kastel ging es trotz zahlloser Baustellen auf der A3 zäh, aber recht flüssig voran. Sobald jedoch auf rechtrheinischem Mainzer Grund angekommen, reduzierte sich das „Fahrtempo“ auf etwa 50 Meter pro 10 Minuten. Kurzum: Als drüben im Theater um 19.30 Uhr die Vorstellung begann, war ich zwar mit den Nerven völlig runter, aber noch nicht mal über den Rhein. Ergo musste der Theaterkritiker unverrichteter Pflichten und Freuden wieder von dannen ziehn.
Ja, ja, ich weiß inzwischen, dass gestern Firmenlauf in Mainz war und allerhand Mannschaften aus Unternehmen und Ministerien schnaufig sich dahinschleppend die Innenstadtstraßen verstopften. Tut indes recht wenig zur vermaledeiten Mainzer Verkehrssache, weil der gestrige Ausnahmezustand sich nunmal seit einigen Jahren kaum unterscheidet vom wochentäglich häufig zu erlebenden Normalzustand. Diesbezüglich hat Mainz zur Millionenstadt Köln aufgeschlossen. Einziger Unterschied noch: Die Rheinländer sind berechenbarer – in und um Köln ist eben immer Stau. Wer von außen hinein will zum abendlichen Theater- oder Konzertbesuch, sollte sich bis 16 Uhr schon so weit angenähert haben, dass er die Dom-Türme sehen kann. Andernfalls wird das nix mit Ankommen zum Vorhangauf um 19.30 Uhr. Die Rheinhessen indes sind unkalkulierbar, gönnen einem mitunter völlig überraschend auch Wochentagsfrühabende mit gänzlich freier Fahrt bis Mitten ins Herz des scheene Määnz – lassen dich aber anderntags wieder in erbarmungslosem Straßenchaos stecken.
Auch auf die Gefahr hin, in Mainz auf ewig persona non grata zu werden, schlage ich vor: Man lege alle hochkarätigen Mainzer Kultur-Abendveranstaltungen, die auch für Auswärtige interessant sein könnten, aufs Wochenende. Oder aber, man verlege sie wochentags ins Kurhaus/Staatstheater Wiesbaden – denn dahin bin ich seit 25 Jahren noch jedesmal pünktlich gekommen.
Andreas Pecht