Im Laufe des April 21 wurde die Lockung immer stärker, es neben dem Bleistiftzeichnen auch mal mit Farben zu versuchen. Da war mir ein bisschen Bange vor, denn mit Radiergummi verbessern/optimieren gibt’s da nicht – ich ahnte, dass die Welt der Farben und Pinselstriche eine Menge ganz neuer Herausforderungen aufwerfen würde. Egal, rein in die Entdeckungerlust. Ich habe eingekauft, was unter Lockdown-Bedingungen im örtlichen Westerwald-Handel zu kriegen ist und mich damit am Schreibtisch breit gemacht: Schülerfarbkasten, einfaches Pinselsortiment, 24er Sortiment Aquarellfarben aus der Tube, Zeichenblock A3, fertig bespannte und grundierte Leinwandrahmen A3 und A2.
Erste Erfahrung: Mit Farben malen, heißt vor allem Farben mischen. Ich habe über die Wochen Dutzende Gemälde in meinem reichen Bestand an Kunstbänden unter malpraktischen Gesichtsdpunkten nochmal genauer betrachtet und gefunden: Fast nigendwo werden Farben so pur benutzt, wie sie aus dem Farbkasten oder meinen Tuben kommen. Daraus kann man eine Wissenschaft machen, man kann aber auch, mit allerhand Spaß an der Freud, einfach rumprobieren. Noch immer unsicher, was Proportionen, Perspektiven, Ausdruck angeht, gesellen sich nun die vermaledeiten Geheimnisse des Farbmischens, des Spiels mit Licht und Schatten durch Hell und Dunkel sowie des Einsatzes unterschiedlicher Pinsel (mit unterschiedlichen Farbwirkungen) per nicht eben ruhiger Hand. Es ist ein Freude – sogar das nicht seltene Scheitern.
Hier nun einige der ersten Farbversuche, beginnend mit den jüngsten (10. bis 19. Mai) und absteigend zu den früheren im April.
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(19.5.) Etliche Regentage hintereinander. Die habe ich genutzt, um mich malpraktisch mit zwei bekannten Meisterwerken herumzuschlagen: Max Beckmanns „Zwei Kabarettistinnen“ von 1943 und Vincent van Goghs „Sonnenaufgang bei St. Rrémy“ aus dem Jahr 1899. Beim Blättern in den Kunstbänden riefen beide schon eine Weile immer wieder „versuch dich doch mal an uns“.
(*Bild ist verkauft)*
Wer mit den Meisteroriginalen vetraut ist, sieht sofort: Neben nachahmenden Lern- und Übemühen habe ich mir manche Eigenmächtigkeit erlaubt. Bei Beckmann etwa einen brachialen Eingriff in die Farbgestaltung der Damenkleider (plus sonst noch ein paar Kleinigkeiten). Ich mochte all das Schwarz von Beckmann nicht.
Bei van Gogh mangelte es mir dann rasch an Geduld, selbst große Flächen aus aberhunderten/tausenden verschiedenfarbigen Strichelchen zusammenzusetzen. Weshalb dessen Maltechnik bei mir nur als sehr grober Abklatsch auftaucht. Aber egal, mich hatte sowieso primär interessiert, ob und wie ich den Lichteinfall auf den Äckern und des Meisters extravagante Sonne halbwegs hinkriege.
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(12.5.)
Mein Titel: „Tänzerin auf der Flucht“ (Aquarellfarben auf Leinwand, 50 x 40 cm). Motiv: Kostümentwurf von Alexandra Exter, Moskau 1917.
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„Koblenzer Tänzerin, lesend auf der Terrasse“ (Aquarellfarben auf Papier, 38 x 27 cm). Motivvorlage: Privatfoto.
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„Mainzer Tänzerin gefangen“ (Aquarellfarben auf Papier). Das nur 24×13 cm große Bildchen ist insgesamt ein Portion dunkler als die Blitzlichtaufnahme hier vermuten lässt. Vorlage war ein Szenenfoto aus der Tanzsparte des Staatstheaters Mainz. Die verdrehte Körperhaltung der Tänzerin im engen Kasten wie auch das komplizierten Licht-/Schattenspiel des Bühnenlichts machten mir malerisch richtig zu schaffen.
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Mein erster Versuch mit Aquarellfarben auf Leinwand 40×30 cm). Spannend, die Farben verhalten sich und wirken ganz anders als auf Papier; auch das Malgefühl selbst ist ein anderes. Allein in das Gesicht habe ich 8 verschiedene Farben eingemischt. Das geht – mit etwas Erfahrung – vermutlich auch einfacher, aber ich wandere eben nun mit einigem Vergnügen vorerst auf dem Weg von Versuch und Irrtum. Vorlagemotiv: Max Beckmann „Selbstbildnis vor Staffelei“ 1945
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Alle nachfolgenden Bilder sind Aquarelle auf Papier nach bekannten Ölgemälden älterer Meister, von mir als Vorlage vor allem ausgesucht im Hinblick auf den Umgang mit Farben.
Vier Versuche en bloc
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„Mädchen am Brunnen“
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Männer mit „hübschen“ Kopfbedeckungen. Beim Bild rechts habe ich versucht, Bleistift, Feder/Tinte und Aquarellfarbe zu kombinieren.