„Die Welt wird schöner mit jedem Tag, / Man weiß nicht, was noch werden mag. / Das Blühen will nicht enden. / Es blüht das fernste, tiefste Thal/ Nun, armes Herz, vergiß der Qual! / Nun muß sich alles, alles wenden.“
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Nur zu gerne hören wir die Verse aus Ludwig Uhlands Gedicht „Frühlingsglaube“. Denn mag auch Winter hierorts heuer (bis Redaktionsschluss) Einkehr verweigert haben, erfüllt nach langer grauer Feuchte wärmend lichter Sonnenstrahl doch Herze und Leib mit neuer Lust. Seit am sonnensonntäglichen 11. März mittelrheinische Volksmassen mit Macht zur Sonne, zur Freiheit der Straßencafés und Schleckeisbuffetts zurückfanden, wandelt sie wieder ungebunden: die Krone der Schöpfung – die Frau. Vom Pludermantel befreit sind Täler und Höhen, beim hellen Tage wie im milden Dämmer umfließt Mützen und Tüchern entfleuchtes Haar liebliche Angesichte. Auf zartem Fuß schwingen die Schönen daher – man(n) möcht’ das Pflaster beneiden über welches sie schreiten.
Gleich hebt er, Walter, wieder im trockensten Zungenschlag an: „Bedenke …“. Weiß ich: Ich bin nur ein Mann. „Quatsch. Du bist ein grauhaariger, schmerbäuchiger Zausel, der mit Wortgeklingel kompensieren will, dass es ihm an Sexappeal mangelt, weil er nicht hat, was es dazu in seinem Alter braucht: Geld und Macht.“ Ach Freund, wie schnöde, wie tumb ist manchmal deine Weltsicht! Des Poeten Minnegesang … Walter prustet: „Hör mir auf mit der Minne. Da dichteten und sangen sich die armen Kerls die Seele aus dem Leib, holten sich nachts unter Burgfenstern Schnupfen nebst Prostatitis. Und wer kam schließlich zum Zug? Statt des Sängers der Herr von Stand mit güldenem Beutel.“ Bevor er sich von hinnen macht, empfiehlt mir der Beckmesser, lieber bei der Politik zu bleiben und gegen den Klimawandel zu streiten.
Aus! Aus! Aus! Halleluja, nix mehr is’ mit Klimawandel! So rufe ich dem vermaledeiten Kerl hinterdrein. Hat er denn gar nichts von den Einlassungen des Herrn Weimer begriffen? Der ist schließlich Chefredakteur des Intelligenzblattes „Cicero“, weiß also Bescheid über das, was die Welt zusammenhält, und über den Geisteszustand ihrer Bewohner. Klimawandel sei gottgegeben und ewig, meint der. Dass diesmal wir uns für die Verursacher halten, zeuge von Großmannssucht der Menschlein, die sich mit himmlischer Allgewalt auf eine Stufe stellen wollen. Klimawandelangst – hörst du, Walter! – ist bloß wollüstiger Feixtanz unserer sadomasochistischen Geheimbegierden. Das lehrt der oberste der Ciceronen, und auch, dass Deng Xiaping selig völlig recht hatte mit seiner revolutionären Parole fürs kapitalkommunistische China: „Bereichert euch!“. Weshalb der Klimawandel für mich passé ist! Mein Streben gilt nunmehr den schönen Seiten des Lebens – deren schönste für unsereinen eben die Frauen sind.
Und die schönsten aller Frauen sind diejenigen, von denen die Mode für sämtliche andere schönen Frauen präsentiert wird: die Models auf den Haute-Couture-Laufstegen. Sollte man meinen. Warum aber schießen einem dann beim Anblick der Fotos aus Paris oder Mailand unweigerlich Gedanken wie Leberwurstbrot oder volle Deckung durch den Kopf? Von Ersterem würde ich den jungen Damen gerne ein paar Platten rüberschicken. Nicht aus Mitleid, aus purem Egoismus: Lasst jedes Model zehn Kilo zulegen, und aus dem knöchernen Totentanz wird ein ästhetischer Hochgenuss.
Mit Verlaub: Es ist eine Kulturschande, dass so viel naturgegebene Schönheit mit dieser Hungerleiderei so sehr verunstaltet wird. Und „volle Deckung“? Schauen Sie doch hin: Wie diese Girls mit eiseskalter Mördermiene über den Steg marschieren, lässt eine Begegnung bei Tage, erst recht in nächtlichem Dunkel lebensgefährlich erscheinen. Warum lächeln die nicht ab und zu? Gerade beim Thema Kleidung sollte selbst Lachen nicht allzu schwer fallen. Ein Blick aufs männliche Publikum müsste als Auslöser schon hinreichen: Gibt es doch kaum etwas Amüsanteres als eine Klumpung vermeintlich wichtiger Herren in ihren uniformen Business- oder Abendanzügen; und es gibt gewiss nichts Komischeres als die dazugehörigen Halsschlaffis namens Krawatte. Also: Ein bisschen Lächeln wäre schön. Muss ja nicht gleich Dauerblecken sein wie bei uns Heidi-Mama.