ape. Im Grunde war ich als Schreiber wie auch als Leser mein Lebtag ein Jünger des Gedruckten. Und bin es noch immer. Papierene Bücher und Zeitungen sind meine publizistische Primärwelt. Das mag manche irritieren, die mich nur als Verfasser kurzer Notate auf Facebook kennen oder von Veröffentlichungen auf meiner website hier respektive andernorts im Netz. Tatsächlich aber stand (und steht noch) der weit überwiegende Teil meiner eigentlichen Artikel bereits beim Schreiben unter der Prämisse „sie werden in gedruckter Form erscheinen“ – und vor dem geistigen Auge des Schreibers saßen/sitzen Leser und Leserinnen über bedrucktem Papier, um sich konzentriert zu Gemüte zu führen, was ihm aus der Feder geflossen.
Natürlich weiß ich, dass das heute höchstens noch die halbe Wahrheit ist, weil die andere Hälfte inzwischen aus Elektro-Lektüre auch meiner Texte besteht. Darüber soll hier nicht lamentiert und keineswegs gegen das Schreiben und Lesen auf elektronischen Medien plädiert oder polemisiert werden. Das mag jede/r nach eigenem Gusto halten. Ob Papier oder Bildschirm: Am Ende kommt es vor allem auf die Qualität des „Contents“, des Inhalts an. Zwar attestieren eine Menge Studien, dass im Netz anders gelesen und fürs Netz auch vielfach anders geschrieben werde als in der Papierwelt. Ich selbst mag mich als betagter Leser und ruheständlerischer Gelegenheitsschreiber von meiner eigenen über Jahrzehnte gepflegten Lese- und Schreibkultur nun nicht mehr mit aller Gewalt trennen.
Schon in Lehr- und Studentenjahren, erst recht nachher in journalistischen Berufszeiten war meine täglich mehrstündige Presseschau eine (genussreiche) Papierorgie – vorausgesetzt, die wichtigsten Zeitungen waren kostenfrei greifbar. Geblieben ist davon die tägliche Lektüre der Frühstückszeitung in Papierform, die wöchentliche Schlacht mit den Übergrößen der „Zeit“ und bisweilen der FAS sowie das Ausdrucken im Netz gefundener langer und gewichtiger Texte diverser Qalitätsmedien von SZ bis nature. Man mag es verstehen oder nicht, goutieren oder nicht: MEIN Hirn jedenfalls erfasst, durchdringt, behält schwarz auf Weiß Gedrucktes wesentlich besser als Bildschirmtexte. Nur ein Frage der Gewohnheit? Mag sein.
Wie komme ich an einem trüben Herbsttag auf derartige Gedanken? Nun ja, die Frühstückszeitung brachte heute eine fette Sonderbeilage „175 Jahre Westerwälder Zeitung“ mit ins Haus. Damit ist dieses einst selbstständige Blatt fast dreimal so alt wie das Kopfblatt Rhein-Zeitung (für das ich 35 Jahre geschrieben habe), in deren Verbund es seit Jahrzehnten als eine von 12 Lokalausgabe erscheint. Ein Stück Medienkulturgeschichte meiner westerwäldischen Wahlheimat also, die in besagter Sonderbeilage hoffentlich auf interessante Weise aufbereitet ist. Was ich noch nicht weiß, weil ich sie erst am Abend im Ruhe durchgehe.
Andreas Pecht