ape. Heute musste ich mal raus „an die Front“ ein paar Nötigkeiten zukaufen. Zur Tankstelle wg. Benzin (und Rauchware). Viel Sprit brauche ich zwar nicht dieser Tage, aber ein leerer Tank könnte in irgendeinem Fall der Fälle problematisch werden. Vor der Kasse sind nun Abstandsstreifen auf den Boden geklebt. Ich sage: „Prima“. Die junge Kassiererin erwidert lächelnd: „Muss sein.“ Hinter mir kommt ein Kunde rein, nimmt die Streifen nicht wahr. Ich deute freundlich, aber mit hochgezogener Braue auf den Fußboden. Er: „Ach ja, klar. Entschuldigung“ – macht zwei Schritte zurück und hebt die Hand zum Gruß.
Hernach geht’s zum Supermarkt. Für einen Samstagvormittag herrscht eher etwas unterdurchschnittlicher Betrieb. Schlange beim Bäckerfilialisten im Eingangsbereich. Gedruckte Warnhinweise mit Bildchen hängen aus: „Abstand halten 1,5 bis 2 m“. So viel Platz gibt der Raum vor der Bäcker-Theke gar nicht her, dennoch bemühen sich die Wartenden sichtlich um möglichst große Zwischenräume. Ob hier oder im Markt drinnen: Mundschutz trägt niemand; nur zwei Mädchen so im Alter zwischen 17 und 20 haben sich Schals vor Mund und Nase gewickelt. Ich lobe sie mit nach oben gestreckten Daumen. Dem Augenausdruck nach grinsen daraufhin beide, und eines der Mädels ruft herüber: „Extra für Sie!“
Mit dem Einkaufswagen durch die Gänge. Man verständigt sich mit Blicken: Wer tritt zur Seite, lässt wen vorbei? Vor Regalen und Kühltruhen: Wer wartet, bis der/die andere gewählt und zugegriffen hat? Es wird viel gelächelt. Ein junger Mann steht grübelnd vor dem fast leeren H-Milch-Regal. „Sieht dünne aus“, bemerke ich. Darauf er grinsend und schulterzuckend: „Joa, Scheiße. Aber daran sterben wir nicht.“ Vor der Fleisch/Wursttheke hat sich eine Schlange gebildet. Ich muss da nicht hin, beobachte aber neugierig: In der Warteschlange werden umstandslos recht ordentliche Abstände eingehalten. So auch von einer älteren Dame. Als sie an der Reihe ist, bleibt sie wohlüberlegt gut einen Meter von der Theke weg. Doch als die Verkäuferin sie nach ihren Wünschen fragt, tritt die alte Dame reflexartig ganz an die Theke heran, deutet auf diese und jene Wurstsorte – erschrickt aber nach einigen Sekunden und macht mumelnd wieder zwei Schritte zurück. Gewohnheiten sind stark, sie bewusst auszuknipsen, ist gerade bei den alltäglichsten Verrichtungen nicht so einfach.
Ruhe und beträchtliche Disziplin, dazu immer wieder Lächeln nebst (galgen-)humorigen Bemerkungen auch an den Supermarkt-Kassen. Mein Samstagseinkauf war durchaus nicht unangenehm, der Umgang der Menschen miteinander zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort machte mir regelrecht Freude. Gewiss haben Andere an anderer Stelle auch unschöne Momente erlebt. Doch sagt mir mein Einkaufserleben zwischen lauter ganz gewöhnliche Leuten: Viele, wahrscheinlich das Gros der Mitmenschen haben verstanden, worauf es jetzt ankommt.
Andreas Pecht