ape. Dienen die gestern beschlossenen Maßnahmen dem aktuell übergeordneten Primärziel des Seuchenschutzes und der Seuchenbekämpfung? Das da heißt: Absenkung der Neuinfektionen und Todeszahlen auf ein möglichst niedriges Niveau und Beendigung des Zustands großflächigen diffusen Infektionsgeschehens. Ja, sie dienen dem Ziel, das Infektionsgeschehen so weit zu reduzieren, dass hernach einzelne Infektionsketten wieder verfolgbar sind, einzelne Ausbrüche wieder gezielt bekämpfbar sind und wir mit strammen, konsequent durchgehaltenen Hygienekonzepten an vorsichtige örtliche Teilöffnungen denken können. Insofern stimmt die grobe Richtung und gilt nun für Staat und Zivilgesellschaft: machen, umsetzen, durchsetzen, diszipliniert dran halten.
Gehen die Maßnahmen weit genug, um dieses Ziel auch zu erreichen? Ungewiss. Vieles hängt davon ab, wie kräftig die ansteckenderen Virus-Mutanten zuschlagen und welchen Raum wir ihnen zur Verbreitung lassen, also vor allem wie stark oder schwach Mobilitäts- und Kontaktminimierung im Land ausfallen. Auch insofern gehen die gestern beschlossenen Maßnahmen grob in die richtige Richtung und liegt die Kanzlerin richtig mit ihrer vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklungen in Großbritannien und Irland getroffenen Aussage: „Es ist hart, was wir den Menschen zumuten müssen, aber das Vorsorgeprinzip hat Vorrang.“ Dieser Satz entspricht übrigens einer Urmaxime des Katastrophenschutzes: „Wir müssen vor die Lage kommen, nicht ihr ständig hinterherlaufen.“
Gewiss, auch ich hätte an den jetzigen Maßnahmen diesen oder jenen Teilaspekt zu kritisieren; vor allem sind sie mir, wie schon die vorherigen Teillockdowns nicht entschlossen genug. Ich habe immer die Ansicht vertreten, „sehr heftig, aber kürzer, statt weich, aber auf lange Dauer“. Gleichwohl stelle ich meine Kritik zurück und unterstütze die jetzt beschlossenen Maßnahmen – eben weil sie in die richtige Richtung gehen und dem oben genannten aktuell übergeordneten Primärziel dienen. Konsequent durchgezogen, können und werden sie jedenfalls mehr bringen als alles Zerreden und Beckmessern, das gestern schon während der noch laufenden Pressekonferenz sich unverdrossen zu neuen Höhen aufgeschwungen hat.
Andreas Pecht