Rheinland-Pfalz. ape. Es ist noch etwas hin bis zum runden Geburtstag des Kultursommers Rheinland-Pfalz. 2021 wird die Landeseinrichtung dann 30 Jahre lang das Kulturgeschehen zwischen Südpfalz und Oberwesterwald mitgeprägt haben. 1991 von der Landesregierung aus der Taufe gehoben, um das kulturelle Geschehen im Sommerhalbjahr und nicht zuletzt in der Fläche des Landes zu beleben, verstand und versteht sich der Kultursommer (Kuso) als „Dienstleister, Berater, Ermöglicher, finanzieller Förderer und Helfer“ für Veranstalter und Kulturschaffende vor Ort. Derart bringt der rheinland-pfälzische Kulturminister Konrad Wolf jetzt in Mainz bei der ersten von zehn Regionalkonferenzen zur Zukunft des Kuso dessen grundlegende Aufgabenstellung in Erinnerung.
Für den 27. August sind dann Akteure der Westerwald-Region zur diskursiven Zusammenkunft mit Vertretern des Ministeriums und des seit mehr als 25 Jahren von Jürgen Hardeck geleiteten Kultursommerbüros nach Hachenburg gerufen. Bis zum Frühjahr werden Veranstaltungen in Edenkoben, Trier, Kaiserslautern, Koblenz und anderwärts folgen. Eingeladen sind jeweils in den betreffenden Städten und Gebieten aktive Veranstalter/Kulturschaffende, die bereits und teils über viele Jahre mit dem Kultursommer zusammengearbeitet haben und aus seinem 4-Millionen-Euro-Budget gefördert wurden. Eingeladen sind aber auch einige potenzielle, vor allem jüngere Neulinge.
Weiterentwicklung einleiten
Um worüber zu sprechen? Über Ideen, Möglichkeiten, Notwendigkeiten, den Kultursommer neuen Gegebenheiten in einer sich rasch verändernden Welt anzupassen. „Wir wollen vor allem zuhören und sammeln“, erklären Wolf und Hardeck vor den rund 50 Teilnehmern der Mainzer Konferenz. Es gehe „um die Einleitung eines Prozesses zur Kuso-Weiterentwicklung“. Was Not tut, denn die Institution ist in die Jahre gekommen wie auch viele der Akteure in der Landeskulturszene: Im Versammlungsraum ist die Generation 50 plus stark vertreten – die Notwendigkeit zum baldigen Generationenwechsel unverkennbar. Erfreulicherweise sind die Veteranen nicht unter sich; in sämtlichen Kunstsparten sind inzwischen auch etliche jüngere Leute aktiv.
Kritik an der gewohnten Praxis des Kultursommers fällt verhalten aus. Lob und Dank für bisherige Förderung gibt es reichlich. Allerdings spiegeln sich in Anregungen und Wünschen bei der Plenumsdiskussion sowie in Randgesprächen denn doch sowohl (altbekannte) Probleme mit der Förderpraxis als auch mit in drei Jahrzehnten zementierten Strukturen. Gerade den kleineren Veranstaltern brennt etwa der bürokratische Aufwand für die Förderungsbeantragung beim Kuso auf den Nägeln. Ebenso der Umstand, dass ihre Projektorganisation und der späte jährliche Bewilligungszeitpunkt schlecht zueinanderpassen.
Andere Veranstalter plädieren für verlässliche und längerfristige Programm- oder Institutionsförderung statt der sommerlichen Projektförderung. Dies Ansinnen widerspricht indes der ursprünglichen Zielsetzung des Kuso – wenngleich de facto über die Jahre manche Kultureinrichtung oder Veranstaltungsreihe überhaupt nur noch dank wiederkehrender Kuso-Förderung existiert. Darüber wird zu reden sein, wie auch über das mehrfach verlangte höhere Maß an Transparenz von Entscheidungsprozessen: Die Kulturszene will wissen, nach welchen Kriterien einigen Projekten viele Tausend Euro zufließen, anderen nur ein paar Hundert oder gar nichts.
Grundsätzlicher Disput tut Not
Und hier landet das Nachdenken über die Zukunft des Kultursommers Rheinland-Pfalz schnell beim Grundsätzlichen. Bereits bei der ersten Konferenz schweben, vorerst nur andeutungsweise, zwei Fragen im Raum. Erstens: Ist die Förderung quasi mit der Gießkanne für möglichst viele Veranstalter gleichmäßig in möglichst allen Landesteilen sinnvoll, oder sollte nicht stattdessen die Wertigkeit von Kunstproduktionen und -veranstaltungen wesentliches Kriterium werden? Da war der Kultursommer in seinen frühen Jahren mutiger. Woran sich die zweite Frage direkt anschließt: Ist es sinnvoll, einen nicht unerheblichen Teil der Kuso-Finanzmittel an populäre Großereignisse und publikumsmächtige Reihen zu verausgaben – die anzuschieben mal aller Ehren wert war, die inzwischen aber womöglich auf eigenen Beinen stehen oder sich aus anderen Quellen finanzieren könnten?
Neun Zukunftskonferenzen folgen noch. „Bei Bedarf mehr“, sagt Hardeck. „Da kann alles ergebnisoffen angesprochen werden“, so Wolf. Die Kulturaktiven in den Regionen sollten diese Chance nutzen – auch zum durchaus grundsätzlichen Disput über die Ausrichtung des Kultursommers in seinem vierten Jahrzehnt. Denn bloß ein bisschen Kosmetik im organisatorischen Kleinklein wäre wohl etwas wenig.
Andreas Pecht
Info: Für die Teilnahme an den Konferenzen ist eine Anmledung erforderlich > via www.kultursommer.de