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2011-07-05 Essay:

Die Energiewende beginnt im Kopf - 2. Teil

 

Jeder kann seinen Beitrag leisten und auch noch sparen

 
ape. Wegen des Atomausstieges müssen 23 Prozent der Stromerzeugung anderweitig ersetzt werden. Zugleich muss für den Klimaschutz der CO2-Ausstoß möglichst schnell möglichst radikal gesenkt werden. Dazu ist es unabdingbar, die Erzeugung von Strom, Wärme und Bewegungsenergie (Autos) mittels Verbrennung von Kohle, Öl, Gas massiv zu reduzieren. Wie soll das praktisch zueinander kommen? Im Detail gibt es da gravierende Unterschiede zwischen den Parteien, im Grundsatz aber gilt folgendes Szenario:
                           

Parallel zum Atomausstieg wird schwungvoll die regenerative Energieproduktion ausgebaut. Für die etwa 30 Jahre, während der sich dieser Bereich einer energetischen Vollversorgung des Landes annähert, braucht es eine Brückentechnologie. Diese Aufgabe soll als kleineres Übel vor allem eine neue Generation hocheffektiver Kohle- und Gaskraftwerke übernehmen. Wobei der Schwerpunkt auf Gasanlagen liegt, weil die nicht ganz so dreckig sind, ihr Wirkungsgrad größer ist und sie mit ihrer geschwinden Regelbarkeit die witterungsabhängigen Leistungsschwankungen bei Wind, Sonne und Wasser am besten ausgleichen können. Müssen wir also doch, zumindest vorübergehend, als Begleiterscheinung des Atomausstieges einen Anstieg des CO2-Ausstoßes in Kauf nehmen?

Antwort: vielleicht, aber nicht unbedingt. Das hängt davon ab, wie schnell der Ausbau des regenerativen Energiesystems vorankommt. Und es hängt zugleich davon ab, wie rasch und wie gut es gelingt, eine der wichtigsten Energiequellen überhaupt sehr zeitnah wirkmächtig sprudeln zu lassen: das Energiesparen. An diesem Punkt, der Senkung des Energieverbrauchs, vereinen sich die Notwendigkeiten des Atomausstieges und die des Klimaschutzes mit dem Wunsch der Bürger, die finanzielle Mehrbelastung durch die Energiewende möge sich in Grenzen halten.

Jedes Kind weiß in Deutschland mittlerweile, dass die Einsparpotenziale beim hiesigen Energieverbrauch auch der Privathaushalte theoretisch 30 oder mehr Prozent betragen. Dennoch kommen die Maßnahmen, dieses Potenzial zu nutzen, nur langsam voran. Ein Grund ist, dass die entsprechenden Informationskampagnen vorrangig auf Maßnahmen abheben, die viel Geld kosten. Manchmal hat man den Eindruck, da stehe eher der Gedanke an Wirtschaftsförderung denn an Energiewende Pate.

Haus und Wohnung dämmen; eine neue effektivere Heizung einbauen; sparsamere Haushaltsgeräte  anschaffen. Alles richtig, schön und gut, aber wer soll‘s bezahlen. Viele Bürger können das einfach nicht schultern, jedenfalls nicht so bald. Vielen würden auch die besten staatlichen Zuschussprogramme (die wir nicht haben) kaum helfen, weil sie den Eigenanteil nicht finanzieren können. Es ist seltsam, dass in der politischen Diskussion ausgerechnet jene Energiesparmaßnahmen, die gar keine Vorinvestionen erfordern, kaum eine Rolle spielen. Davon gibt es eine Menge, und jeder kann sie jederzeit ergreifen, kann damit persönlich richtig Geld sparen und zugleich sofort wirksam zur Energiewende beitragen.

Das größte Potenzial privater Energieeinsparung ohne Vorkasse liegt wahrscheinlich beim Autofahren. Zwei Drittel der deutschen Autonutzer pflegen noch immer einen Fahrstil, wie er vor 30 Jahren üblich war. Dabei ließe sich mit vergleichsweise kleinen Veränderungen der Fahrgewohnheiten der Spritverbrauch um 10 bis 30 Prozent senken; selbst wenn man keinen Kilometer weniger fährt, und ohne auf sowieso vollen Straßen wesentlich länger zu brauchen. Das soll ein wichtiger Beitrag zur Energiewende sein? Aber ja: Wenn – konservativ gerechnet –  jeder der 40 Millionen hierzulande zugelassenen PKW im Durchschnitt nur zwei Liter Benzin pro Woche weniger verbraucht, summiert sich das zu gut vier Milliarden Litern, die pro Jahr nicht mehr verbrannt werden. Bemerkenswerter Nebeneffekt: Beim derzeitigen Preisniveau würden die Benzinkosten pro Jahr und Auto um 160 Euro sinken. Das ist genau der Betrag, um den etliche Prognosen den Strompreis infolge Energiewende steigen sehen.

Und wenn die Hälfte der PKW-Besitzer beim nächsten Autokauf auf ein etwas kleineres, statt ein noch größeres Fahrzeug umstiege, würden viele weitere Milliarden Liter Benzin nicht mehr verbrannt. Von vermehrter Nutzung des Fahrrades oder öffentlicher Verkehrsmittel ganz zu schweigen. Dieser Gedanke der aktiven Bürgerteilnahme an der Energiewende lässt sich auf andere Privatbereiche übertragen. Auf das Heizen oder Kühlen von Wohnräumen etwa, wo aus Gewohnheit ohne wirklichen Nutzen oft reichlich Energie verschwendet wird. Dazu der gedankenlose Umgang mit Beleuchtung, Warmwasser, Haushaltgeräten, Kommunikations-/Unterhaltungselektronik.

80 Millionen Bürger können gemeinsam Abermilliarden Kilowattstunden Strom, Kubikmeter Gas, Zentner Kohle, Liter Öl und Benzin einsparen – ohne gravierende Abstriche am Lebensstandard des Einzelnen. Das macht zwar noch keine Energiewende, aber die Mitwirkung aller Bevölkerungsschichten an solch „niederschwelligen“ Absenkungsmaßnahmen von CO2-Ausstoß und Energieverbrauch würde die Gesamtbilanz gerade in der Anfangsphase deutlich verbessern.
                                                                                       Andreas Pecht


2011-07-07 Essay, Teil 3:
Energiewende beginnt im Kopf - Unterwegs vom Atommonopol zum Bürgerstrom



2011-07-02a Essay, Teil 1:
Energiewende beginnt im Kopf - Mut zum Ausstieg nicht vermiesen lassen



(Erstabdruck im Juli 2011)

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