31.12.2019
Wenn ich heute in der Nacht beim Jahreswechsel gut einen im Tee hab‘, singe/gröhle ich gewiss wieder die alten Lieder meiner Jugend. Zuerst „Unsre Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, ohne Licht und ohne Brems mit ganz viel Gas…“. Zwei Gläser weiter folgt die Traditionshymne dreier Generationen „Wir versaufen unsrer Oma ihr klein Häuschen …“. Dabei blicke ich dann auf dieses Jahr 2019 zurück, das u.a. davon geprägt war, dass nicht wenige vermeintlich erwachsene Menschen in einem fort ganze Gebirge von Spott, Häme, Beleidigungen, Schmutz, Niedertracht, Hasstiraden über die Jugendlichen der Klimaschutzbewegung ausgeschüttet haben – so wie dereinst die Alten über uns, die damaligen Rocker, Gammler, Hippies, SDSler…
17.12.2019
So, liebe Leut‘. Für mich ist 2019 gelaufen. Der letzte Termin war die Beethoven-Ausstellung in Bonn. Der letzte Text, die Monatskolumne „Quergedanken“, ist gerade ins Netz gestellt. Jetzt ziehe ich mich bis Anfang 2020 zurück vom nervigen Trubel der Welt, Internet nebst Facebook inklusive – um zunächst in Ruhe mein traditionelles Neujahrsessay zu schreiben (Titel heuer: Die Menschheit am Scheideweg) und hernach dem schieren Nichtstun zu frönen. Es dürstet mich heftig nach Vertrödeltagen und buchstäblich langer Weile.
Da die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, endet für mich das Jahr mit Hoffnungsschimmer. Erstens mit der Freude über die urplötzlich losgebrochene „Sardinen“-Bewegung in Italien gegen Nationalismus, Intolerenz, Rechtsradikalismus und Hass-Unkultur. Zweitens mit der Erwartung, dass die globale Bewegung für die Eindämmung des Klimawandels sich nicht entmutigen lässt. Nichts wäre schlimmer für die Menschheit, als wenn die Millionen jungen Leute von Fridays für Future sich durch den Madrider Bankrott der interationalen Staatspolitik in die Resignation treiben ließen.
Denn ihr Druck wird jetzt mehr denn je gebraucht – um den zaudernden, halbherzigen, ungenügenden Klimaschutzinitiativen Europas und diverser Ländern weltweit Feuer zu machen; und um die Gesellschaften in Ländern mit den Klimaschutz blockierenden Regierungen zu ermutigen, das ihnen Menschenmögliche auch ohne oder gegen ihre Staatsführungen zu unternehmen. Wie etwa in den USA, wo etliche Bundesstaaten und viele Großstädte einen bemerkenswert offensiven Klimaschutzkurs verfolgen, trotz und gegen Trump.
Mit Hoffnung im Herzen und der schönen Aussicht auf einige Tage langer Weile wünsche ich allerseits behagliche Feiertage und einen guten Rutsch. Bis dänne.
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Mein letzter Text im Jahr 2019: die Monatskolumne „Quergedanken“, Folge 178. Worum es darin geht, mag das folgende Zitat aus dem Artikelanfang skizzieren: „Bisweilen werde ich als Technikfeind gescholten. Da liegt ein Missverständnis vor. Auf Waschmaschine und Geschirrspüler, Rasenmäher und Kettensäge, Radio, TV und Computer mag ich nicht mehr verzichten. (…) Walter brummt missmutig: `Machst du jetzt Werbung für Kauf-dich-blöd-Märkte?‘ “ > Quergedanken 178 „Wunderwelt der modernen Technik“ (freier Lesetext)
16.12.2019
Das Beethoven-Jahr 2020 ist gestartet. Ab morgigem Dienstag (17.12.2019) macht das Beethoven-Haus zu Bonn seine neu gestaltete Dauerausstellung (nebst einer kleinen Sonderschau über Entstehung, Hintergründe, Rezeption von Joseph Stielers berühmten Beethoven-Porträt) dem Publikum zugänglich. Zeitgleich öffnet die Bundeskunsthalles Bonn die Pforten zur zentralen Ausstellung anlässlich Beethovens 250. Geburtsjahr unter dem Titel „Beethoven. Welt. Bürger. Musik“. Ich hatte vergangene Woche die Möglichkeit zu einem Vorabrundgang durch diese Laien und Kenner gleichermaßen ansprechende interessante Schau. > Meine Ausstellungsbesprechung (5300 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)
15.12.2019
Bis vor kurzem mochte ich Sardinen nicht sonderlich. Jetzt aber liebe ich sie. Warum? Weil in Italien aus einem kleinen Flashmob in Bologna unter dem Namen „Sardinen“ binnen eines Monats eine Flächenbewegung geworden ist, die an diesem Samstag allein in Rom etliche zehntausend Menschen auf die Straße gebracht hat – zum Protest gegen Intoleranz, Nationalismus und Rechtsextremismus. Feine Sache.
13.12.2019
So, unter Langeweile muss in diesem Winter niemand leiden. Allein hierum im südlichen Westen lohnen fünf Großausstellungen von besonderem Format den Besuch. Heute durfte ich die zentrale Ausstellung zum Beethoven-Jahr 2020 in der Bundeskunsthalle Bonn vorbesichtigen (Besprechung folgt). Die am Dienstag (17.12.) fürs Publikum öffnende und bis 26.4. dauernde Schau ist ein Hammer. Gestern war ich bei der Vorstellung des Jahresprogramms 2020 im Arp Museum Remagen. Dort gibt es ab 16.2. den nächsten Hammer: Surrealismus total mit u.a. 25 Werken von Salvador Dalí. Im Historischen Museum Speyer läuft bis Juni 2020 die medizinhistorische Ausstellung „Medicus – Die Macht des Wissens“. Und klassische Kunst der höchsten Kategorie bietet noch bis 16.2. die große Van Gogh-Schau im Frankfurter Städel sowie bis 1.3. die Rembrandt-Ausstellung im Kölner Wallraf-Richarz-Museum. Mit diesen Aussichten ein schönes Wochenende allerseits.
> Vorbericht Jahresprogramm 2020 im Arp Museum Remagen
10.12.2019
Es ist lange her, dass ich nach einer Produktion von tanzmainz das Staatstheater Mainz derart ratlos verlassen habe wie an diesem Sonntag. 70 Minuten dauert die Uraufführung des Tanzstückes „Tambora“. Nach einer halben Stunde des Schauens setzt sich im Kopf die Frage fest: Was soll das? Denn es bleibt, was das Tanzgeschehen zeigt, weithin unbegreiflich. Erst die nachherige Lektüre des Programmheftes gibt vagen Hinweis, was der Choreograf im Sinn hatte. Weshalb wieder mal die Frage im Raum steht: Muss man sich Kunstwerke erst erklären lassen, bevor man sich ihnen aussetzt? > Meine Besprechung und Anmerkung (4600 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)
09.12.2019
Arthur Millers „Hexenjagd“ jetzt am Staatstheater Mainz: Das sind drei Stunden von packender, beklemmender, entsetzender Wucht – über eine Gemeinde, in der religiöser Wahn, Hass, Machthunger, Habgier und Angst eine kollektive Hysterie auslösen. Etliche Theater haben das Drama von 1952 jüngst wieder auf dem Spielplan, im Fernsehen war eben eine der Verfilmungen zu sehen. Denn was Miller als Reaktion auf das Klima aus Hetze, Denunziation und Angst während der amerikanischen McCarthy-Ära schrieb, lässt sich heute lesen als Warnung vor dem Abgleiten unserer Gesellschaft in eine ähnliche Atmosphäre aus hasserfüllter Unvernunft, Intoleranz und von Dogmen geschürten Ängsten. > Meine Premierenkritik (3900 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)
08.12.2019
Historische Stoffe insbesondere über das Mittelalter sind seit den 1980ern Buch- und Kinohits, etwa „Die Säulen der Erde“, „Die Päpstin“, „Die Wanderhure“ oder natürlich Noah Gordons „Der Medicus“. Letzteren nutzt jetzt das Historische Museum der Pfalz in Speyer als Aufhänger für eine große Ausstellung über zentrale Stationen der Medizingeschichte in den letzten 5000 Jahre. Bewegen sich besagte Romane/Filme teils recht frei im Grenzland zwischen Fakten und Fiktion, so hebt die hochinteressante und lehrreiche Schau „Medicus – Die Macht des Wissens“ ab auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über das Gesundheitsbemühen von Ärzten und Heilern diverser Epochen und Kulturen. > Meine Ausstellungsbesprechung (5000 Anschläge, RZ-Text, 49 Cent)
07.12.2019
In den zurückliegenden zehn Jahren hat sich die Zahl der kategorischen Klimawandelleugner um mindestens 90 % verringert. Sie bestreiten nun nicht mehr die Existenz des jetzigen Klimawandels (wie auch?). Stattdessen versuchen sie mit aller Gewalt zu „beweisen“, dass er – wie jeder vorherige Klimawandel in der Erdgeschichte – natürlichen Ursprungs sei und keineswegs von Menschen verursacht. … Eine Anmerkung zu dieser Theorie (freier Lesetext)
06.12.2019
Es nutzt ja nichts, sich in Sachen Klimawandel/Klimaschutz einen in die Tasche zu lügen und den Leuten etwas vorzumachen. In diesem Fall stellt das Prinzip „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ keine Option dar, denn die Natur ist für solche Tricks unempfänglich. Man kann, soll, muss den Menschen reinen Wein einschenken: … Mein Kommentar dazu (freier Lesetext)
04.12.2019
Es gibt rund 200 Staaten auf Erden. Zwei davon, VR China und USA, stoßen zusammen 43% des zivilisatorischen CO2 weltweit aus. Von den übrigen 57 % entfallen 31% mit einstelligen Anteilen auf 16 weitere Staaten (unter diesen steht Deutschland mit 2 % an vierter Stelle). Zu den verbleibenden 12 % globaler CO2-Emission tragen 184 Staaten jeweils nur 0,X oder 0,0X % bei. Ergo: Würden 198 Staaten dem Fatalismus folgen, der hierzulande bisweilen gepredigt wird – „angesichts China und USA sind Klimaschutzbemühungen andernorts eh sinnlos“ – blieben 57% CO2-Emissionen unangetastet. Es gilt in diesem Fall nun mal: Viel Kleinvieh macht sehr viel Mist – und wir sind eines der größten unter den kleinen Viechern.
03.12.2019
Muss ich als Nichtsozialdemokrat eine Meinung zum neuen Führungsduo der SPD haben? Muss ich nicht. Kann ich gar nicht, weil mir die Frau und der Mann unbekannt sind. Da „unbekannt“ ebenfalls kein sinnvolles Beurteilungskriterium ist, warte ich einfach mal ab, was die beiden so machen werden. Fertig.
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Potzblitz! Ich dachte immer, Maulwürfe machen Winterschlaf. Wohl gefehlt, denn bei uns entfaltet so ein Bursche dieser Tage rege Aktivität: Den gestampften Lehmboden im Geräterschuppens verwandelt er in eine Gebirgslandschaftt, ebenso einen Teil der Wiese hinterm Haus. Nenenenenenee, Maulwurfn.
02.12.2019
Wie macht man aus einer der räumlich größten Bühnen Deutschlands den Ort für ein intimes Kammerspiel, das vier Personen in ein enges Zimmer sperrt? Bühnenbildner Volker Hintermeier benutzt sie einfach nicht. Stattdessen baut er vor die Bühne des Schauspiels Frankfurt eine eigene, wesentlich kleinere Bühne. Dort spielt Johanna Wehners Inszienierung von Jean-Paul Sartres Stück „Geschlossene Gesellschaft“ aus dem Jahr 1944. Meine Premierenbesprechung (freier Lesetext)
30.11.2019
4. FFF-Weltaktionstag gestern (29.11.), schneller Netzrundblick und dabei gefundene Zahlen (aktualisierter Stand 30.11., 10 Uhr):
Manifestationen weltweit in 2400 Städten in 158 Ländern. Australien (ingesamt 300 000 Teilnehmer); Deutschland (630 000 Teilnehmer…
Städte in Deutschland: Berlin (60 000), München (unklar, 17 000 bis 33 000), Hamburg (50 000), Hannover (40 000), Köln (14 000), Heidelberg (10 000), Stuttgart (10 000), Kiel (9000), Freiburg (9000), Bremen (8000), Darmstadt (8000), Münster (8000), Tübingen (8000), Leipzig (7500), Düsseldorf (7000), Saarbrücken (7000), Karlsruhe (6000), Dresden (6000), Kassel (5000), Essen (5000), Göttingen (4000), Bielefeld (3500), Bonn (3000), Mannheim (3000) …
Städte/Städtchen in Rheinland-Pfalz: Mainz (2500+), Landau (1200), Koblenz (laut Polizei 900, nach meiner Schätzung 1400+), Sinzig (150), Simmern (100), Idar-Oberstein (100), Montabauer (70), Andernach (erstmals, 100+), Altenkirchen (350), Bad Kreuznach (350) …
Städte im EU-Ausland: Rom (20 000), Wien (18 000), Linz (4000), Bregenz (1500) ….