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Wir haben den Mehdorn-Blues
Der Titel des Musikstückes will mir gerade nicht einfallen. Aber jeder kennt das Motiv: Einsame, schwermütige Töne einer Slideguitar beugen sich melancholisch durch Moll-Intervalle. Vom Fernsehen wird diese Musik stets bemüht, wenn Bilder trostloser, gottverlassener, sterbender oder gestorbener Gefilde zu untermalen sind: vergessene Straßen irgendwo am Arsch der Welt; Geisterstädte des Wilden Westens; verblühte Industrielandschaften;…
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Fluffige Sommertage
Es gibt so Wörter, die gibt es offiziell gar nicht. Wenn viele Leute sie aber lange genug benutzen, gibt es sie plötzlich doch. „Fluffig“ ist so ein eigentümlich wunderbares Wort. In meinem jüngsten Duden (von 2006) steht es drin, im zerfledderten Vorgänger von 1996 fehlt es noch. Ich bin sehr glücklich, dass wir „fluffig“ haben,…
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Seilbahn-Torte mit Irrtümern
Potzblitz, da war vielleicht was gebacken neulich! Ein paar Tausend Mittelrheiner auf den Barrikaden. Prima, lobenswert. Wenngleich mir einige Umstände auch etwas seltsam vorkamen. In vorderster Front, schunkelnd und ein Karnevalslied schmetternd, die vereinigte Honoratiorenschaft. Vom Genossen Hofmann-Göttig tollkühn angeführt wie dereinst das Franzosenvolk von Marianne. Nur dass der Koblenzer OB die Jakobinermütze verschmähte und…
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Zum 100. Mal das hier
Als neulich noch bittere Winterkälte herrschte, schnüffelte Freund Walter in meinem Archiv herum. Füße am Ofen, auf dem Schoß das Laptop, spuckte er als Ergebnis seiner Recherchen aus: „Schon seit 2005 malträtierst du die Leute jeden Monat mit diesen Quergedanken-Dingern. Die Juni-Folge wird die 100. sein.“ Man hat ein Alter erreicht, da bergen solche Zählungen…
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Europa, meine geplagte Heimat
Doch, ja: Ich bin für ein gemeinsames Europa. Unbedingt. Trotz allem. Und obwohl Brüssel mich ein ums andere Mal zur Weißglut treibt. Schon der 1957er Geburtsname macht einen irre. EWG, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft: eine Vereinigung bloß des Mammons wegen. Ein scheinbar völlig bekloppter Bürokratenverein, der den Krümmungsgrad von Gurken vorschreibt, Milchseen und Fleischberge subventioniert, neuerdings vor…
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Habemus – einen mordsmäßigen Zorn
16. März 2013, Samstagsfrühstück. Auf meinem Plan stand für diesen und den folgenden Tag: In aller Ruhe „Quergedanken“ abfassen und feinschleifen. Das in der Vorwoche entstandene Konzept sah nette Worte über den neuen Papst der Armen vor (Walter grient skeptisch). Dazu einige Sätze über das gut in die Landschaft passende Kultursommer-Motto „Eurovisionen“ (Walter nickt). Schließlich…
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Greisenschleim und starke Frauen
Das hat jetzt gerade noch gefehlt: Da wirft mir einer(!) Sexismus vor. Ausgerechnet mir, der ich seit den frühen 1970ern meine Lektionen (bisweilen recht heftige) in Sachen Gleichberechtigung durch Frauen erhalten habe, die Anmacher wie den schmalz-säuselnden Herrn Brüderle mit nur einem einzigen Blick vom Barhocker gefegt hätten. Gestandene Prachtfrauen, die nie Dämchen sein wollten,…
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Rheinische Wibbeligkeit
Jedes Jahr der gleiche Zirkus. Kaum zeichnen sich am kalendarischen Horizont die Fastnachtstage ab, wird Walter wibbelig. Der sonst in schier allen Lebenslagen zu Entschleunigung neigende Freund nimmt gestresste Züge an. In der Firma Urlaub beantragen und durchsetzen: von Schwerdonnerstag bis Aschermittwoch; inklusive selbstredend. Wägen und entscheiden: Soll die närrische Lustreise heuer eher in kölsche…
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Neujahrsessay 2013 / Ohne den Kuss der Musen kann es keinen echten Fortschritt geben
ape. Mozart wird der Satz zugeschrieben: „Ohne Musik wär‘ alles nichts.“ Nietzsche sagte: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.“ Dem Komponisten mag man die radikale Absolutheit seiner Aussage noch nachsehen, Musik war für ihn schließlich Berufung und Beruf gleichermaßen. Beim Philosophen hingegen ist die rationale Moderne geneigt, eher idealistische Schwärmerei anzunehmen. Denn wie könnten…
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Gebt ordentlich Trinkgeld!
Liebe Leser/innen, haben Sie den dienstbaren Geistern zu Weihnachten eine Anerkennung zukommen lassen? Falls nicht: nachholen! Silvester wäre passend, aber auch jeder sonstige Tag. Sie haben es verdient, die Müllwerker, Zeitungsausträger, Putzkräfte, Kinderfrauen, Altenversorger, Paketfahrer e tutti quanti. Ich bin gewiss kein Freund weihnachtlicher Geschenkpflichtorgien, aber das einst selbstverständliche „Trinkgeld“ für die meist hundsmiserabel bezahlten…