ape. Was macht dem Kulturkritiker beim Schreiben seiner Kritiken die meiste Mühe? Egal ob Theater-, Literatur-, Musik-, Kunstkritik: das Weglassen. Hätte er auch reichlich Sendezeit oder Druckplatz zur Verfügung: Die Kritik muss immer verkürzen, reduzieren, komprimieren, kann stets nur einen kleinen Teil jener zahllosen Aspekte würdigen, aus denen sich etwa ein Theaterabend oder eine Ausstellung zusammensetzen.
Eine Schauspielnszenierung besteht aus mehreren Dutzend Komponenten. Z.B. Inhaltliche, dramatische, sprachliche Qualitäten der Stückvorlage. Dazu kommen bei der Umsetzung, grob gelistet: Textbearbeitung, Interpretation, Sprech- und Spielweise generell sowie in jeder einzelnen Rolle, Bühnenbild, Kostüme, Requisiten, Licht, Ton ….
Was ist an diesem oder jenem Werk/Kulturereignis wichtig, prägend, zentral? Welche Momente sind exemplarisch für die künstlerische Gesamtabsicht? Welche maßgeblich für das kritische Urteil? Welche muss man des Verständnisses jener Mehrzahl der Leser wegen beschreiben, die das Ereignis selbst (noch) nicht miterlebt haben?
Am Ende muss jede Rezension immer allerhand unter den Tisch fallen lassen. Wenn sie gelungen ist, resultiert für den Leser daraus dennoch ein zwar vager, aber verständlicher Gesamteindruck sowie eine naturtgemäß subjektive, doch nachvollziehbar hergeleitete Kritikerbewertung. Und wer gibt dem Kritiker das Recht zu einer solchen Bewertung? Ganz einfach: Das Interesse der Öffentlichkeit und der Kunstschaffenden daran. Der Kritiker ist der Einzige im Kulturbetrieb, dessen Berufspflicht darin besteht, künstlerische Leistungen öffentlich zu bewerten – und er ist bei der Urteilsfindung stets ganz mit sich alleine. Andreas Pecht