31.10.2021
Sonntagvormittag vor Allerheiligen.
Eigentlich herrscht heroben im WW ideales Wanderwetter. Doch mir ist für den Rest des Tages eher nach „faul“. Begonnen hatte ich ihn allerdings mit einer „leichten Tätigkeit“ etwa auf dem Energieniveau eines Spaziergangs an der Rheinpromenade. Was – auf meine Weise getan – wohl niemanden stört: Laub beseitigen. Und einmal mehr muss/darf ich festellen, dass das ideale Werkzeug dafür der Laubrechen mit seinem federnden Metallfächer ist; ein geniales Ergebnis großartiger Ingenieurskunst. Macht keinen Krach, verbrennt/verbraucht nix (außer ein paar Kalorien des Handhabers), bringt das Laub zielgenau dorthin, wo du es haben willst.
Heißt in meinem Fall: Ein Teil der Bätter zurück unter die Büsche, von denen sie stammen. Dort können sie sich nochmal nützlich machen, als Winterlager für manches Getier und durch simples Verrotten. Ein anderer, kleinerer Teil wird in den Komposthaufen gemischt. Ein dritter, größerer Teil geht schließich auf den nahen gemeindlichen Grünmüllplatz – was sich leider nicht vermeiden lässt, weil fast die gesamte lange Südostgrenze unserer Grundstücks mit Haseln, Weiden, Flieder und anderem Gebüsch bewachsen ist. Da fallen derartige Laubmengen an, dass ich sie nicht gänzlich selbst verwerten kann.
Einfach liegen lassen? Gerade Dörfer sind auch soziale Gemeinschaften, weshalb jeder Grundstücksnutzung halt auch ein nachbarschaftler Rücksichtsaspekt auf Gegenseitigkeit innewohnt (innenwohnen sollte). Wir leben hier seit 42 Jahren in Frieden und Freundlichkeit mit all unseren Nachbarn (obwohl manche/r uns gerade Anfangs für recht skurrile Genossen hielt). Zwar hat kein Nachbar es jemals verlangt, dennoch greife ich alljährlich zum Laubrechen – und leiste einen kleinen Beitrag zum Erhalt dieser Friedeszone, indem ich das Gros unseres eigenen Blattwerks daran hindere, sich vom Wind auf nachbarlichen Gärten, Terrassen, Einfahrten in dicken Schichten oder großen Haufen ablagern zu lassen. Muss man sowas groß diskutieren? Nö, man macht es einfach – und hat auch noch seine Frischluftfreude dran. (Das Selfie stammt von 2020 oder 2019)
29.10.2021
Manchmal, wenn Freund Walter und ich beisammen sitzen, über Gott, Welt, die Menschheit plaudernd, machen wir ein Spiel. Das geht so: Wir klappern einige der aktuell am meisten diskutierten Themen ab und forschen nach Aspekten, die dabei eigentlich naheliegend wären, über die aber fast niemand spricht oder schreibt. Drei Beispiele seien in gebotener Kürze angeführt…. > weiterlesen Kolumne Quergedanken Nr. 196 „Darüber spricht fast niemand. Seltsam.“
28.10.2021
„Zur Mitte des Jahrhunderts“ oder „bis zum Ende des Jahrhunderts“: Das ist oft die zeitliche Dimension, auf die sich die Perspektivangaben, Prognosen, Modelle der Klimawissenschaften beziehen. Psychologisch sind solche Formulierungen problematisch, weil sie im Empfinden vieler Menschen ankommen als „irgendwann in ferner Zukunft“. > weiterlesen Anmerkung „Mitte/Ende des Jahrhunderts ist nicht St. Nimmerlein“
26.10.2021
„Es geht weniger um die Beherrschung der Natur als um die Kontrolle der Naturbeherrschung.“ Die Menschheit versucht heute „Probleme zu lösen, welche dadurch entstanden sind, dass Menschen versucht haben, Probleme zu lösen.“ „Unsere Epoche, das Athropozän, trägt diesen Namen, weil der Mensch seit Kurzem in die Erdgeschichte eingreift, wie es zuletzt vor 66 Millionen Jahren ein Asteroideneinschlag getan hat, der den Dinosuariern ein Ende machte.“
Das sind zwei kleine Passagen aus Elisabeth von Thaddens Besprechung des Buches „Wir Klimawandler“ (Suhrkamp, 25,-). Ich kenne das von der Wissemschaftsjounalistin Elizabeth Kolbert verfasste Werk nicht. Noch nicht. Kann es also auch nicht in tot bewerten. Aber die hier wuchtig wie trefflich angedeutete „abgründige Zwiespältigkeit“ unserer Epoche und unseres Handelns verspricht eine spannende, erhellende Lektüre.
Dazu passt, was heute Ernüchterndes in der Frühstückszeitung zu lesen war: Die Weltwetterorganisation (WMO) resümiert fürs Jahr 2020 einen neuen Höchststand der CO2-Konzentration in der irdischen Atmosphäre – seit mehr als 3 Millionen Jahren.
25.10.2021
Eine gute alte Freundin kredenzte mir zum 66. Wiegenfest eine „Kleinigkeit“, an der ich noch lange große Freude haben werde: „Vergessene Wortschätze“ aus dem Duden-Verlag, einen Tagesabreißkalender für 2022. Jedes der 365 Blätter im Format DinA6 ist einem einzigen Wort gewidmet – stellt es vor, benennt seine Bedeutung, erklärt die Herkunft. Da sind eine Menge „Schätze“ dabei, Worte von ungemeiner Ausdruckskraft, Hinter- und Feinsinnigkeit, Differenziertheit und/oder Klangstärke. Selbst für mich als Sprachliebhaber finden sich da nicht wenige Neu- oder Wiederentdeckungen… > Ganzen Text lesen
22.10.2021
Klar, ich könnte (wie heute von etlichen Frühgratulanten vorgeschlagen resp. schriftlich -gesungen) jetzt wie Udo Jürgens selig trällern: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an / mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran“. Allerdings hatte ich in den Jahrzehnten zuvor auch schon Spaß, Freud‘, Genuss; zwar nicht nur, aber doch ’ne ganze Menge. Das Leben fängt hält keineswegs erst mit 66 an, sondern geht im 67. Jahr einfach weiter; und das ist gut so. Freilich unter wesentlich veränderten Bedingungen; und das ist ebenfalls gut so. Weshalb ich lieber die Textzeilen aus der ersten Strophe des Jürgens-Titels vor mich hin singe:
„Ihr werdet euch noch wundern, wenn ich erst Rentner bin /
Sobald der Stress vorbei ist, dann lang ich nämlich hin, / oh ho, oh ho, oh ho // Und sehen mich die Leute entrüstet an und streng /
Dann sag‘ ich: Meine Lieben, ihr seht das viel zu eng“.
19.10.2021
Da sich auch bei mir die Ernte der Gartenhimbeeren allmählich dem Ende zuneigt, war für heute „Himbeertag“ angesetzt. Will sagen: Nochmal ein ordentliches Schüsselchen gezupft, obendrein am Vorabend einen Teil der über die vergangenen zweieinhalb Wochen im Gefrierschrank angesammelten Tagesernten zum Auftauen rausgeholt. Plan: Feinstes Himbeer-Marmeladengelee fabrizieren. Melde: Plan erfüllt – habe soeben 15 Gläser lecker Stoff in den Vorratsschrank verfrachtet.
Natürlich gehen solche Operationen (in meinem Fall) nie ohne das eine oder andere Kataströphchen über die Bühne. Diesmal: Erst kochte der Topf über, weil ich beim gleichmäßigen Rühren ins Träumen geraten war. Dann fiel mir ein bereits gefülltes, aber noch nicht verschlossenes Glas zu Boden und verspitzte seinen Inhalt weit ins Küchenrund. Wovon freilich jetzt, also im Nachhinein, niemand mehr eine Spur vorfindet. Denn als Bub habe ich – widerwillig – beim Großvater und beim Vater, den seligen Schreinermeistern Pecht, lernen müssen: „Zum Feierabend hat dein Arbeitsplatz sauber zu sein. Immer.“ Und so ist es geschehen.
18.10.2021
Es ist eine seltsame Sache derzeit mit CDU/CSU. Mal abgesehen davon, ob man dieser Parteiung nahe steht oder eher fern: Seit der Bundestagswahl heißt es allenthalben, die Union müsse nun in einen grundlegenden INHALTLICHEN Orientierungsprozess eintreten, müsse die Auseinandersetzung um ihre INHALTLICHE Positionierung führen, müsse sich INHALTLICH wieder klar definieren. Und was geschieht? Der JU-Chef reklamiert, man sei nicht „laut genug“ gewesen, habe die eigenen Botschaften nicht deutlich genug gemacht. Der Fraktionsvorsitzende reklamiert, man sei nicht geschlossen genug aufgetreten, das müsse sich nun ändern. (Welche Botschaften? Geschlossenheit wofür?) Obendrein drehen sich, so mein Eindruck in den letzten Tagen, die Mühen der CDU fast ausschließlich um Fragen des Wer und Wie der PERSONELLEN Neuaufstellung.
Irgendwie werde ich den unschönen Eindruck nicht los, man weiß in der Union gar nicht (mehr), was das ist, eine INHALTLICHE Auseinandersetzung. Leider scheint dieses Manko auch einem Teil der Politikjournalisten anzuhängen. Denn da gibt es zu viele, die erst bei Personalfragen – am liebsten Personalquerelen – richtig munter werden. Und gibt es keine, ist bisweilen unschwer der Versuch beobachtbar, solche aus dem psychologischen Kaffeesatz herbeizuspekulieren. Das es auch anders geht, also mit Priorisierung des Inhaltlichen, zeigen – bis dato – die Ampelsondierungen. Man mag zu dieser Regierungskonstellation stehen wie man will, muss aber wohl einräumen: Da wird das Pferd mal nicht von hinten aufgezäumt – wie das in der Politik und der Berichterstattung darüber dann meist der Fall, wenn zuerst und vornehmlich übers Personal und die Performance statt über Inhalte geredet wird.
17.10.2021
So im Frühnebel durch den Wald stapfen, ist eine feine Sache, aber nicht ganz ohne. Warum? Höret, was mir dieser Tage widerfahren. > Kleines Verzählche weiterlesen
16.10.2021
Zeitungsfund:
„Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.“
Dieser ebenso wahre wie bedenkenswerte Satz stammt von Max Frisch. Er steht in enger Beziehung zu einer Passage aus meinem letzten „Heimat“-Vortrag: „Für die Enkel der ursprünglichen Migranten sind die Erzählungen der Großeltern über ihre einstige Erstheimat meist nur noch hübsche Familienfolklore. Den Nachgeborenen wird bald klar, dass die Erinnerungen der Alten unzuverlässig sind. Die Wissenschaft hat ermittelt, dass gar zu wohlige Rückbesinnung auf die Kindheits- und Jugendzeit oft mehr mit Verklärung als mit einstiger Realität zu tun hat. So verwandelt sich Heimat in der Vorstellung zum Ideal, zum Paradies, zugleich zu einer Art utopischem Sehnsuchtsort oder -zustand.“
Schönes Wochenende allerseits.
13.10.2021
Jawohl ja, das ist reiner, echter Luxus: Sich Zeit nehmen, nach Lust und Laune einer eigenen, frei gewählten Passion nachzugehen – ohne äußeren und inneren Druck, ohne Verpflichtung oder Berücksichtigung der Erwartungen anderer, ohne materielles Nützlichkeitsgebot oder ökonomischen Erfolgszwang. So ist für mich einer der schönsten Aspekte an meiner noch jungen Aktivpassion für die Malerei: hemmungsloses Herumprobieren mit Materialien, Werkzeugen, Techniken, Motiven – erstmal ungeachtet dessen, was Ende dabei herauskommen könnte. > Sechs Neuzugänge in der Galerie
11.10.2021
Am vergangenen Samstag endlich mal wieder Theater live gesehen. Und gleich ein ordentliches Pfund: Am Theater Koblenz Uraufführung des jüngsten Stückes aus der Feder John von Düffels „Nach Delphi – Szenen aus der Zukunft“. Inszeniert hat Intendant Markus Dietze. Drei Stunden recht starker Tobak und auch andere „Rauchware“ – bedenkenswerter bis skurril-halluzinogener Abend über menschliche wie menschheitliche Gegenwart und Zukünfte. > Hier meine Besprechung der Uraufführung; 4400 Anschläge, kostenpflichtiger RZ-Text.
Ich selbst war erstmals seit eineinhalb Jahren in der ruheständlerischen Gastkritikerfunktion dort. Nachher stellte sich neben einiger Freude am Schreiben sogleich wieder jene Mühsal ein, mit der ich mir vor allem in den späten Berufsjahren immer schwerer tat: Je älter ich geworden bin und je mehr Erfahrung mit dem Theater sich ansammelte, umso zahlreicher die Eindrücke, gesehenen Aspekte, zu bedenkenden Faktoren von einer Inszenierung. Folge: Das in der Kritik unvermeidliche Weglassen, Komprimieren, Generalisieren wird ebenfalls mehr und mehr. Was quälend sein kann.
09.10.2021
06.10.2021
Himmelherrgottsakramentkreuzgewitterverfluchtnocheins! Da hatte ich mich nach vielen, vielen Jahren endlich durchgerungen, mir wieder einen Hausarzt zu suchen. Und wat is nu? Heute teilt der, den ich gefunden habe, mir mit, dass seine Praxis zum 30.11. geschlossen wird. Der Herr Doktor geht in den Ruhestand. Darf er, kann er, soll er, hat er sich verdient – der Mann ist schließlich schon 70+. Unsereins steht nun allerdings vor dem Problem, erneut auf die mühselige Suche gehen zu müssen, und das zusammen mit hunderten anderen Patienten dieser Praxis. Denn einen Nachfolger gibt es nicht, und sehr viele Arztpraxen hier im ländlich/kleinstädtischen Umfeld des Unterwesterwaldes nehmen gleich gar keine Neupatienten mehr auf. Ach, schnauf.
04.10.2021
Es ist ein bisschen rätselhaft heuer: Nach dem relativ feuchten Sommer gibt es in meinem Westerwälder „Hausrevier“ seit rund 6 Wochen eine regelrechte Pfifferling-Schwemme (die nun allmählich ausläuft), doch lässt sich kein einziger brauner Speisepilz, geschweige denn Steinpilz sehen.
02.10.2021
Wahrscheinlich (?) war dies der letzte von zahlreichen Vorträgen und Reden, die ich im Laufe meines Lebens gehalten habe: „Heimat – Sehnsuchtsraum und Kampfbegriff“ – am vergangenen Sonntag auf Schloss Bürresheim nahe Mayen bei einer Veranstaltung der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz zu Gehör gebracht. Vor Publikum – opulente Runde oder ganz kleine – zu sprechen, war mir immer ein Vergnügen. Doch jetzt, im Ruhestand, sind mir die Vorbereitungsmühen zu groß geworden, die es braucht, jene Informationsfülle beizutreiben und so aufzubereiten, dass fürs Auditorium 60 bis 90 erhellende und spannende Minuten herauskommen.
Einige Zuhörer hatten am Sonntag um das Vortragsmanuskript gebeten. Dies sei hiermit (in unkorrigierter Form) durch Veröffentlichung auf meiner Website überreicht – und auch anderen Interessierten zur Lektüre empfohlen. > Redemanuskript „Heimat – Sehnsuchtsraum und Kampfbegriff“ (hier)
29.09.2021
Heute ist das mittelrheinische Monatsmagazin „Kulturinfo“ erschienen und damit auch wieder meine Seite-2-Kolumne „Quergedanken“. Das ist nun schon die 195. seit wir das Format 2005 aus der Taufe gehoben haben und an fester Stelle mit festem Umfang ins Heft eingefügt. Mit einer Gesamtauflage von mehr als 67 000 – die größtenteils via hiesiger Tageszeitung verbreitet wird – ist dieses älteste Veranstaltungsmagazin in der Region um Koblenz/Neuwied noch immer das am meisten verbreitete. Als ich Mitte 2020 in den Ruhestand ging, versprach ich dem Herausgeber Günther Schmitz, diese Kolumne weiter zu schreiben, bis auch er altersbedingt den Bettel niederlegt. Was wohl noch ein paar Jährchen dauert. > Quergedanken 195: Trielliert und gewählt wär‘. Was nun?
28.09.2021
Ja natürlich wohnt fast allen gesellschaftlichen/politischen/wirtschaftlichen Problemen die Soziale Frage als bedeutsame Komponente oder zentraler Aspekt inne. So auch der Klimakrise und folglich der Klimaschutzpolitik. Der Klimaschutzbewegung vorzuwerfen, sie sei dafür blind oder interessiere sich gar nicht für die sozialen Probleme zeugt allerdings von Unkenntnis hinsichtlich programmatischer Schwerpunkte sowohl bei FFF wie auch den Grünen. Z.B spielten bei den FFF-Aktionen vom vergangenen Wochenende Forderungen nach effektivem Klimaschutz UND zugleich sozial ausgewogener/gerechter Klimapolitik (wieder) eine zentrale Rolle. Und von dem, was das Programm der Grünen an sozialen Ausgleichsmechanismen für steigende Klimaschutzausgaben gerade der weniger verdienenden Haushalte vorschlagen, könnten sich andere Parteien ein gutes Stück abschneiden.
Allerdings: Klimaschützer betrachten die Klimafrage in der Tat nicht als ein Problem NEBEN anderen Problemen wie Löhne, Wohnungsnot, Armutsgefälle, Bildungsgerechkeit etc., sonder als eine epochale Überfrage. Und das m.E. völlig zurecht, weil es sich beim Klimawandel um einen Prozess grundstürzender Gefährdung sämtlicher zivilisatorischer Lebenssphären handelt. Und es handelt sich um einen Prozess, der letztlich die Soziale Frage gravierend verschärfen wird, weil auch der Klimawandel die Ärmeren am härtesten trifft – und/oder sollten die Klimaschutzkosten vor allem auf die unteren zwei Drittel der Gesellschaft abgewälzt werden.
27.09.2021
Am Morgen nach der Wahl.
Und zieht man nun zum End‘ den groben Durchschnitt aus allen, malt sich doch ein recht vertrautes Bild ans deutsche Firmament:
Es marschierten der Michel und die Micheline
grimmig wild entschlossen
zur Wahlurne hin.
„Jawoll, es muss sich schier alles ändern –
und zwar so, dass man möglichst wenig davon merkt.“