Die aktuelle Corona-Politik ist ein Unding

Kommentar

ape. Leider, leider, aber naheliegend und vernünftig: Angesichts des explodierenden Infektionsgeschehens in D-Land beschließen derzeit viele Freunde, Bekannte, Nachbarn, trotz Vollimpfung noch einmal für etliche Wochen in Deckung zu gehen, also ihre Bewegung im öffentlichen Raum und Treffen mit mehreren/vielen Menschen drastisch zu reduzieren. Unser Familienrat hat gestern ebenso entschieden. Anders als weithin die Politik von der alten wie der neuen Bundesregierung über Labndesregierungen bis hinunter zu Kommunalführungen, folgen wir damit den dringlichen Appellen von Wissenschaft und (Intensiv-)Medizin: Schützen einerseits uns selbst vor eventueller Durchbruchsansteckung, leisten andererseits einen persönlichen Beitrag zur Reduktion seuchenfördender Begegnungsvielzahl.

Leider, leider, und unbegreiflich bis völlig hirnrissig ist das jetzige "Handeln" vieler politischer Entscheidungsinstanzen hierzulande. Exemplarisch für - neuerliches - Herumgeeiere und Widersprüchlichkeit sei angeführt: In der heutigen Zeitung ist zu lesen von Plänen zur Einführung von 3G für alle Unternehmen sowie von Aufklärungs-/Motivationstrupps, die etwa in Rheinland-Pfalz in Wohnbezirken mit signifikant niedriger Impfrate für die Impfung werben sollen. ZUGLEICH gibt die Stadt Koblenz bekannt, dass der örtliche zentrale Weihnachtsmarkt ohne jedwede Corona-Beschränkung durchgezogen werden soll - also kein 2G, kein 2G+, kein 3G, ja nichtmal irgendwelche AHAL-Vorgaben. Werter Oberbürgermeister der Rhein-Mosel-Stadt: Das ist, pardon, verantwortungslos, zumindest aber bodenlos naiv und wirklichkeitsfremd. Gleiches gilt für die RLP-Landesregierung und ihre Verordnung, die ebendiese Koblenzer Regelung ermöglicht.

Leider, leider liegt Drosten mit seiner jüngsten Bemerkung richtig, wonach seitens der Wissenschaft in Sachen Corona-Pandemie eigentlich alles Wichtige mehrfach gesagt ist - nur wird halt kaum danach verfahren. Also noch einmal auch dies: Ja, selbst Geimpfte können sich in beträchtlicher Zahl anstecken und für andere (oft unbemerkt) ansteckend sein; das war von vornherein klar. Aus den Felderhebungen des RKI von Ende September bis Ende Oktober ergibt sich, dass die Impfung 18- bis 59-Jährige Infizierte zu 90% vor einem Krankenhausaufenthalt schützt, zu 94% vor der Intensivstation und zu 98% vor dem Covid-Tod. Bei den älteren Infizierten liegen die Daten ähnlich, allerdings ist der Sterbeschutz - vor der Drittimpfung - mit 85% etwas niedriger.

Leider, leider musste das heute-journal gestern (10.11.) aus Thüringen berichten, dass die dortigen Intensivstationen im Begriff sind, überzulaufen. Der intensivmedizinische Landeskoordinator  geht fest davon aus, dass angesichts der explodierenden Inzidenzen die bereits extrem zugespitzte Lage in den Kliniken Thüringens schon in den nächsten Tagen das Maß des Bewältigbaren weit überschreiten wird. Nach seiner Auskunft liegt das Verhältnis zwischen Ungeimpften und Geimpften auf den dortigen Intensivstation bei 9 : 1= auf neun ungeimpfte Patienten kommt 1 geimpfter.

Leider, leider ist auch nicht erkennbar, dass das Gesundheitssystem für die jetzt anstehenden Impfanstrengungen hinreichend gerüstet wäre. Im September hatte ich angesichts der angekündigten Schließung der Impfzentren geschrieben: "Es wird bald der Tag kommen, an dem man diesen Schritt verflucht." Jetzt ist der Tag, weil: a) Die zügige Aufnahme einer Booster-Kampagne nach Zulassung der Drittimpfung einfach verschlafen wurde. Damit besteht bei den Booster-Impfungen ein Nachholstau von etwa 10 Millionen. Und die Halbjahresfrist gesetzt, kommen täglich mehrere Hunderttausend hinzu. b) Ebenfalls hinzu kommen deutschlandweit dieser Tage rund 2 Millionen Zweitimpfungen. c) Hinzu kommen grob geschätzt 3 bis 4 Millionen aus der Altersklasse der 12- bis 18-Jährigen, deren Impfkampagne unlängst erst begonnen hat. d) Wenn, was für demnächst absehbar ist, die Impfzulassung für Kinder von 5 bis 12 Jahren erteilt ist, werden auch einige Millionen davon auf der Matte stehen. d) Nach Umfragen gibt es auch unter den bis  dato Nichtgeimpften mindestens 15%, die sich "mit Sicherheit" oder "wahrscheinlich" noch impfen lassen wollen. Wären noch einmal etwa 2 Millionen.

In summa: Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahreswechsel eigentlich zwischen 20 und 30 Millionen Impfungen zu bewältigen sind. Na dann viel Vergnügen in Hausarztpraxen, in RLP auch an einem Dutzend Impfbussen und rund um die 18 (ohnehin ausgelasteten) Krankenhäuser, die man in RLP kurzerhand als "Impfzentren" deklariert hat.

Andreas Pecht

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