Monatskolumne Nr. 227 Juni 2024
Oft sitzen Walter und ich gemütlich beisammen und reden über Dinge, die das Gegenteil von gemütlich sind. In den vergangenen Wochen war es u.a. dieses Phänomen: Da leidet in den Frühjahrsmonaten bald ein Drittel der Menschheit unter katastrophalen Wetterverhältnissen, doch in den hiesigen Hauptnachrichten kommt das Thema kaum vor. Weshalb wir an einem netten Abend die spärlichen Meldungen diverser Medien zu folgender Momentaufnahme zusammentragen:
Asien stöhnt wochenlang unter einer zu dieser Jahreszeit noch nie dagewesenen Hitzewelle mit Temperaturen von teils nahe 50 Grad. Zeitgleich ersaufen etliche Länder Afrikas nach oft mehrjähriger Dürre in so noch nie dagewesenen Sturzfluten, die auch den letzten Rest fruchtbarer Ackerkrume wegspülen. Zeitgleich wird Brasilien von verheerenden Hochwassern heimgesucht. Zeitgleich rufen Spanien und Portugal bereits im April den Wassernotstand aus, weil viele Reservoirs leer sind. Zeitgleich brechen in Griechenland, Kanada und den USA wieder Waldbrände aus. Zeitgleich ….
Während die Messstationen weltweit ständig neue Extremwerte anzeigen, hat man bei vielen Zeitgenossen nicht nur hierzulande den Eindruck: Sie wollen einfach nichts mehr sehen und hören von dem „ganzen Klima-Klimbim“ oder beruhigen sich damit, dass es bei uns in den zurückliegenden Monaten doch ordentlich geregnet, im Winter sogar ein paar Tage mit Frost und Schnee gegeben habe. Walter zuckt mit den Schultern: „Kann man so machen, psychologische Verdrängung hilft allerdings nix gegen die größte selbstverursachte Krise bisheriger Menschheitsgeschichte.“
Als ich ihm erzähle, was mir neulich bei einem Internet-Streifzug durch die fantastischen Sphären der Klimawandelleugner so begegnete, fällt ihm erst die Kinnlade runter, dann bricht er in schallendes Gelächter aus: „Das ist so unfassbar naiv, dass es schon wieder putzig ist.“ Aufgefallen war mir, dass es fast keine Klimawandelleugner mehr gibt. Das Gros derer, die noch vor Kurzem Stein und Bein geschworen hatten, der Klimawandel existiere gar nicht, ist inzwischen umgeschwenkt. Ja, sagen sie, der Klimawandel komme – aber er sei halt nicht menschengemacht, sondern ein wiederkehrendes natürliches Phänomen. Daran könne sowieso niemand was ändern. Wir hätten schon öfter so viel CO2 in der Atmosphäre gehabt wie heute. Zumindest Letzteres stimmt, muss man sagen; erst jüngst war das wieder der Fall, genauer: vor drei Millionen Jahren. Dass sich aber selbst aus dieser „Argumentation“ die Notwendigkeit für gewaltige Schutz- und Anpassungsanstrengungen ergeben würde, davon wollen die Herrschaften freilich nichts wissen.
Umwerfend findet Walter die „Denkrichtung“ der CO2-Freunde (doch, sowas gibt’s). Der zivilisatorische CO2-Ausstoß könne für den Klimawandel auf keinen Fall verantwortlich sein, heißt es da. Weil er nur einen winzigen Bruchteil an den Atmosphäregasen ausmache. „Na klar,“ so die Reaktion des Freundes, „dann darf ich bedenkenlos ein paar Gramm Zyankali schlucken, die können nach dieser Logik meinen 95 Kilo Körpergewicht ja nichts anhaben.“ So richtig Spaß hatten wir an folgender „Klugheit“ der CO2-Freunde: Je mehr CO2 in der Umwelt umso besser, weil Pflanzen ja mit CO2 erst richtig gedeihen. Werte Schwurbler, bedenket: Mit zwei Schnäpschen fühlen auch wir uns wunderbar, zwei Flaschen brächten uns allerdings ins Krankenhaus, drei auf den Friedhof.
P.S.: Geht wählen! Wählt demokratisch!