Portrait Andreas Pecht

Andreas Pecht – Kulturjournalist i.R.

Analysen, Berichte, Essays, Kolumnen, Kommentare, Kritiken, Reportagen – zu Kultur, Politik und Geistesleben

Sachgerechte Bewertung der Corona-Pandemie

ape. Für eine sachgerechte, realistische  Bewertung der Corona-Pandemie muss man drei Ebenen sauber auseinanderhalten.

1.
Die natürlichen Eigenschaften des Virus SARS-CoV-2 und seine Wirkung auf den Einzelmenschen sowie die menschliche Gemeinschaft. Das ist zugleich die Seite der Virologie, Epidemiologie und Medizin, also der wissenschaftlichen Erforschung des Virus, seiner Wirkmacht, seiner Verbreitungswege und seines Gefahrenpotenzials – plus der medizinischen Möglichkeiten zur Behandlung von Infizierten mit schwereren bis lebensbedrohlichen Kranksheitsverläufen.

Da es sich bei SARS-CoV-2 um ein bis neulich unbekanntes Virus handelt, laufen weltweite Epidemie und wissenschaftliche Bemühungen zur Erforschung des Virus gleichzeitig ab. Als logische Folge ergeben sich immer wieder neue Erkenntnisse über die Eigenschaften des Virus, die jeweils Anpassungen der Seuchenschutz-Maßnahmen sinnvoll oder notwendig machen können. Logisch ist ebenfalls, dass bei den mannigfach verschiedenen Ansätzen, Fragestellungen, Blickwinkeln der Wissenschaft für die Erforschung des Virus auch unterschiedlich gewichtete oder zeitweise und partiell voneinander abweichende Ergebnisse erzielt werden – bzw. manche Frage vorerst unbeantwortet bleiben muss.
Gleichwohl gibt es einen Grundkonsens in der seriösen Wissenschaft und Medizin weltweit: a) das Virus existiert, b) sein Gefahrenpotenzial ist beträchtlich, c) die Seuche nicht zu bekämpfen, ist keine Option.

2.
Die Ebene der empfohlenen oder per Verordnung/Gesetz erlassenen Seuchen-Schutzmaßnahmen international, durch nationale Regierungen, regionale und lokale Behörden. Weitgehend unabhängig von Regierungsformen und Gesellschaftordnungen ist es deren Zweck, das Infektionsgeschehen einzuhegen, zu reduzieren, ja die Krankheit möglichst vollständig zu vertreiben. Dies primär mit dem Ziel, die zahlreiche Leben bedrohende und alle gesellschaftlichen Felder schädigende Seuche baldmöglich zu beenden  und die in den jeweiligen Ländern und Regionen zuvor existierende Lebensnormalität wieder herzustellen.

Es gibt weltweit tausende praktische Varianten von Schutzmaßnahmen, selbst innerhalb Deutschlands zählen sie in 16 Bundesländern nach vielen Dutzend. Das liegt in der Natur politischer Diversivität sowie verschiedenartiger Bedingungen an unterschiedlichen Orten. Selbstredend lässt sich bei so mancher Schutzmaßnahme über deren Sinnhaftigkeit oder Effizienz streiten. Geschieht das auf Basis eines Konsens‘ darüber, dass die Seuche bestmöglich zu bekämpfen ist, haben solche Diskussionen durchaus ihre Berechtigung. Das Ansinnen einer kleinen radikalen Minderheit, gar nichts gegen die Seuche zu tun, ist indes keine Option.

3.
Auf dieser Ebene ist ein unschöner Umstand zu betrachten, den wir leider schon aus allen Krisen seit der Frühantike kennen: Wirtschaflich und/oder politisch interessierte Leute, Gruppen, Kreise, Parteien versuchen aus den Problemen der Krise, hier der Corona-Krise, Kapital zu schlagen. Sei es Kapital im direkten geldwerten Sinne oder seien es schon lange verfolgte Absichten, die unter Krisenbedingungen leichter durchsetzbar erscheinen – von Unternehmenrationalisierungen, Personalabbau, Senkung des Lohnniveaus oder Entschärfung von Umweltauflagen auf Wirtschaftsseite bis zur Ausweitung von Law-and-Order-Elementen auf politischer Seite.

Solchen Krisengewinnlern und Problemfledderern muss und kann der demokratische Diskurs und nötigenfalls öffentliche Protest entgegentreten, auch und gerade in Zeiten der Krise. Fatal allerdings ist, wenn man – wie einige das tun – solche Versuche der Krisengewinnlerei verwechselt mit der wissenschaftlichen Erforschung des Virus, der Seuche selbst und den Schutzmaßnahmen dagegen. Die Seuche kleinreden oder leugnen und den Seuchenschutz verteufeln, um die von Krisengewinnlern verfolgten Eigeninteressen zur ökonomischen oder politischen Übergefahr aufzublasen, geht an den Realitäten einfach vorbei.

Andreas Pecht
 

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