Prima Klima im neuen Wachstumsjahr

Quergedanken Nr. 23

Kennen Sie den? Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine zum anderen: „Du siehst aber schlecht aus; was hast du denn?“ Antwortet der andere: „Menschen.“ Darauf der eine: „Ach so, mach dir nichts draus – das vergeht.“ Dies kleine Stückchen Realitätssatire wurde in der zweiten Hälfte des vergangenen 2006er-Jahres übers Internet verbreitet. Mit umwerfendem Erfolg: Der hausgemachte Klimawandel ist da, dröhnt´s  nun plötzlich im Brustton der Besorgnis aus sämtlichen Mündern. Am lautesten aus jenen Mäulern, die bis eben noch das Gegenteil behaupteten. Zwackt die Herrschaften womöglich das schlechte Gewissen? Dämmert ihnen, dass richtig am Geldsack kneifen könnte, was da kommt? Oder riechen sie am Ende nur blendende Geschäfte, die sich mit wandelndem Klima vielleicht machen lassen?

Wie auch immer:  Die Kanzlerin hat das Thema zur Chefinsache erklärt und will nun gleich das ganze Europa in Sachen Klimaschutz Mores lehren. Zwar kriegte ihr Umweltminister von Brüssel jüngst eine deftige Maulschelle wegen lachhaft unehrgeiziger CO2-Reduktionspläne und allzu großzügigem Verschenkens von Verdreckungsrechten an die Industrie. Aber auch der Kolumnist will nicht kleinlich auf Kleingedrucktem herumreiten, wenn die internationalen Schlagzeilen deutsche Sauberfrauen und -männer rühmen.

Ruhm steht in diesem Sinne auch dem neuen Bad Emser Umgehungstunnel zu, ist er doch mit einer fortschrittlichen Feinstaubwarnanlage ausgerüstet. Die schließt die Röhre, sobald zu viel Dreck drinnen herumfliegt. Zugleich setzt sie das Straßenreinigungskommando in Marsch, auf dass es mit Nasskehrmaschinen die Schadstoffe aufwische und für gute Luft sorge. Die Technik funktioniere prima – war von gewöhnlich gut informierten Spatzen zu hören, die wegen unzeitgemäßer Frühlingstriebe jetzo munter so allerhand von den mittelrheinischen Dächern pfeifen. Nur ein Spatzen-Gerücht? Jedenfalls besagt es für den Emser Tunnelfall: Anfangs löste jede Rushhour den Sperr- und Putzalarm aus. Dann hat eben zuviel Verkehr zuviel Dreck in der Röhre gepustet, sage ich. Woraufhin Freund Walter in gewohnter Manier  die Gesichtzüge entgleiten und er sogleich über Grundsätze pragmatischer Umweltpolitik in der aktuellen globalen Wachstumsphase doziert: „Natürlich war die Anlage falsch justiert.“

Ein anderer Spatzengesang klingt von Koblenz her, jener Regionalmetropole, die dank jüngst übersprudelnder Ideenfülle endlich Aussicht auf jede Menge Großbaustellen zur gleichen Zeit hat. Die Bundesgartenschau kommt, heißt es; mitsamt Schlossgarten und Rheinufer-Begrünung und Seilbahn und Festungserblühen. Die TuS-Arena kommt auch, heißt es; man werde irgendwo in der Nähe von IKEA ein Plätzchen finden, wo mittelrheinischen Kicker standesgemäß den Aufstieg in die erste Liga erstreiten können. Die Zentralplatzbebauung kommt natürlich auch - heißt es zurzeit zwar nicht ausdrücklich, folgern wir allerdings logisch aus den Umständen: Man kann schließlich nicht viele, viele  Millionen Besucher zur Buga empfangen und ihnen den Stadtbummel durch so ein hässliches Loch vergällen.

2011 soll die Buga über die Bühne gehen, 2011 müssten auch die anderen beiden Projekte abgeschlossen sein. 2007 fängt jetzt an, lange hin ist es nicht mehr. OB Schuwi muss also Dampf machen und kräftig Geld sammeln, auch wenn er das Ergebnis selbst im Amte nicht mehr erlebt. Denn 2010 wählt Koblenz einen neuen, zwangsweise einen anderen Oberbürgermeister. Und von dem, genauer gesagt: von der Besetzung des Titelkampfes singen die Spatzen nun eifrig. Und wen sehen die Vögelchen 2010 gegeneinander in den OB-Ring steigen? Einen Geburtskoblenzer von der CDU gegen einen Wahlkoblenzer von der SPD: Stadtrat Jörg Assenmacher gegen Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig. Mag sein, die beiden honorigen und beiderseits erfreulich kultursinnigen Betroffenen wissen davon noch gar  nichts. Dem Chronisten obliegt es dennoch, den öffentlichen Diskurs zu dokumentieren – werde er vorerst auch bloß von heimischen Spatzen und deren Anverwandten an den hiesigen Kneipentheken geführt.

Zum Schluss ein herzliches Dankeschön an all jene Freunde dieser Kolumne, die dem Querdenker über eine arge Gedächtnislücke geholfen haben. Aber wer hätte im aufgeregten Streit um Kreuze in weltlichen Gerichtssälen auch gleich darauf kommen sollen, dass ausgerechnet der christliche Religionsgründer selbst das in der Dezember-Nummer zitierte Edikt über die Sinnhaftigkeit der Trennung von Kirche und Staat in die Welt setzte. Gebt dem Staat, was des Staates ist, und Gott, was Gottes ist: Der kluge Spruch, dessen Urheber mir nicht hatte einfallen wollte, heißt im Original „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist“, er stammt laut Bibel von Jesus selbst. Diesem Hinweis aus der Leserschaft bin ich via Quellenstudium nachgegangen. Ergebnis: Die Aussage wird gleich durch drei Evangelisten übereinstimmend verbürgt; sie ist zu finden bei Markus, bei Matthäus und bei Lukas.

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